Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Herr Silbersack verzichtet auf seine Nachfrage und baut es dann mit ein. Danke. - Dann kommen wir zur Landesregierung und Herr Prof. Willingmann hat den Part wieder übernommen.
Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Wieder stehe ich vor Ihnen als Überbringer einer Botschaft der Kollegin Grimm-Benne; denn wie Sie wissen, tagt die Gesundheitsministerkonferenz auch heute in Magdeburg, worüber wir uns freuen und von der wir uns richtungweisende Entscheidungen versprechen. Sie ist deshalb verhindert. Gestatten Sie mir deshalb, Ihren Beitrag hier vorzutragen.
Unter dem Hashtag „#IchBinArmutsbetroffen“ berichten in den sozialen Medien zahlreiche Menschen über Alltagserfahrungen aus ihrem Leben mit geringem Einkommen und treffen mit ihren Beiträgen wohl genau den Nerv einer Zeit, in der wir mit Energiepreissteigerungen und einer seit Jahrzehnten nicht mehr erlebten Teuerungsrate konfrontiert sind. Maßgeblich befeuert wurden diese Umstände durch den russischen Überfall auf die ein europäisches Nachbarland, die Ukraine.
Die stetige Steigerung der Lebenshaltungskosten ist insbesondere für Bevölkerungsgruppen bedrohlich, die ohnehin schon ökonomisch benachteiligt sind. Es bedarf daher politischer Entscheidungen, um diese Härten abzufedern. Wie Sie wissen, ist bereits einiges auf den Weg gebracht worden. Wichtig war es, hierauf mit Ad-hoc-Maßnahmen zu reagieren, insbesondere weil die Anpassung der Regelbedarfssätze die aktuelle Preisentwicklung erst verzögert abbilden wird.
Sie alle kennen die vielfältigen Unterstützungsmaßnahmen in der Krise, die sich einerseits an breite Teile der Bevölkerung richten, in Teilen aber auch sehr gezielt an die Menschen in sozialen Mindestsicherungssystemen. Nur einige möchte ich herausgreifen.
Der Sofortzuschlag für Kinder. Diesen monatlichen Zuschlag erhalten Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die mit ihren Eltern oder mit einem Elternteil in einem Haushalt leben und Arbeitslosengeld II, Sozialgeld oder nur Leistungen für Bildung und Teilhabe nach dem SGB II beziehen. Der Sofortzuschlag wird erstmalig für den Monat Juli 2020 pro Kind erbracht.
Der Kinderbonus 2022. Daneben sieht das Entlastungspaket der Bundesregierung auch einen Kinderbonus vor, der als Einmalzahlung an kindergeldberechtigte Familien in Höhe von 100 € ausgezahlt wird. Der Zeitpunkt der Auszahlung ist auch hierfür der Juli. So ist es jedenfalls geplant worden. Der Kinderbonus muss nicht beantragt werden. Die Auszahlung erfolgt automatisch.
Schließlich erhalten Leistungsberechtigte, die für den Monat Juli 2022 Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld haben und deren Bedarf sich nach der Regelbedarfsstufe I oder II richtet, eine Einmalzahlung in Höhe von 200 €. Die Leistung dient als unmittelbarer pauschaler Ausgleich für etwaige bestehende finanzielle Mehrbelastungen infolge der Pandemie sowie aktueller Preissteigerungen. Die Leistungen werden von Amts wegen bewilligt und es wird ein eigener Bescheid für die Einmalzahlung erstellt. Ein gesonderter Antrag muss auch hierfür nicht gestellt werden.
Zur Einmalzahlung für Energiekosten im Arbeitslosengeld I. Die Einmalzahlung in Höhe von 100 € erhalten Personen, die im Monat Juli 2022 für mindestens einen Tag Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, es sei denn, sie hätten im gleichen Zeitraum Anspruch auf eine Einmalzahlung nach dem SGB II.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Rentnerinnen und Rentner in Deutschland werden ab 1. Juli 2022 eine deutlich spürbare Rentenerhöhung erfahren. Sie ist ja bereits öffentlich kommuniziert worden. Die Erhöhung beträgt 5,35 % in Westdeutschland und 6,12 % in Ostdeutschland. Das ist ein Beitrag neben anderen entlastenden Effekten, der auch dieser Bevölkerungsgruppe dabei hilft, mit der zu beklagenden Preisentwicklung umzugehen.
Viele Rentnerinnen und Rentner haben einen Anspruch auf Wohngeld und erhalten im Jahr 2022 einen einmaligen Heizkostenzuschuss in Höhe von 270 € bei alleinstehenden Leistungsbeziehern. Bei einem Zweipersonenhauhalt sind es 350 € und für jede weitere Person steigt der einmalige Zuschuss um weitere 70 €.
Die Beiträge, die die Bürgerinnen und Bürger in den sozialen Medien teilen, schildern unmittelbar und plastisch, welche Belastungen und Herausforderungen für die Alltagsbewältigung besonders in der aktuellen Situation gegeben sind.
Ja, politische Entscheidungen sind geboten. Die Politik hat hier aber auch geliefert und ein Entlastungspaket für die Bürgerinnen und Bürger mit einem Volumen von rund 30 Milliarden € zusammengestellt. Selbstverständlich wird die Landesregierung auch weiterhin daran arbeiten, die politischen Entscheidungen einzuleiten, die notwendig sind, um Armut zu bekämpfen und um die Voraussetzungen dafür zu gewährleisten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 19. Mai haben wir in diesem Landtag über die Armutsbekämpfung debattiert. Die Landesregierung hat auf das hingewiesen, was auf der Landesebene bewegt werden kann. Die Bekämpfung von Armut können wir nur konzertiert zwischen Bund und Ländern und mit den Kommunen erfolgreich leisten. Wir sind gewillt, dies zu tun. - So weit Frau Kollegin Grimm-Benne.
Jetzt komme ich noch zur Übergewinnsteuer. Meine Damen und Herren! Zu dieser Übergewinnsteuer gibt es noch keine abgestimmte Meinung der Landesregierung. Im Bundesrat haben wir auf diesen Antrag mit Überweisung reagiert. Dieser Überweisung haben wir zugestimmt, sodass über das Thema weiter beraten werden muss.
Es gibt gewichtige Gründe, vor allen Dingen in dem Land, in dem die meiste steuerrechtliche Literatur weltweit geschrieben wird, die gegen eine Übergewinnsteuer sprechen.
(Zustimmung bei der CDU)
Und es gibt gute Gründe dafür, dass man eine Übergewinnsteuer einführen kann.
(Zustimmung bei der LINKEN)
Warum? - Weil wir dafür historische Beispiele haben, nämlich Krisensituationen, die uns im letzten Jahrhundert schon einmal an dieses Thema herangeführt haben und in denen Länder, die zugegebenermaßen nicht ganz so viel steuerrechtlich publizieren, in der Sache aber ziemlich funktionierende Volkswirtschaften haben, Übergewinnsteuern eingeführt haben. Die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich und Italien machen das aktuell. Das heißt, es scheint schon möglich zu sein.
(Eva von Angern, DIE LINKE: Und die sind auch nicht untergegangen!)
Genau zu diesem Ergebnis kommt auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages, der seinerseits gesagt hat, bei hinreichender Ausdifferenzierung, bei entsprechender Konkretisierung ist solch eine Steuer durchaus denkbar. Sie begegnet freilich einem Problem, das damit zusammenhängt, dass in aller Regel am Sitz des Unternehmens besteuert wird. Wir müssen schauen, wie denn dann Zugriffe auf Unternehmen erfolgen, deren Unternehmenssitz im Ausland ist.
Das macht es schwierig. Dann begegnet man schnell einem Gleichbehandlungsproblem. Sie gestatten mir das, weil ich seit zwei Tagen rezitiere - jetzt einmal nicht.
Es wäre unglaublich reizvoll mit Ihnen jetzt darüber zu diskutieren.
(Olaf Meister, GRÜNE, lacht)
Ich würde Ihnen gern eine halbe Stunde lang einen Vortrag über die Grundsätze der Besteuerung, auch im internationalen Wirtschaftsverkehr, halten.
(Zuruf: Nein, nein!)
Das würde mich sehr zurückführen zu meiner früheren Profession. Aber da das nicht gewünscht ist,
(Cornelia Lüddemann, GRÜNE, lacht)
sondern Sie nur die Stellungnahme der Landesregierung hören wollten, danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der CDU - Zurufe: Oh! - Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Ich hätte es gern gehört! - Weitere Zurufe: Ach, Armin! - Drohung reicht! - Unruhe)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Drohung reicht. - Danke, Herr Minister.