Olaf Meister (GRÜNE):
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Überbordende Bürokratie ist wirklich extrem nervig. Sie kann hemmend auf die Initiativen von Bürgerinnen und Bürgern und Wirtschaft wirken und ist somit mehr als nur ein bloßes Ärgernis. Herr Hövelmann hat recht mit der Bemerkung, dass Bürokratie und Rechtsstaat etwas miteinander zu tun haben, dass das miteinander einhergeht. Die Regelungsdichte kann umschlagen. Wenn sie zu hoch wird, wenn es unübersichtlich wird, erzeugt sie statt hoher Rechtssicherheit das Gefühl von Rechtsunsicherheit, weil die Rechtsanwendung dann nicht mehr ohne Weiteres nachvollziehbar ist.
Das im Antrag gewählte Mittel zur Bekämpfung ist jedoch tatsächlich ungeeignet. Die vorgeschlagene Regelung reiht sich genaugenommen in das Bürokratiegeflecht ein. Sie legen noch eine Bürokratie darüber, die wirklich böse ist, wenn man sich das einmal vom Ablauf her anschaut. Wenn zukünftig eine Verordnung erlassen werden soll - das kommt laufend vor , gäbe es immer erst ein monatelanges Verfahren, um drei Verordnungen zu finden, die man abschaffen kann. Das ist eine komplett unsinnige Regelung. Das dürfte tatsächlich schwer zu finden sein. Es gab und gibt immer Gründe, die zum jeweiligen Erlass führten. Sie haben damit diverse komplizierte Abwägungsentscheidungen zu treffen, bevor Sie überhaupt zum Erlass einer nötigen Verordnung kämen. Das ist ziemlich schrecklich und schwerfällig.
Bürokratie funktioniert auch anders. Sie ist an sich immer gut gemeint. Es besteht ein Problem. Zur Lösung werden diverse Regelungen erlassen, Gesetze, Verordnungen, Satzungen, Erlasse, aber vor allem auch einzelne Normen. Sie bleiben dann bestehen, auch wenn sich ihre Sinnhaftigkeit nicht oder nicht mehr erweist. Die Sinnlosigkeit ist zumeist auch strittig. Wir hatten gestern ein Beispiel, wo meine Fraktion genaugenommen eine Entbürokratisierung vorgeschlagen hat. Da ging es um die Abstandsgeschichten zwischen Windrädern. Der Abstand zur Wohnbebauung ist nachvollziehbar, sie sollen nicht stören. Bei Windrädern untereinander könnte man auf den abgefahrenen Gedanken kommen: Ist das nicht eine Sache, die der Windkraftbetreiber eigentlich selber wissen müsste?
Die Ministerin hatte vorgegeben oder berechnet, wenn die sich berühren, ist es irgendwann doof. Das weiß der Windkraftbetreiber selber. Muss ich das gesetzlich regeln? Gestern hätte ich von der FDP eigentlich erwartet - - So eine gesetzliche Regelung ist nicht so richtig sinnvoll. Frau Tarricone hat völlig zu Recht die Gutachten ausgeführt, die es gibt, es muss sich auch wirtschaftlich noch tragen. Wenn die hintereinanderstehen, ist es schwierig. Trotzdem haben Sie sich gestern zu dieser Regelung nicht bereitgefunden.
Auch die AfD war entschieden dagegen. Dieses Stückchen Bürokratie, wo man sagen kann, gesunder Menschenverstand, haben wir jetzt den Mut gehabt, zu sagen, das überlassen wir einmal den Bürgerinnen und Bürgern? Das sollen sie einmal selber regeln, es ist ihre Fläche. Dort sollen sie die Windkraftanlagen bauen. Nein, diesen Mut hatten Sie nicht. Das ist häufig so in der Verwaltung, lieber doch eine Regelung zu haben. Wer weiß, vielleicht ist es doch besser. Das ist eine Quelle von Bürokratie.
Das Problem ist auch nicht eine komplette Verordnung, wie Sie anführen, sondern mehr die einzelne Regelung, das einzelne Formular, die fragwürdige Dokumentation. Sie wiesen auf den komplizierten Verfahrensablauf hin, der aus Sicht der Behördenstruktur und nicht aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger gedacht wurde. Es gibt zwei grundsätzliche Herangehensweisen, um das aufzulösen. Das eine ist die Frage Kultur der Behörde. Das ist das, was schon vorgetragen wurde. Die muss auf Vereinfachung ausgelegt sein. Was wollen die Bürgerinnen und Bürger? Welche Regelung brauchen wir tatsächlich nicht? Das ist eine Sache, die von oben kommen muss.
Das andere, meine ich - das sage ich den Leuten immer, wenn sie mit Problemen kommen -, ist wirklich die einzelne Regelung. Das nervt, dann kommen die und sagen, wozu um alles in der Welt braucht ihr diese Dokumentation? Da muss man in diesen Prozess mit der Behörde gehen
Vizepräsident Wulf Gallert:
Herr Meister!
Olaf Meister (GRÜNE):
und das lösen, und das wäre mein letzter Satz.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)