Holger Hövelmann (SPD):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Um eines vorweg zu sagen: Dieses Gesetz dient nicht einer allgemeinen Ausweitung von Sonntagsöffnungen.

(Zustimmung bei der SPD - Siegfried Borgwardt, CDU: Genau so ist es!)

Dieses Gesetz dient dazu, dies zu konkretisieren, die Rechtssicherheit zu erhöhen und einen Sonderfall zu regeln. Darauf komme ich gleich noch zurück.

Verkaufsoffene Sonntage sind für die Menschen sicherlich etwas ganz Angenehmes. Man ist bei gutem Wetter mit guter Laune draußen unterwegs und kann nebenbei die Angebote des Einzelhandels genießen und in Anspruch nehmen. Aber das ist die eine Seite der Annehmlichkeiten. Die Kehrseite ist: Dafür müssen Menschen an Sonntagen arbeiten. Die Frage ist, ob dies gerechtfertigt ist. Ob es angemessen ist, einen solchen Eingriff zu rechtfertigen, unterscheidet den Einzelhandel von einer Arbeit auf einer Polizeistation oder in einem Krankenhaus.

Aus der Sicht von Kirchen und Religionsgemeinschaften sind Erholung und Ruhe schon gleich gar nicht mit Sonntagsshopping zu vereinbaren. Insofern bewegen wir uns in einem Bereich, in dem wir uns genau überlegen müssen, was wir machen und war wir nicht machen. Wir als SPD-Fraktion begrüßen es, dass die Landesregierung die Unklarheiten, die mit der Novellierung des Ladenöffnungszeitengesetzes beseitigt werden sollen, angeht. Herr Minister Schulze hat deutlich gemacht, die Gerichte haben sich in der Vergangenheit mit dem Thema genug auseinandersetzen müssen. Vielleicht gelingt es mit einer Konkretisierung, dass das künftig seltener der Fall sein muss.

Die Hürden bleiben dennoch hoch. Es braucht einen besonderen Anlass. Es muss der Nachweis erbracht werden, dass allein der besondere Anlass mehr Gäste anzieht als die Ladenöffnung. Um es deutlich zu sagen: Ein kleiner Töpfer- oder Handwerkermarkt in einem Hinterhof reicht   ohne den Engagierten vor Ort zu nahe zu treten   eben nicht aus, um eine Sonntagsladenöffnung zu genehmigen.

Dennoch besteht aus unserer Sicht Diskussionsbedarf. Die neue Regelung, dass verkaufsoffene Sonntage auch zur Belebung einer Gemeinde zugelassen werden können, halten wir, vorsichtig formuliert, für wenig sinnvoll. Wenn ohnehin in einer Gemeinde niemand einen Einkaufsbummel unternehmen will, wird er das auch an einem Sonntag nicht tun. Es geht also um mehr, wenn es um die Attraktivität von Innenstädten geht. Dabei sind wir nicht weit auseinander, aber die Frage der Reglungsmöglichkeiten und der Reglungsnotwendigkeiten unterscheidet uns doch.

Ich will die eine Ausnahme ansprechen, von der ich sprach, einen Sondertatbestand, den wir schaffen wollen. Wir haben uns in dieser Koalition vorgenommen, dem Einzelhandel eine Chance zu geben, das, was der Einzelhandel pandemiebedingt an Ausfällen zu verzeichnen hat, durch zusätzliche Öffnungen auszugleichen. Das wollen wir zeitlich befristet in den nächsten zwei Jahren gewährleisten.

Lassen Sie uns darüber in den Ausschüssen diskutieren. Ich beantrage eine Überweisung des Gesetzentwurfs in den Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus zur federführenden Beratung und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Inneres und Sport sowie für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Hövelmann. Herr Gallert hat eine Intervention angemeldet. - Herr Gallert, bitte.


Wulf Gallert (DIE LINKE):

Ja, aber vielleicht kann Herr Hövelmann darauf auch noch reagieren. Mein Problem besteht im Grunde genommen darin, dass ich hier einen Gesetzentwurf der Landesregierung habe; der wird normalerweise von den Koalitionsfraktionen getragen. Jetzt habe ich aber von einem Koalitionsmitglied, nämlich der FDP, gehört, dass es eigentlich bereits eine andere Vereinbarung der Koalitionsfraktionen gibt, und zwar dahin gehend, dass die vier Sonntagsöffnungen auf sechs ausgeweitet werden sollen.

Jetzt frage ich sicherheitshalber ein anderes Koalitionsmitglied, nämlich die SPD, sprich Holger Hövelmann, ob er   erstens   etwas davon weiß und ob das   zweitens   so richtig ist.

(Guido Kosmehl, FDP: Ja und ja!)


Holger Hövelmann (SPD):

Beides stimmt.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Hövelmann, bitte.


Holger Hövelmann (SPD):

Beides stimmt, weil es mit dem zusammenhängt, was ich zum Schluss gesagt habe: Es bleibt bei den maximal vier verkaufsoffenen Sonntagen im Jahr. Und wir wollen   das ist das, was wir im Gesetzgebungsverfahren in den Ausschussberatungen auf den Weg bringen wollen; darauf haben wir uns mit den Koalitionsfraktionen verständigt  , dass für die nächsten zwei Jahre

(Siegfried Borgwardt, CDU: Nur für zwei Jahre!)

- nur für diese zwei Jahre   pro Jahr maximal zwei zusätzliche Sonntagsöffnungen möglich sind, um das zu erfüllen, was ich eingangs gesagt habe, nämlich die pandemiebedingten Folgen etwas auszugleichen oder zu helfen, diese auszugleichen. Ob das am Ende gelingt, entscheiden ja auch die Gemeinde und die Attraktivität vor Ort. - Also zweimal Ja, Herr Gallert.