Ulrich Thomas (CDU):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine und Herren! Die überwiegende Mehrheit in diesem Hohen Haus hat gestern einen Haushalt mit einem Volumen von 13,5 Milliarden € beschlossen. Das ist gut für unser Land, weil dieser Haushalt es unserem Land ermöglicht, die Investitionen vorzunehmen, die uns die Zukunft sicherer machen und uns in der Zukunft voranbringen. Dazu zählen sowohl viele Baumaßnahmen als auch viele Dienstleistungen.
Nun geht es darum, dass wir dieses Geld auch auf die Straße bringen, und zwar möglichst schnell und unbürokratisch. Deswegen brauchen wir natürlich ein Verfahren, das uns Rechtssicherheit gibt und von dem alle Beteiligten profitieren.
Meine Damen und Herren! Wenn man sich dieses Spannungsfeld anschaut, dann sieht man: Zum einen haben wir die öffentliche Hand, die natürlich bestrebt ist - Kollege Meister hat teilweise so formuliert, dass man mit Steuergeld sparsam umgehen müsse -, möglichst wenig für eine sehr gute Leistung zu bezahlen. Das ist das Prinzip einer Ausschreibung. Viele Bürgermeister und Stadträte erhoffen sich immer, im Zuge der Ausschreibung noch den einen oder anderen Euro zu sparen.
(Daniel Sturm, CDU: Genau!)
Auf der anderen Seite gibt es die freie Wirtschaft - Bauunternehmen, Dienstleistungsunternehmen -, die zunehmend überlegen, ob sie sich überhaupt noch an Ausschreibungen beteiligen sollen. A) macht es einen immensen Aufwand für einen kleinen Betrieb, sich daran zu beteiligen, b) sind die Hürden mit Qualifizierungsnachweisen und dergleichen sehr hoch und c) - das hat Kollege Meister gesagt, dem ich sogleich widersprechen muss - sind bestimmte Auflagen durch die Unternehmen überhaupt nicht erfüllbar.
Stellen Sie sich einmal vor, Sie schreiben in einer Kommunen 20 oder 30 Laptops aus, die viel Geld kosten. Können Sie diesbezüglich nachweisen, dass an irgendeiner Kobalt- oder Lithiumbatterie keine Kinderhände dran waren? - Also, Sie wollen Wertschöpfungs- oder Lieferketten verfolgen, was de facto nicht möglich ist. Deswegen ist das unrealistisch, und deswegen sollten wir nicht der Versuchung unterliegen, mit diesem Vergabeverfahren Hürden aufzubauen, die de facto nicht erfüllbar sind.
Meine Damen und Herren! Nehmen Sie einmal eine Stadt wie Naumburg - Kollege Sturm sitzt mir gerade gegenüber -, dort wird eine Straße saniert. Nun geht es darum, die Straße möglichst schnell zu bauen, und zwar aus mehreren Gründen. Zum einen spüren wir gerade die Entwicklung bei den Rohstoffpreisen und bei den Baupreisen. Wir sehen auch eine Steigerung bei den Lohnkosten. Diesbezüglich brauchen wir natürlich Verfahren, die schnell wirken und die auch Lust machen, sich an den Ausschreibungen zu beteiligen. Deswegen brauchen wir für die Wirtschaft bürokratiearme Regelungen. Das Vergabegesetz ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Sie reden jetzt natürlich mit einer CDU-Fraktion, die immer gesagt hat: Eigentlich ist dieses Vergabegesetz entbehrlich, weil wir Bundesregelungen haben, die das abbilden. Aber das ist der Preis einer Koalition, dass wir uns dabei kompromissbereit geben und sagen: Okay, wenn es denn so gewünscht wird, dann machen wir das.
Wir haben sehr intensiv - ich sehe gerade den ehemaligen Wirtschaftsminister Herrn Willingmann - und sehr gut verhandelt. Ich denke, alle Koalitionspartner können sich mit dem Ergebnis durchaus sehen lassen. Es ist ein gutes Zeichen. Es ist auch ein sehr gutes Zeichen, nachdem uns der grüne Ballast
(Olaf Meister, CDU: Na, na!)
von der Brust genommen worden ist, wie geräuschlos das bei uns abgelaufen ist.
(Beifall bei der CDU - Zurufe von Cornelia Lüddemann, GRÜNE, und Olaf Meister, GRÜNE)
Es ist ein gutes Zeichen, dass die jetzige Koalition diesbezüglich wesentlich besser arbeitet als die Koalition zuvor. Auch das darf einmal gesagt werden. Sie werden auch im Beratungsverfahren merken, dass wir zu Ergebnissen kommen, die uns sehr erfreuen werden.
(Zustimmung von Dietmar Krause, CDU)
Meine Damen und Herren! Deswegen ist es wichtig, dass wir mit diesem Vergabegesetz zügig vorankommen. Wir wollen vor allen Dingen auch die guten Erfahrungen aus Pandemiezeiten mitnehmen, als wir das Vergaberecht teilweise außer Kraft gesetzt haben und Schwellenwerte ganz bewusst nach oben gesetzt haben, um hier noch schneller zum Zuge zu kommen. Dabei ist nicht der Untergang des Abendlandes zu beklagen gewesen. Im Gegenteil: Wir haben das Geld durchaus auf die Straße gebracht.
Ja, diese Schwellenwerte, die wir jetzt festgelegt haben, sind erst einmal gute Schwellenwerte. Ich darf aber darauf verweisen - das ist meiner Fraktion sehr wichtig -, dass wir die Höhe der Schwellenwerte alle zwei Jahre überprüfen wollen, dass wir sie auch mit Blick auf die Inflationsrate dynamisch gestalten wollen; denn es ist kein absoluter Betrag, sondern wir wollen bei den Wertgrenzen in Bewegung bleiben.
Gestatten Sie mir noch eine letzte Anmerkung zum Vergabemindestlohn. Ich und auch meine Fraktion sehen den Mindestlohn nach wie vor kritisch, und zwar nicht, weil ich niemandem sein Geld nicht gönne, sondern weil ich zunehmend feststellen muss, dass der Mindestlohn politisch motiviert festgelegt wird. Er wird also nicht festgelegt von Menschen, die auf der einen oder der anderen Seite der Wirtschaft sitzen, sondern er wird politisch festgelegt. Auch die Fraktion DIE LINKE konnte nicht widerstehen, schon einmal zu postulieren: Also, da müssen mindestens 14 € stehen. - Und wenn wir jetzt 14 € hineingeschrieben hätten, würden wir aus diesen Reihen vermutlich 15 € hören.
Dieser Bieterwettbewerb bei den Löhnen macht mich sehr nachdenklich, weil es bereits erste Anzeichen dafür gibt, dass gerade Mindestlöhne in bestimmten Dienstleistungsbereichen dafür sorgen werden, dass es - so wurde es uns schon angedeutet - zu einer Abwanderung oder zu einem Verlust von Arbeitsplätzen kommen wird.
Ich kündige schon einmal an, dass die CDU-Fraktion dieses Thema im zweiten Halbjahr noch einmal besetzen wird. Wir müssen uns wirklich damit auseinandersetzen und prüfen, ob wir diese Entwicklung politisch gesehen bei dem Mindestlohn durchhalten bzw. durchhalten wollen. Das ist ein interessantes Thema. Beim Vergabegesetz macht es mir wenig Sorgen, weil wir wissen, dass viele Unternehmen, besonders im Baubereich, bereits über diesen Vergabemindestlohn liegen. Aber es gibt auch Branchen, denen es schwerfällt, um es einmal vorsichtig zu sagen, einen Mindestlohn in der Höhe am Produkt und auch am Markt durchzusetzen. Das wird uns beschäftigen. Deswegen werden wir dieses Thema noch einmal aufrufen.
Ich werbe heute für die Überweisung des Gesetzentwurfes in den Ausschuss und freue mich auf die folgenden Beratungen. - Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP)