Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Allen Unkenrufen zum Trotz: Das Bürgergeld schlägt ein neues Kapitel im Bereich der Grundsicherung auf. Es ist eine längst fällige Kurskorrektur in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik.
Anstatt auf Sanktionen setzt es auf positive Anreize. Anstatt auf Misstrauen setzt es auf individuelle Förderung. Im ersten halben Jahr, der sogenannten Vertrauenszeit, sind Sanktionen generell nicht mehr vorgesehen und im Anschluss daran werden sie erst auf 20 % und schließlich auf 30 % beschränkt.
Das Bürgergeld setzt auf mehr Sicherheit für die Empfängerinnen, indem etwa für zwei Jahre die bestehenden Wohnkosten übernommen werden, und zwar so, wie sie nun einmal sind, Wohneigentum geschützt ist und das Schonvermögen angehoben wird. Mit der Abschaffung des Vermittlungsvorranges wird auf nachhaltige Arbeitsmarktintegration und auf Fortbildung gesetzt, anstatt egal wie und egal wo Menschen in Arbeit zu drängen. Die Berechnungsgrundlage wird zumindest um einen Inflationsausgleich in einem neuen zweiten Berechnungsschritt ergänzt.
Natürlich wird über viele Aspekte des neuen Bürgergeldes auch grünenintern kritisch diskutiert, z. B. das grundsätzliche Beibehalten von Sanktionen und die weiterhin fehlende Möglichkeit eines unterjährigen Inflationsausgleiches. Gerade in diesem Jahr sehen wir ja, dass das notwendig sein kann. Auch die weiterhin bestehende Benachteiligung von unter 25-Jährigen in Sachen selbstständiges Leben und Auszug aus dem Elternhaus sowie natürlich auch die Ungleichbehandlung in Sachen SGB II und SGB VII bezüglich der Behandlung von Hinzuverdienst und andere Punkte mehr werden kritisch gesehen.
Wir alle wissen, dass zu einem seriösen Regieren Kompromisse und auch schmerzhafte Kompromisse gehören. Trotzt dieser berechtigten Kritikpunkte ist und bleibt das Bürgergeld ein großer Wurf, weil es die Grundsicherung systematisch auf neue Füße stellt. Es ist nicht die denkbar beste Fassung eines Bürgergeldes. In einer für mich perfekten Welt wäre es dann tatsächlich ein Grundeinkommen. Aber es ist das zurzeit Beste, was wir bekommen können. Es schafft die systematische Grundlage für weitere entscheidende Verbesserungen und es ist damit ein großer Schritt in Sachen Gerechtigkeit.
Es ist definitiv ein erster Schritt. Aber den sollten wir nicht kleinreden. Wir werden den Antrag deshalb ablehnen. - Vielen Dank.