Tagesordnungspunkt 1
Befragung der Landesregierung nach § 45a GO.LT
Wir starten heute mit der Fraktion der FDP. Herr Silbersack ist schon in der Spur und möchte die erste Frage stellen.
Andreas Silbersack (FDP):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Frage richtet sich an die Innen- und Sportministerin Frau Dr. Zieschang, und zwar geht es um das Thema Sport. Wir haben im Land Sachsen-Anhalt insgesamt 3 100 Sportvereine, in denen ca. 350 000 Mitglieder organisiert sind. Wir haben in den letzten zwei Jahren eine schwierige Situation durch Corona gehabt. Das Land Sachsen-Anhalt hat sehr gut geholfen und unterstützt. Man kann feststellen, dass die Sportstruktur, glaube ich, auch ihren eigenen Beitrag geleistet hat, um gut durchzukommen. Man kann feststellen, dass der Rückgang an Mitgliedern nicht so stark ist, wie es ursprünglich erwartet wurde. Das muss man klar sagen. Insgesamt ist es eine gemeinsame gute Aufgabenerledigung von Land und Sportstruktur.
Jetzt kommt der Winter 2022. Wir wissen im Augenblick noch nicht, wie sich die Coronasituation entwickelt. Wir gehen aber davon aus oder ich hoffe auf jeden Fall, dass es keine Einschränkungen geben wird. Gleichsam haben wir noch zwei andere Themen. Das ist das Thema Energiekrise und das Thema Inflation. Wir wissen seit Sonntag, dass es Unterstützung geben wird. Aus dem Bundesfinanzministerium ist zu hören, dass selbstverständlich auch Sportvereine von dieser Deckelung profitieren sollen, d. h. Übernahme der Abschlagszahlungen im Dezember und die Anpassung ab März bei 12 Cent. Das ist natürlich noch nicht verschriftlicht worden. Das muss verschriftlicht werden. Das wäre natürlich eine ganz wesentliche Botschaft auch für die Sportvereine. Nichtsdestotrotz ist es eine große Herausforderung.
Die Sportvereine versuchen auch über den DOSB ihren Beitrag zu leisten durch 20 % Einsparung. Darüber hinaus überlegt man gemeinsam mit dem Land, was man in dieser Situation tun kann. Das heißt, wir haben ein Potpourri aus verschiedenen Herausforderungen im Herbst und Winter dieses Jahres.
Meine Frage geht dahin, dass ich ganz gern von Ihnen wissen möchte, wie Sie das Herauskommen aus der Coronakrise in den letzten zwei Jahren einschätzen würden. Wie steht die Sportstruktur, wie stehen die Sportvereine da? Wie, würden Sie sagen, können wir den Winter angehen? Was können wir den Vereinen sagen, wie ist die Situation? Was können wir gemeinsam zur Unterstützung des Engagements der Vereine tun, damit wir wie bei Corona am Ende des Tages sagen können, wir haben die Dinge gut hinbekommen? - Vielen Dank.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Frau Ministerin Zieschang.
Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):
Meine Damen und Herrn! Mein Motto für dieses Jahr war ja, bleib gesund und treib Sport. Ich habe festgestellt, beim Sport kann man sich auch die Knochen brechen, aber gut.
(Ministerin Dr. Tamara Zieschang hält ihren bandagierten Arm nach vorn - Lachen)
Ich sage einmal, dadurch habe ich eine Grundfitness, um auch das zügig zu überstehen.
Zu Ihrer Frage, Herr Abg. Silbersack. Wir haben in der Tat bei den Sportvereinen herausfordernde zweieinhalb Jahre hinter uns. Die durch die Coronapandemie bedingten Einschränkungen haben natürlich auch den Sport betroffen, natürlich ganz unterschiedlich. Ich sage einmal, Individualsport wie Tennis konnte ich die ganze Zeit über ausüben, aber andere Sportarten waren anders betroffen.
Ich glaube, es ist uns in diesen zweieinhalb Jahren wirklich sehr gut gelungen, dass die Vereine am Leben bleiben konnten. Wir haben natürlich festgestellt, dass im Jahr 2020 in einer ersten Reaktion leider viele Mitglieder gesagt haben, jetzt kann ich sowieso keinen Sport treiben, also kündige ich meine Mitgliedschaft. Wir hatten gerade bei Kindern und Jugendlichen deutliche Rückgänge der Mitgliedszahlen. Weniger Mitglieder heißt gleichzeitig weniger Beiträge. Dadurch geriet der eine oder andere Verein durchaus in eine finanzielle Schieflage. Deswegen hat man sich schon im Jahr 2020 dafür entschieden, Vereine, die aufgrund schwindender Mitgliedsbeiträge in eine finanziell existenzbedrohliche Schieflage geraten, zu unterstützen. Wir haben bereits im Jahr 2020 51 Vereine im Land mit 600 000 € unterstützt. Eine ähnliche Unterstützung gab es auch im Jahr 2021, fast wieder eine halbe Million Euro für 35 Vereine, um sie aus existenzbedrohlichen Lagen zu retten.
Daneben haben wir aber auch gesagt, für diejenigen, die auch im Jahr 2021 wieder sportliches Betätigen ermöglichen wollten und dafür andere Hygienevorschriften und Ähnliches hatten, wir gehen in die Breite und unterstützen alle Vereine. Das Land hatte 4,5 Millionen € in die Hand genommen, um die Vereine über Pauschalen pro Mitglied - ich glaube, es waren 10 € pro erwachsenes Mitglied und 20 € pro Kind oder Jugendlichen - dabei zu unterstützen, ihren Betrieb wieder aufzunehmen.
Das haben wir dann im Rahmen der Aufstellung des Coronasondervermögens noch einmal flankiert; denn wir haben gemerkt, im Jahr 2021 hatten wir noch viel Einschränkungen, aber die Hoffnung bestand darin, im Jahr 2022 mit dem Sportbetrieb wieder richtig durchstarten zu können. Um es den Vereinen zu ermöglichen, wieder Wettbewerbe durchzuführen, aber auch Mitglieder zu reaktivieren, die inaktiv geworden sind, bzw. verloren gegangene Mitglieder zurückzugewinnen - das war eigentlich die Hauptintention, gerade bei Kindern und Jugendlichen , haben wir im Rahmen des Coronasondervermögens noch einmal 4,5 Millionen € in die Hand genommen. Davon sind fast 4 Millionen € bereits an die Vereine ausgezahlt worden, auch wieder als Pauschalen: 10 € pro Erwachsenen, 15 € pro Kind oder Jugendlichen.
Sie deuteten es an: Wenn wir die reinen Mitgliedszahlen nehmen, dann zeigt sich wirklich eine positive Tendenz. Wir hatten im Jahr 2020 einen klaren Rückgang, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Im Jahr 2021 gab es keinen großen weiteren Rückgang. Es ist also stabil geblieben, aber auf niedrigerem Niveau. Die ersten Erkenntnisse jetzt sind aber, dass Mitglieder im Jahr 2022 wirklich wieder zurückgewonnen werden konnten, auch gerade im Bereich der Kinder und Jugendlichen. Das heißt also, mit der Grundintention der gesamten Coronahilfen, die Vereine am Leben zu erhalten, weil ein Verein, der einmal weg ist, sich nicht so schnell wieder gründet, aber dann sehr gezielt das Vereinsleben und gerade Wettbewerbsveranstaltungen aufrechtzuerhalten bzw. damit im Jahr 2022 richtig durchzustarten, lagen wir genau richtig. Deswegen können wir, glaube ich, sagen, der Breiten- und Vereinssport ist am Ende aus der Coronasituation gut stabilisiert und auch erholt hervorgegangen.
Ich kann es wiederum auf Tennis bezogen sagen, die Punktspielsaison in diesem Jahr lief wieder völlig normal durch. Im letzten Jahr sind deutlich weniger Mannschaften angetreten. Jetzt waren es wieder sozusagen die vertrauten Mannschaften, die auch früher immer angetreten sind. Insofern sind wir, glaube ich, wirklich gut durchgekommen. Das ist ein bisschen die Rückschau. Jetzt haben wir das laufende Jahr.
Ich mache gemeinsam mit dem Landessportbund seit Anfang des Jahres eine Sport-vor-Ort-Tour, sprich, gemeinsam mit der LSB-Präsidentin Silke Renk-Lange und mit dem Vorstand besuche ich alle Kreis- und Stadtsportbünde. Es ist natürlich völlig klar, dominierten am Anfang des Jahres noch die Fragen, wie kommen wir eigentlich aus dieser Coronazeit heraus, wie machen wir wieder normalen Wettkampfbetrieb, stehen jetzt andere Fragen im Vordergrund.
Natürlich treibt die Kreis- und auch die Stadtsportbünde das Thema Energiepreise um. Ich will aber auch hierzu sagen - das wird auch in den Gesprächen immer sehr deutlich : Die Betroffenheit im Sport ist in Bezug auf Energiepreise völlig heterogen und sehr unterschiedlich.
Dazu nenne ich auch wieder ein Beispiel. Mein Sportverein hatte sein Abschlussturnier Anfang Oktober; dort ist auch der Unfall passiert. Danach werden irgendwann die Netze abgebaut und dann geht man in kommerzielle Hallen. Da unser Verein gar keine Halle hat, wird bei uns ohnehin nicht geheizt; wir spielen ausschließlich im Sommer.
Ich war mit dem Abg. Sturm letztens bei einem Kanuverein, der auch sagte, Mitte Oktober würden die Kanus reingeholt, dann mache man alles winterfest und ab März sei man wieder auf dem Wasser. Das heißt, es gibt Sportvereine, die ohnehin keine richtige Wintersaison haben. Aber wir haben natürlich sehr viele andere Sportarten, die eben durchgängig spielen, die auch auf Sporthallen angewiesen sind. Damit ist die Frage aufgeworfen, wie man bei denen die Energiepreise finanziert.
Aber auch dazu sage ich im Augenblick - das ist mein Eindruck und das wird mir widergespiegelt : Es werden sehr intelligente Lösungen vor Ort getroffen. Denn vielfach sind es kommunale Sportstätten und die Kommunen haben selbst ein ureigenes Interesse daran, die kommunalen Sporthallen offenzuhalten und natürlich Sportbetrieb zu ermöglichen, insbesondere den Schulsport, insbesondere den Sport für Kinder und Jugendliche, aber natürlich genauso den Erwachsenensport.
Wenn die eine oder andere Kommune sagt, dass die Herrenmannschaft, die um 20 Uhr trainiert, nach 22 Uhr nicht mehr heiß duscht, sondern das Bier danach ungeduscht trinkt, dann sind das die unkomplizierten Lösungen, die man finden kann.
Wir hatten am letzten Freitag eine kommunalpolitische Gesprächsrunde mit Landräten und Oberbürgermeistern der kreisfreien Städte. Auch da wurde das Bemühen deutlich, bei allen Belastungen, die jetzt aufgrund der gestiegenen Energiepreise kommen, wobei es - das sagten Sie auch - demnächst wohl Beschlüsse in Berlin geben wird, die das eine oder andere sicherlich auch deckeln werden, einfache und gute Lösungen vor Ort zu finden, damit Sporthallen offenbleiben und, wenn auch vielleicht bei einigen Grad weniger, trotz allem trainiert werden kann.