Tagesordnungspunkt 14

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf Fraktion AfD - Drs. 8/1691


Der Einbringer ist Herr Hecht. Es ist eine Dreiminutendebatte vereinbart worden.


Christian Hecht (AfD):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute die Chance, die Verfassung unseres Landes besser zu machen. Wir haben heute die Chance, den Bürgern unseres schönen Bundeslandes zu beweisen, dass wir die Aufgabe, Vertreter des ganzen Volkes zu sein, ernst nehmen. Lassen wir darum einmal das beiseite, was uns politisch trennt, und konzentrieren wir uns lieber auf das, was uns eint.

Sie werden mir sicher darin zustimmen, dass es sich für große und gute Ideen immer lohnt, die verschanzten Gräben der politischen Spaltung zu überwinden und sich die Hand zu reichen, wenn es darum geht, gemeinsam Positives zu bewirken. Sie werden mir zustimmen, dass es gut und richtig ist, unsere Heimat für die Bürger lebenswerter zu machen. Lassen Sie uns darum für einen Augenblick darauf konzentrieren, unseren Bürgern für ihr ehrenamtliches Engagement die Anerkennung zuteilwerden zu lassen, die sie verdienen.

Tun wir das gemeinsam, was gut und richtig ist. Tun wir gemeinsam das, wofür wir als Vertreter des ganzen Volkes gewählt worden sind. Tun wir gemeinsam das, was die Bürger von uns erwarten.

Die Bürger erwarten von uns, dass wir eine Politik machen, die dem Wohle des deutschen Volkes dient, seinen Nutzen mehrt und Schaden von ihm abwendet. In Artikel 2 unserer Verfassung ist diese Verpflichtung als eine der Grundlagen der Staatsgewalt fest verankert. Dort wird uns der Rahmen gegeben, das Richtige zu tun. Artikel 2 unserer Verfassung besagt, dass das Land Sachsen-Anhalt ein demokratischer, sozialer und dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen verpflichteter Rechtsstaat ist. Es ist also unsere Aufgabe als Abgeordnete, das Land Sachsen-Anhalt für seine Bürger lebenswert zu gestalten. Diesem Ziel haben wir zu dienen - über alle politischen Grenzen hinweg.

Ein Staat ist aber immer nur dann lebenswert, wenn die Gesellschaft, die sein Fundament bildet, funktioniert. Aus diesem einfachen Grunde ist das ehrenamtliche Engagement für eine funktionierende Gesellschaft unverzichtbar.

Meine Damen und Herren! Wir befinden uns in einer Zeit des Umbruchs in allen gesellschaftlichen Bereichen. Die Bürger haben Angst vor Krieg, sie haben Angst vor Krankheit, sie haben Angst vor Inflation, sie haben Angst vor dem Klimawandel. Die Angst schleicht sich unaufhaltsam in die Seelen der Menschen. Sie ist allgegenwärtig.

In diesem besorgniserregenden gesellschaftlichen Umfeld zeigt sich die große Bedeutung des ehrenamtlichen Engagements. Halten wir fest: Wer das Ehrenamt schützt und fördert, der schützt und fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Nicht nur in unserem Land tragen Hunderttausende Bürger täglich aufs Neue zum Gelingen des öffentlichen kulturellen und sozialen Lebens bei. Die Übernahme freiwilliger Tätigkeiten durch Bürger für ihre Mitbürger hat sich als unentbehrlich für das Gemeinwesen und das solidarische Zusammenleben erwiesen. Auch unsere Gesellschaft und damit unser Land würden ohne dieses Engagement sehr wahrscheinlich einfach zusammenbrechen. Das wissen Sie so gut wie ich.

Ehrenamt ist bürgerschaftliches Engagement. Dieses Engagement findet seinen Ausdruck in zahllosen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Ob Jugendarbeit oder Hausaufgabenhilfe, ob Brauchtumspflege, Umwelt- oder Landschaftsschutz, überall benötigt unsere Gesellschaft ehrenamtliches Engagement. Senioren, kranke oder behinderte Menschen werden häufig ehrenamtlich betreut, und Sportvereine sind ohne das Ehrenamt überhaupt nicht denkbar. Das Ehrenamt umfasst aber auch gesetzlich vorgeschriebene Tätigkeiten, wie sie bei den freiwilligen Feuer- und Deichwehren oder in der Verwaltung und der Gerichtsbarkeit, bei Wahlvorständen und Schöffen täglich geleistet werden. Ehrenamtliches Engagement gehört damit zu den konstitutiven Elementen unserer Demokratie. Es bedeutet aktive und unverzichtbare Teilhabe an gesellschaftlichen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen, ohne die unsere Gesellschaft nicht funktioniert.

Das allein ist Grund genug, das Ehrenamt, seinen Schutz und seine Förderung als Staatszielbestimmung in unserer Landesverfassung festzuschreiben. Das ist aber nicht der einzige Grund, es gibt noch einen weiteren, nicht minder wichtigen, den es zu berücksichtigen gilt. Die Verankerung des Ehrenamtes als verfassungsrechtlich geschützte Staatszielbestimmung ist schließlich ein Zeichen des Respektes und der Anerkennung gegenüber all jenen Bürgern, die sich täglich ehrenamtlich engagieren. Es ist ein Zeichen der Anerkennung des enormen Willens, der Kraft und der unendlichen Mühen, die sich hinter Millionen und Abermillionen uneigennützig geleisteten Stunden ehrenamtlicher Arbeit in allen Bereichen unserer Gesellschaft verbergen.

Die jetzige Formulierung des Artikels 36 unserer Verfassung spricht vollmundig davon, was das Land und die Kommunen in den Bereichen Kunst, Kultur und Sport so alles zu schützen und zu fördern haben. Überhaupt sind die Artikel 34 bis 40 unserer Verfassung, in denen die Staatsziele beschrieben sind, sehr ausführlich, wenn es darum geht, festzuschreiben, was zu tun ist. Es fehlt aber die Erwähnung und damit die Würdigung derjenigen, die im Land und in den Kommunen die Umsetzung der Staatsziele tagtäglich im Schweiße ihres Angesichts freiwillig und eben ehrenamtlich übernehmen. Man hat einfach vergessen, an die Bürger zu denken. Wer kein herzloser Technokrat ist, wer noch Mitgefühl für die Menschen in unserem Land hegt, für den kann dieses Versäumnis nicht hinnehmbar sein.

Mit der verfassungsrechtlichen Würdigung freiwilliger ehrenamtlicher Tätigkeit bringt der Staat zum Ausdruck, dass er ein Staat der Bürger sein will. Die Bürger erwarten einen Staat, der freiwillige ehrenamtliche Tätigkeit nicht einfach als selbstverständlich voraussetzt. Es genügt eben nicht, die wünschenswerten Aktionsfelder zu benennen, sondern es bedarf des Blickes auf die Träger der Verantwortung. Unser Fokus muss darum auf den ehrenamtlich engagierten Bürgern liegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Lassen Sie uns aus dem Fehler eine Tugend machen! Es ist an der Zeit, unseren Bürgern etwas zurückzugeben. Es ist unsere Pflicht, den Bürgern in unserem Land endlich die Anerkennung zugutekommen zu lassen, die sie verdient haben. Mit der Aufnahme des Ehrenamtes als Staatszielbestimmung in unsere Verfassung sind wir in der Lage, unserer staatsbürgerlichen Pflicht und unserer Verantwortung als Vertreter des ganzen Volkes Genüge zu tun.

Wir stehen mit unserem Reformvorschlag übrigens nicht allein, sondern wir schließen uns hier anderen Bundesländern an, die gezeigt haben, dass dies der richtige Weg ist. Neben Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hat auch das Land Hessen das Ehrenamt als Staatszielbestimmung in seine Landesverfassung aufgenommen. Wir wollen uns diesen Initiativen nicht verschließen, sondern sie im Interesse unserer Bürger aufgreifen. Wir alle wissen, dass Staatsziele keine einklagbaren Rechte sind, gleichwohl wirken sie bewusstseinsbildend und sensibilisieren sowohl den Staat als auch die Verwaltung. Staatsziele sind in der Lage, einen allgemeinen Impuls zu setzen. Lassen Sie uns darum gemeinsam das Initial für diesen Impuls sein.

Die Basis für unsere sachsen-anhaltinische Initialzündung bildet die Landesverfassung selbst. Sie gibt uns in ihrem Artikel 3 Abs. 3 den Rahmen für die fehlende Staatszielbestimmung Ehrenamt; denn dort ist festgelegt, dass die nachfolgenden Staatsziele das Land verpflichten, sie nach Kräften anzustreben und sein Handeln danach auszurichten. Wird also das Ehrenamt zum Staatsziel erhoben, wird damit die Wertschätzung ehrenamtlicher Arbeit durch das Gemeinwesen zum Staatsziel erhoben. Die aufopferungsvolle Arbeit unserer Bürger erfährt endlich die Anerkennung, die ihr gebührt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)