Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):
Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Unterrichtsausfall, nicht vollständig erfüllte Stundentafeln und Sorge um Schulabschlüsse - all das ist für viele Schülerinnen in Sachsen-Anhalt, insbesondere im ländlichen Raum, bittere Realität. Wir alle sind uns des deutlichen Problems - mit „wir alle“ meine ich wir alle - der Unterrichtsversorgung und der Schwierigkeiten, es zu lösen, bewusst. Umso differenzierter müssen wir uns nun mit allen denkbaren Lösungsvorschlägen auseinandersetzen. Insofern ist der Antrag der LINKEN erst einmal interessant, verspricht er doch eine schnell umsetzbare Lösung für die Sicherstellung von Unterricht.
Dennoch wirkt Ihr Antrag eher wie eine Kapitulation vor dem Monster der mangelhaften Unterrichtsversorgung; denn er greift nicht an der Wurzel, sondern erst am Symptom des Problems an. Und ob Ihr Vorschlag überhaupt ausreichend Personal generieren könnte, ohne gleichzeitig den notwendigen Markt für Nachhilfeunterricht oder für die Volkshochschulen leerzufegen, steht dabei auch zur Debatte.
Mich irritiert zudem in Ihrer Begründung die Betonung, dass hierbei die Schülerkostensätze im Gegensatz zu den Schulen in freier Trägerschaft voll durch das Land finanziert werden sollen. Es ist nämlich völlig kontraproduktiv, dass Sie mit den freien Schulen scheinbar ein neues Feld für den Klassenkampf haben, sehr geehrter Herr Kollege Lippmann.
(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE - Andreas Henke, DIE LINKE: Also, bitte!)
Freie Schulen - das erleben wir nicht nur in dieser Antragsbegründung im Nebensatz, sondern das erleben wir auch in Nebenbemerkungen im Bildungsausschuss, und auch in dem sehr undifferenzierten Selbstbefassungsantrag für den Bildungsausschuss haben wir genau diesen Eindruck gewonnen - sind Teil der Lösung und nicht des Problems.
(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der CDU und bei der FDP)
Sie sichern Unterrichtsversorgung, sie sichern Bildungsvielfalt. Sie sind unverzichtbar und sie verdienen Unterstützung. Darüber können wir dann gern einmal in Bildungsausschuss sprechen.
(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)
Aus unserer Sicht müssen wir am Ursprung des Lehrkräftemangels ansetzen. Dazu gilt es, zwei zentrale Fragen zu beantworten: Warum bewerben sich zu wenige Lehrkräfte auf die ausgeschriebenen Stellen für unsere Schulen in Sachsen-Anhalt? Warum bleiben in unserem Bundesland viele der Studienplätze für das Lehramt unbesetzt? Dabei müssen wir feststellen, dass der Lehrerberuf in unserem Bundesland momentan einfach für viele nicht attraktiv ist. Es ist zum Beispiel ein massiver Standortnachteil - auch das ist eine Binse, das wissen wir alle - für Sachsen-Anhalt, dass wir Grundschullehrkräften ein geringeres Einstiegsgehalt bieten als ihren Kolleginnen in den anderen Schulformen. Dabei sind die meisten unserer Nachbarbundesländer durchaus weiter, und dort müssen wir jetzt nachziehen. Es ist an der Zeit, dass wir auch in Sachsen-Anhalt Grundschullehrkräfte endlich nach E 13 bzw. A 13 bezahlen. So gehen wir an die Wurzel des Problems.
(Zustimmung bei den GRÜNEN)
Zusätzlich brauchen wir endlich Arbeitszeitkonten für Lehrkräfte. Liebe FDP, im Februar haben Sie in einer Pressemitteilung einen Antrag im Plenum zum Thema Arbeitszeitkonten angekündigt. Wann kommt der denn endlich? Wir warten sehnsüchtig und mit großer Freude darauf, auch auf diesem Weg die Arbeit für Lehrerinnen zu verbessern und damit den Lehrerberuf in Sachsen-Anhalt attraktiver zu machen. Damit gehen wir an die Wurzel des Problems.
(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)
Für uns GRÜNE ist völlig klar, dass wir alles Erdenkliche tun müssen, um eine flächendeckende Unterrichtsversorgung zu gewährleisten. Auch wenn der Antrag der LINKEN uns an dieser Stelle skeptisch zurücklässt, lohnt es sich aber in unseren Augen, darüber gemeinsam im Bildungsausschuss zu diskutieren, weil das zugrunde liegende Problem eine ernsthafte Beratung jeder einzelnen Idee verdient und uns allen - das ging, ich bin beruhigt, nicht nur mir so - offenbar der Schwerpunkt des Antrages bei der berufspraktischen Ausbildung erst hier, bei der mündlichen Begründung, klar werden konnte.
Deshalb bitten wir Sie alle um die Überweisung des Antrags in den Bildungsausschuss, um dort tiefer zu beraten. - Vielen Dank.
(Beifall bei den GRÜNEN)