Tagesordnungspunkt 27
Beratung
Fristverlängerung zur Grundsteuererklärung
Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/1564
Einbringen wird den Antrag Herr Meister. - Herr Meister, bitte schön.
Olaf Meister (GRÜNE):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Jenseits der aktuellen Krisen, Sorgen und Ungewissheiten, die die Menschen im Land beschäftigen, die auch unsere heutigen Debatten in der aktuellen Sitzungsperiode des Landtages dominiert haben, haben wir noch eine ganz eigene Problemstellung, die vielen Menschen Sorgenfalten ins Gesicht treibt: die Grundsteuererklärung. In normalen Zeiten wäre es bestimmt der Aufreger. Jetzt ist es schon fast erholsam, ein Problem zu haben, das wir an sich relativ gut lösen können.
Sie wissen, dass die Grundsteuer eine wichtige Einnahme für unsere Kommunen ist und dass uns das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2018 in das Stammbuch geschrieben hat, dass die bisherige Art der Bemessung der Grundsteuer gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt - also verfassungswidrig ist. Die Einheitswerte des Jahres 1935, im Westen die des Jahres 1964, spiegeln die unterschiedliche Wertentwicklung der Immobilien - wer wollte es bestreiten - nicht einmal mehr im Ansatz wieder und sind damit als Bemessungsgrundlage draußen.
Um den Kommunen die wichtigen Einnahmen zu sichern und die Belastung der Menschen auf eine faire Verfahrensweise umzustellen, machten sich Länder und Bund auf den Weg hin zu einer neuen Grundsteuer. Ich erspare Ihnen jetzt die grausigen Details der Aushandlungs- und der Entscheidungsprozesse, der Abwägungen, die auch wir im Land treffen mussten: Bundesmodell oder Bayern? BaWü? Hessen? Etwas ganz Eigenes?
Letztlich - das war schnell klar - kommen wir um eine Erhebung der aktuellen Grundlagen für die neue Grundsteuer nicht herum. Das heißt für die Bürgerinnen und Bürger, die über Grundbesitz verfügen: Post vom Finanzamt mit diversen Fragen zum Grundbesitz. In Sachsen-Anhalt sind 1,3 Millionen Grundstücke betroffen. Einigen geht dies schnell von der Hand, viele andere tun sich schwer, empfinden es als Zumutung. Zum Teil bestehen große Sorgen. Mit dem Finanzamt nimmt man es genau: Wie ist denn nun die genaue Wohnfläche? Wo kriegt man den Bodenrichtwert her? Oh je, klappt das mit der Abgabe per Internet?
Natürlich ist das auch für die Verwaltung eine Herausforderung. Da wurde durchaus eine personelle Vorsorge getroffen; so ist das nicht. Ich habe schon lobende Rückmeldungen von einem Senior gehört - lobende Rückmeldungen von Senioren zu Finanzämtern, man glaubt es nicht , der abends verzweifelt im Finanzamt angerufen hat, dort auf einen engagierten Beamten getroffen ist, der ihn dann in die Geheimnisse der Grundsteuererklärung eingeweiht hat. Tatsächlich ist, glaube ich, durchaus auch aufseiten der Finanzämter Engagement dahinter. Also alles kein Grund zur Panik.
Trotzdem ist an der noch recht geringen Quote der Abarbeitung zu erkennen - ich meine, 10 % waren es Ende August; andere Länder melden durchaus Ähnliches; zum Teil etwas höher, zum Teil noch niedriger , dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben.
Aktuell sieht es nicht nach einem weitgehend geordneten Abschluss am 31. Oktober 2022 aus. Das ist zumindest meine Einschätzung. Ich meine, das ist nicht aufzuholen. Diverse Fachleute haben sich öffentlich dafür ausgesprochen, über eine Verlängerung zu diskutieren und die Verlängerung zu ermöglichen.
(Zustimmung von Dorothea Frederking, GRÜNE)
Der Staat sollte, gerade da er selbst durch seine jahrzehntelange, vom Gericht im Jahr 2018 kassierte Praxis der Grundsteuererhebung die Ursache für das aktuelle Problem geschaffen hat, entspannt und mit Augenmaß agieren. Wir als öffentliche Hand wollen etwas von den Bürgerinnen und Bürgern und sollten dementsprechend auftreten, die Leute nicht maximal verärgern, sondern auf die Sorgen eingehen und die Sorgen ernst nehmen.
Insofern sollten wir in dieser aufgeregten Zeit den Menschen nicht zwingend einen fulminanten, hektischen Schlussspurt bis zum 31. Oktober 2022 abverlangen. Die neue Grundsteuer wird erst ab dem Jahr 2025 erhoben. Selbstverständlich brauchen die Behörden noch Zeit, um die internen Vorbereitungen zu treffen und letztlich auch Bescheide zu erstellen. Eine Streckung des Grundsteuererklärungszeitraums dürfte aber möglich sein, um den Menschen etwas mehr Zeit zu geben, sowohl denen, die Erklärungen abgeben müssen, als auch denen, die dabei helfen, sei es in den Behörden oder außerhalb.
Wir schlagen mit unserem Antrag eine Verlängerung um drei Monate bis zum 31. Januar 2023 vor - das Jahresende wäre, meine ich, ungeeignet für eine Verlängerung; dann also lieber bis Ende Januar - und fordern, ein besonderes Augenmerk auf die Beratungsangebote zu richten.
Da wir uns als Land richtigerweise, wie ich meine, für das Bundesmodell entschieden haben, müsste die Frage der Fristverlängerung mit der Bundesebene geklärt werden. Wir wollen mit dem Antrag den Anstoß dazu geben. Ich bitte um Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag.