Tagesordnungspunkt 6

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung von Tariftreue, Sozialstandards und Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge des Landes Sachsen-Anhalt (Tariftreue- und Vergabegesetz Sachsen-Anhalt - TVergG LSA)

Gesetzentwurf Fraktionen CDU, SPD und FDP - Drs. 8/1159

Änderungsantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/1178


Der Einbringer ist der Abg. Herr Silbersack. - Sie haben das Wort.


Andreas Silbersack (FDP):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist ein guter Tag für Sachsen-Anhalt, für die Kommunen, für die Menschen sowie für die Unternehmerinnen und Unternehmer.

Nach jahrelangen Diskussionen haben wir es geschafft, ein Tariftreue- und Vergabegesetz in den Koalitionsverhandlungen auf den Weg zu bringen, was tatsächlich einen richtigen Ruck durch dieses Land bringt und was diesem Land hilft, einfach Bürokratie abzubauen, Aufträge auf den Weg zu bringen und Kommunen zu entlasten. Es bringt all das, was wir benötigen. Es hilft aber auch dabei, einen fairen Lohn für die Menschen im Land zu bringen.

All das ist uns in Verhandlungen gelungen. Wer sich den Koalitionsvertrag zu diesen Themen anschaut, der kann sehen, dass das, was in den Verhandlungen besprochen wurde, auch Eingang in das Gesetzesvorhaben gefunden hat. Dass das Ganze so gut gelungen ist, hat auch damit zu tun, dass hier vertrauensvoll zusammengearbeitet wurde. 

Dafür möchte ich meinen ausdrücklichen Dank an den Vertreter der CDU Ulrich Thomas und an Holger Hövelmann, der jetzt gerade hereinkommt, aber auch an den Minister Herrn Schulze richten. Wir haben, glaube ich, gemeinsam etwas auf den Weg gebracht, was wichtig ist für dieses Land und was enorme Fortschritte bringt.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und bei der SPD)

Jahrelang wurde darüber diskutiert, wie wir es schaffen können, diese quälenden Vergabeverfahren tatsächlich zu entschlacken. 

Wer ein Kenner der Szene ist, der weiß, was sich vor Vorgabekammern und in den Kommunen abspielt. Die Kommunen haben gar nicht das personelle Know-how, um das alles vorzuhalten, und in den Vergabekammern ächzt man wegen all der Verfahrensrügen. All das sind Themen, die dieses Land nicht braucht. Gerade in Zeiten, in denen wir investieren wollen und investieren müssen, ist es wichtig, dass wir dort wichtige Schritte vorankommen. 

Auf der anderen Seite ist es natürlich auch wichtig - das war den Sozialdemokraten auch immer wichtig  , dass das Thema der Tariftreue und des Vergabemindestlohnes dabei Berücksichtigung findet. All das hat in diesen Gesetzentwurf Eingang gefunden. 

Deshalb haben wir als Fraktionen auch gesagt, wir wollen ihn gemeinsam als Entwurf der Fraktionen, hier in den Landtag einbringen, und zwar aus einem ganz bestimmten Grund. Wir wollen die Dinge, die PS, auf die Straße bringen. Wir wollen, dass das, was uns hier im Koalitionsvertrag gelungen ist, in diesem Haus und gemeinsam mit dem Ministerium tatsächlich schnell auf den Weg bringen. Wir wollen es auf einen Weg bringen, der tatsächlich eine Entlastung für das gesamte Land bringt.

Wir wissen, dass die letzten zwei Coronajahre mit Sonderregelungen behaftet waren. Auch das hat in dieses neue Gesetz Eingang gefunden. Aber wir wissen auch, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer, die Kommunen und die Menschen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, etwas erwarten, was ihnen auch über die Zeit hinaus Sicherheit und Klarheit gibt in Bezug auf die Frage, wie es weitergeht.

Insofern freuen wir uns - das sage ich natürlich insbesondere für die Liberalen  , dass es uns gelungen ist, bei den Einstiegswerten, also bei den Schwellenwerten, einfach nach oben zu gehen. Das heißt, dass wir von Einstiegswerten von ehemals 50 000 € für Bauaufträge nunmehr auf 120 000 € und bei Lieferungs- und Dienstleistungen von 25 000 € auf 40 000 € gekommen sind.

Das heißt, alles, was an Auftragsvergabe darunter stattfindet, findet entweder ohne Ausschreibung oder mit beschränkter Ausschreibung statt. Das ist etwas, worauf die Kommunen und die Unternehmerinnen und Unternehmer gewartet haben, und zwar dringlichst, meine Damen und Herren. 

(Zustimmung bei der FDP) 

Man stelle sich einfach mal Folgendes vor. Eine Schule, die neue Toiletten und neue Waschbecken anschaffen und implementieren wollte, war darauf angewiesen, eine entsprechende Ausschreibung zu machen.

Mit den neuen Schwellenwerten ist es bei einer Auftragsvergabe in dem Bereich Toiletten und Waschbecken - dort beträgt das Auftragsvolumen vielleicht 100 000 € - möglich, ein aufwendiges Ausschreibungsverfahren einfach zu umgehen. Man kann einfach mal darauf verzichten. Es kann losgehen. Ich kann mit den Unternehmern vor Ort in der Kommune sprechen, also mit der regionalen Wirtschaft.

Das ist im Bereich der Bildung möglich. Die Bildung wird eben nicht nur über die Anzahl der Lehrkräfte definiert, sondern eben auch über den Renovierungsstand der Schulen, meine Damen und Herren! 

(Zustimmung bei der FDP)

Ich komme zum Bereich der Digitalisierung. Wir haben den Digitalpakt Schule und dort einen enormen Investitionsstau. 5 Milliarden € des Bundes müssen auf die Straße gebracht werden. Auch hierbei war für Sachsen-Anhalt die Frage, wie wir das so schnell wie möglich tun können. 

Wir haben hier einen Stau. Das heißt, für uns war es wichtig, dass wir mit der Anhebung der Schwellenwerte hierbei eine schnellere Auftragsvergabe erreichen. Das muss unser Thema sein. Dieser Bürokratieabbau zeigt im Bereich der Bildung ganz exemplarisch, wie wichtig es ist, eben nicht nur das Thema Lehrkräfte zu sehen, sondern bei den Schulen auch den Bereich der Digitalisierung oder den Zustand der Toiletten und Waschbecken zu sehen, meine Damen und Herren.

Darüber hinaus ist natürlich - ich habe es vorhin schon gesagt - das Thema Vergabemindestlohn wichtig. Über dieses Thema haben wir lange gestritten, weil wir als Liberale gesagt, wir müssen auch an die Unternehmer denken, weil es hierbei nicht nur um den Einstiegslohn geht. So, wie ich in Unternehmen den Vergabemindestlohn ansetze, werden vielmehr auch die darüber liegenden Gruppen entsprechende Anhebungen erfahren. Das heißt, wir müssen beides im Blick haben.

Aber es war richtig, weil auch gilt: Gute Arbeit ist mit gutem Lohn verbunden. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir uns auf einen Vergabemindestlohn geeinigt haben. Die Definition, die wir hierzu im Verfahren gefunden haben, lautet: Dieser Vergabemindestlohn berechnet sich ab dem Jahr 2022 anhand der Entgeltgruppe 1 Erfahrungsstufe 2 einschließlich Sonderzahlung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder und anhand der Anzahl der Arbeitstage in Sachsen-Anhalt im jeweiligen Jahr. Das ist, glaube ich, etwas, was fair ist, was gut ist und was nach dem derzeitigen Stand der Dinge 13,01 € ermöglicht.

(Zustimmung von Holger Hövelmann, SPD)

Jetzt kann man natürlich auf die Idee kommen zu sagen, wir haben die Inflation, und die Inflation lässt das Ganze wieder relativiert darstellen. Aber es ist richtig und wichtig, dass wir diesen Weg gegangen sind. Wir haben auf der einen Seite den Tariflohn für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Auf der anderen Seite haben wir eine Entbürokratisierung, die für uns, also für das Land, enorm wichtig ist. 

Dass wir in der Koalition gemeinsam dieses Paket schnüren konnten, ist einfach auch ein Zeichen dafür, dass dieses Team in dem Bereich richtig gut gearbeitet hat. Meinen recht herzlichen Dank dafür noch einmal an dieser Stelle. 

(Zustimmung bei der FDP) 

Aber es geht natürlich weiter. Es geht auch darum, dass in dieser Vergabe     Das ist jetzt vielleicht etwas detailversessen, aber es muss einfach einmal gesagt werden. Stellen Sie sich Folgendes vor. Bei Vergabeverfahren war es in der Vergangenheit so, dass man mit einer Rüge allein einen Verfahrensstopp erwirken konnte. Das heißt, man hat einen Einzeiler zur Vergabestelle geschickt und schon wurde das Verfahren gestoppt. Jetzt ist das Gesetz so formuliert, dass ein Antrag erfolgen muss.

Das heißt, derjenige, der ein Verfahren aufhalten möchte, muss mehr tun und nicht weniger. Das bedeutet, dass es schneller zur Abwicklung der Verfahren kommt. Das ist eine Form der Entbürokratisierung, die wir alle benötigen. Die Unternehmer sagen, zum Glück ist man jetzt auf die Umstellung auf ein Antragsverfahren gekommen; denn bei dem Rügeverfahren war es viel zu einfach, Sand ins Getriebe zu streuen, meine Damen und Herren.

Aber es geht natürlich auch darüber hinaus um das Thema der Unterschwellenvergabeverordnung. Das ist ein Wortmonster. Aber dabei geht es um die Bundesvereinheitlichung. Das heißt, überall dort, wo die Schwellenwerte nicht erreicht werden, wird auf der Grundlage der Unterschwellenvergabeverordnung in einem bundeseinheitlichen Verfahren vergeben. Es ist dann die Aufgabe des Ministers, diese Verordnung auf den Weg zu bringen. Diese Verordnung wird das ganze Paket dann einheitlich erscheinen lassen und uns, glaube ich, insgesamt unglaublich nach vorn bringen.

Ich bin davon überzeugt, dass wir diesen Schritt - es war ein wesentlicher Teil des Koalitionsvertrages, dass wir dieses Vergabegesetz nach vorn bringen, einerseits in Richtung Tariftreue, andererseits in Richtung Entbürokratisierung und Unternehmerfreundlichkeit sowie Kommunenfreundlichkeit - gehen und dass wir dem Land und den Menschen in diesem Land das klare Signal setzen: Wir haben verstanden, wir setzen um, meine Damen und Herren.

(Ulrich Siegmund, AfD: Ach, Herr Silbersack!)

Nachdem die Koalitionsfraktionen das Ganze nach noch nicht einmal einem Jahr hier in den Landtag eingebracht haben, wollen wir auch das Zeichen setzen, wir sehen das. Wir sehen die Notwendigkeit, wir sehen den Investitionsstau und wir sehen die Digitalisierungsthemen, die auf den Weg gebracht werden müssen. All das ist für uns erkennbar und notwendig. So beinhaltet dieses Tariftreue- und Vergabegesetz noch viele Einzelpunkte, die ich gar nicht im Einzelnen vortragen möchte.

Es gibt das Bestbieterprinzip. Das heißt im Grunde genommen, im Verfahren muss nur der Sieger des Verfahrens Nachweise erbringen. Es gibt für die Verfahren noch andere Aspekte, zum Beispiel soziale Aspekte, die noch eine Rolle spielen. All das, was im Grunde genommen das Leben abbildet, hat sich hierin tatsächlich wiedergefunden. Insofern glaube ich, dass wir von einem sehr guten Wurf sprechen können, der uns da gelungen ist.

Ich freue mich auf die Diskussionen. Ich freue mich darauf und hoffe darauf, dass wir so schnell wie möglich zu einem Abschluss kommen. Darauf warten die Menschen in diesem Land. 

Ich möchte mit einem Spruch von Hannibal schließen, der einmal sagte: Entweder wir werden einen Weg finden, oder wir machen einen. Wir haben für Letzteres entschieden, meine Damen und Herren. - Vielen Dank. 

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und bei der SPD)