Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Bekämpfung von Armut ist zentrale Aufgabe der gesamten Landesregierung. Ich will einfach einmal mit einem Dank beginnen. Ich bin dankbar dafür, dass wir ein überparteiliches Netzwerk gegen Kinderarmut in Sachsen-Anhalt haben, wo nicht nur die LINKEN ihre Forderungen aufnehmen, sondern auch die Sozialdemokraten, die Christdemokraten und das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ihre Punkte einbringen. Die Ergebnisse in diesem Netzwerk waren uns immer Aufgabe. Auch hat es die Zusammenarbeit mit unserem Haus gestärkt.

(Beifall bei der SPD)

Wie sieht die Situation in Sachsen-Anhalt aktuell aus? Ein Blick in die Landesstatistik zeigt, dass die Armutsgefährdungsquote in Sachsen-Anhalt im Jahr 2019 bei rund 15 % lag. Sie ist damit gegenüber den Vorjahren leicht angestiegen. Überdurchschnittlich stark armutsgefährdet sind allerdings weiterhin - das wissen wir - vor allem Kinder und Jugendliche unter 25 Jahren, Alleinerziehende, Haushalte mit mehr als zwei Kindern, aber auch Erwerbslose, Menschen mit geringem Qualifikationsniveau, Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen mit Beeinträchtigungen.

Während bspw. die Maßnahmen zur Unterstützung alleinerziehender Eltern inzwischen Erfolge verbuchen lassen - deren Armutsgefährdungsquote ist leicht rückläufig -, sind insbesondere Kinder und Jugendliche weiterhin auf hohem bis sehr hohem Niveau armutsgefährdet. In der Gruppe der unter 18-Jährigen waren im Jahr 2019 rund 21 % armutsgefährdet, in der Gruppe der 18- bis 25-Jährigen sogar mehr als 32 %.

Meine Damen und Herren Abgeordnete! Diese Zahlen sind uns Auftrag. Uns ist selbstverständlich bewusst, dass die Eindämmung von Armut maßgeblich auf der Sicherung von Einkommen und der Stärkung der Haushalte beruht. Deshalb ergreifen wir eine Vielzahl von Maßnahmen und Programmen zur Stärkung und Unterstützung von Familien, einige bereits seit Jahren, und dies erfolgreich.

Sie alle kennen unsere Maßnahmen zum Kinderförderungsgesetz. Diese gewährleisten Kindern einen gleichberechtigten Zugang zur Bildung und entlasten Eltern sowohl strukturell als auch finanziell.

Die Debatten, die wir sonst immer im Landtag geführt haben, gibt es seit fast fünf Jahren nicht mehr; denn all diejenigen, die knapp oberhalb der Hartz-IV-Grenze oder Armutsgrenze sind, genießen aufgrund des Starke-Familien-Gesetzes Beitragsfreiheit. Das sollte man an der Stelle auch einmal sagen. Das ist eine große Errungenschaft gewesen.

(Beifall bei der SPD)

Frau von Angern, Sie haben schon angesprochen, nicht alles liegt in der originären Zuständigkeit des Landes. Sie haben auch selbst von vielen bundespolitischen Initiativen gesprochen.

Ich möchte gern ein paar Punkte herausgreifen, wo schon der Bund als Reaktion auf die aktuellen Entwicklungen, nämlich die Energiekrise, den Ukraine-Krieg, die Coronapandemie, Maßnahmen ergriffen hat, um der Armut in diesen Bereichen entgegenzuwirken.

Sie kennen alle das Programm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“. Sie haben gerade angesprochen, dass wir die Ferienfreizeiten gestrichen haben. Gerade aus diesem Programm können wir in diesem Jahr ganz vielen Kindern die Möglichkeit geben, wieder Ferienfreizeit in Sachsen-Anhalt wahrzunehmen, und zwar von Arendsee bis Zeitz.

(Beifall bei der SPD)

Das, finde ich, ist ein ganz wichtiger Punkt, um nicht nur Lernrückstände nachzuholen, sondern auch hinsichtlich der seelischen Gesundheit, nämlich über Ausflüge, über außerschulische Angebote hier einiges zu packen.

Dann gibt es Ihre Forderung nach einer Anhebung der Regelbedarfe. Dazu wissen Sie, dass die Anpassung der Regelbedarfe immer den Preisentwicklungen entsprechend rückwirkend erfolgt.

(Unruhe)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Frau Ministerin, warten Sie kurz. - Ich möchte die Kabinettskollegen darum bitten, ihrer Ministerkollegin die Gelegenheit zu geben, ihren Vortrag so zu halten, dass auch ich ihn verstehe. - Danke.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Ich hoffe, dass das „Verstehen“ nicht nur auf die Akustik zielt, sondern dass Sie mir auch inhaltlich folgen.

(Beifall bei der SPD - Lachen und Unruhe)

Ich wollte zumindest noch einmal darüber sprechen, dass die Anhebung der Regelbedarfe, die von Ihnen gefordert wird, immer nur rückwirkend erfolgen kann entsprechend den jeweiligen Preisentwicklungen. Deswegen werden sich die hohen Preissteigerungen voraussichtlich erst im kommenden Jahr abbilden.

Dann möchte ich die Sofortmaßnahmen wenigstens einmal ansprechen, weil sie nämlich in dem Tempo der einzelnen Pakete, die die Bundesregierung jetzt auf den Weg gebracht hat, oftmals untergehen.

Es gibt die einmalige Energiepreispauschale. Es wird einen Einmalbonus in Höhe von 100 € für Familien mit Kindern geben. Es gibt die befristete Senkung der Kraftstoffsteuer. Es wird - wir haben darüber gestern lange geredet - das bundesweite 9-€-Monatsticket im ÖPNV geben. Es gibt den Heizkostenzuschuss für Haushalte im Wohngeldbezug. Und es gibt einen einmaligen pauschalen Zuschuss für Empfängerinnen und Empfänger von BAföG. Das gibt es auch in der Berufsausbildungshilfe und im Ausbildungsgeld. Es gibt auch die Coronaeinmalzahlung für alle erwachsenen Leistungsberechtigten von Mindestsicherungsleistungen. Da hat sich die Bundesregierung aufgemacht, genau in den Bereichen, die Sie vorhin erwähnt haben, etwas zu tun.

Mit Blick auf die im Antrag angesprochene Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen möchte ich insbesondere den Kindersofortzuschlag hervorheben. Diesen Sofortzuschlag in Höhe von 20 € pro Monat werden ab dem 1. Juli 2022 alle Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einem Anspruch auf Mindestsicherungsleistungen erhalten. Das soll nämlich die Zeit bis zur geplanten Einführung einer Kindergrundsicherung überbrücken.

Und Ich bin mir ganz sicher, dass das mit der neuen Bundesfamilienministerin, die als Finanzpolitikerin genau dieses Modell der Kindergrundsicherung sowohl geplant als auch durchgerechnet hat, tatsächlich das erste große Vorhaben sein wird, das das Bundesfamilienministerium auf den Weg bringt. Ich denke, das sind schon Sachen, für die wir lange gekämpft haben. - Herzlichen Dank dafür, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall bei der SPD)