Sebastian Striegel (GRÜNE):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kosmehl, zu der Frage zum Einsatz von Bodycams und wie sinnvoll diese sein können, komme ich gleich. Es war das CDU-geführte Innenministerium, das in der siebenten Wahlperiode,
(Guido Kosmehl, FDP: Stimmt!)
überzeugenderweise nach dem Ende des Modellversuchs mit Bodycams, von einer dauerhaften Einführung Abstand nahm. Auch zwei Jahre später ist der Einsatz von Bodycams jedenfalls wenn man das so ausführt, wie Sie das jetzt vorhaben nicht richtiger.
Der Abschlussbericht des Modellversuchs hat deutlich gezeigt, das primäre Ziel ihres Einsatzes, namentlich die Verbesserung der Eigensicherung von Polizeibeamt*innen durch eine präventive Wirkung der Bildaufzeichnung, wurde nicht nur verfehlt, sondern gar konterkariert. Die Gewalt gegenüber den Beamt*innen sank zwar im Zeitraum des Modellversuchs, aber nur dort, wo die Bodycam eben nicht im Einsatz war. Dort, wo sie im Einsatz war, stieg die Gewalt gegen Beamte deutlich an. Selbst die interviewten Beamt*innen konnten nur für 3 % bis 12 % der Nutzung eine deeskalierende Wirkung bestätigen. Demgegenüber steht ein Übergewicht an Fällen, in denen keine Feststellung getroffen werden konnte oder in denen es sogar eine eskalierende Wirkung gab.
Ja, klar. Wir sind uns doch einig: Polizist*innen müssen vor gegen sie gerichteter Gewalt bestmöglich geschützt werden. Die Bodycam aber trägt zu diesem Schutz nicht bei. Sie ist vor allem eines: zusätzlicher Ballast am Körper unserer Beamt*innen und sie schränkt die Grundrechte von Bürger*innen über die Maßen ein.
Jetzt kommen wir zum Punkt, der der FDP eigentlich wichtig sein müsste: Der von Ihnen vorgeschlagene Einsatz von Bodycams macht polizeiliche Arbeit eben nicht einmal transparenter. Den Lage- und Führungszentren wird keine Möglichkeit gegeben, die Kameras in bestimmten Einsatzsituationen aus der Ferne zu aktivieren. Das wäre aus Bürgerrechtsgesichtspunkten auch in der internationalen Perspektive absolut sinnvoll. Die Entscheidung über die Aufzeichnung liegt weiter ausschließlich bei dem/der Beamt*in vor Ort. Auch von einem erleichterten Zugang zu den Bildaufzeichnungen für Betroffene ist im Gesetzentwurf nichts zu lesen.
Wo aber Bodycams im Einsatz sind, darf es nicht vom Zufall abhängen, ob damit auch polizeiliches Fehlverhalten dokumentiert wird. Der aktuell bundesweit diskutierte Vorfall aus Delmenhorst, bei dem ein Polizist die mutmaßliche Misshandlung eines Gewahrsamsinsassen aus Versehen mit seiner Bodycam filmte, zeigt das Problem ziemlich deutlich an.
Im Gesetzentwurf finden sich weitere Bestandteile die einer Debatte bedürfen: die elektronische Fußfessel oder auch die Bestimmung zur Strafverfolgungsvorsorge. Hierbei werden wir uns im Innenausschuss für eine umfassende fachliche Diskussion Zeit nehmen müssen. Ich werbe noch einmal dafür, dass wir das Gesetz nicht im Galopp behandeln, sondern tatsächlich untereinander die fachliche Debatte suchen. Ich hoffe Sie nicken, Herr Kosmehl , dass wir darin auch die Unterstützung der Koalition haben. Das war bisher nicht immer der Fall. Ich erinnere daran: Anhörungen im Innenausschuss, gerade dann, wenn sie mündlich erfolgen sollten, hatten bei Ihnen bisher eher keine Priorität. Ich wünschte mir, es wäre anders. Ich glaube, es wäre diesem Gesetz gegenüber angemessen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Striegel, lassen Sie eine Nachfrage von Herrn Erben zu?
Sebastian Striegel (GRÜNE):
Hm.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Erben, bitte.
Rüdiger Erben (SPD):
Herr Kollege Striegel, ich versuche es jetzt auswendig, aber ich bin mir sicher, richtig zu zitieren, nämlich: Die Regelung zur elektronischen Fußfessel schafft einen Ausgleich zwischen Sicherheitsgefühl und Freiheitsrechten.
Meine Frage ist: Von wem stammt dieser Satz?
Sebastian Striegel (GRÜNE):
Ehrlich gesagt, habe ich das jetzt nicht verstanden. Ich habe nämlich zur elektronischen Fußfessel in meiner Rede gar nichts gesagt. Sie können mich an dieser Stelle nicht zitiert haben.
(Zuruf von Tobias Rausch, AfD - Lachen bei der AfD)
Rüdiger Erben (SPD):
Sie haben doch jetzt das Gesetz sehr umfangreich kritisiert oder nicht?
Sebastian Striegel (GRÜNE):
Ich habe mich auf den Aspekt der Bodycams konzentriert. Vielleicht liegt es daran, dass Sie sich hier im Plenum regelhaft nur mit der Bekleidung von Abgeordneten beschäftigen. Hören Sie doch vielleicht beim nächsten Mal einfach besser zu.
(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der AfD: Vielen Dank, Herr Striegel! - Danke schön! - Danke, Herr Striegel! - Weitere Zurufe - Lachen)