Dorothea Frederking (GRÜNE):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Abgeordnete! Ich möchte vorweg sagen: Für uns ist dieser Antrag ein Schaufensterantrag;
(Zuruf von der AfD)
denn er beschreibt Maßnahmen, die von allen für den Wald Verantwortlichen bereits in den Blick genommen werden. Wir lehnen den Antrag deshalb ab.
Die menschengemachte Klimakatastrophe ist die Hauptursache für das Waldsterben.
(Zuruf von der AfD)
Extreme Wettersituationen, wie Stürme und Trockenheit, werden zum neuen Normal und sie setzen dem Wald mit nie da gewesenen Schäden zu. Genau das steht nämlich auch im Waldzustandsbericht, den Minister Schulze am 15. November 2021 für Sachsen-Anhalt vorgestellt hat.
Der Klimawandel vollzieht sich extrem schnell. Global gesehen möchte ich ganz aktuell erwähnen, dass die Temperaturen in Indien bei über 50°C liegen; dort kann kein Mensch mehr leben.
In Südfrankreich bringen die Menschen für ihre Tiere Wasser in die Berge. Das sind die Auswirkungen des Klimawandels. Damit es nicht noch schlimmer wird, müssen wir endlich an die Ursache heran.
(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der SPD)
Wir brauchen endlich den gesellschaftlichen Schulterschluss, um die CO2 Emissionen drastisch zu reduzieren. Wenn das nicht gelingt, dann können wir uns alle Anstrengungen zur Rettung des Waldes sparen. Das ist nicht ideologisch. Das ist logisch.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Wer den Klimaschutz blockiert und nicht bereit ist, den eigenen CO2 Ausstoß einzuschränken, der trägt eine Mitschuld am Waldsterben.
(Beifall bei den GRÜNEN - Guido Kosmehl, FDP: Aha!)
- Das sage ich zum ersten Mal in dieser Deutlichkeit, Herr Kosmehl. Wir können nicht immer Scheuklappen tragen. Wir dürfen nicht nur sehen, dass der Wald zu den Leidtragenden der Klimakatastrophe gehört; wir müssen an die Ursachen heran. Das müssen alle in dieser Gesellschaft, alle Akteure, auch wir als Privatleute, tun.
(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)
Selbst die Fachleute sagen, dass es schon jetzt keine Blaupause mehr gibt für Waldumbaumaßnahmen, bei denen man mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass sie erfolgreich sein werden. Es gibt große Unsicherheiten. Die Unsicherheiten nehmen zu. Man weiß es nicht mehr.
Die Wissenschaftlerinnen gehen bei ihren Baumempfehlungen von hohen Unwägbarkeiten aus. Dennoch heißt das nicht, dass wir jetzt kapitulieren müssen. Ganz im Gegenteil: Es gibt richtigerweise ernsthafte Bemühungen um den klimaresilienten Wald. Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt, die Versuchsanstalt für Sachsen-Anhalt, sieht sich die Bodenprofile, die Bodenbeschaffenheit, das Mikroklima und die Klimaveränderungen an und gibt dann standortgenau Bestandszieltypen für die Hauptbaumarten an.
Auch die nächste Tagung des Waldbesitzerverbandes widmet sich dem klimastabilen Wald. Herr Minister hat es erklärt: Es gibt die Sonder-AMK. Es ist ganz klar: Der Wald braucht Wasser und standortgerechte Bäume. Für die Bäume gibt es zwei Strategien: zum einen einen gezielten Umbau, also weg von den alten Nadelholzmonokulturen hin zu den Mischwäldern; zum anderen aber auch die Naturverjüngung ohne menschlichen Eingriff, z. B. beim Nationalpark Harz. Der Leiter des Nationalparks Harz Herr Dr. P. beschrieb jüngst seine Beobachtung, dass es zwischen den Fichtenmonokulturen blüht und grünt. Zurzeit entwickelt sich dort eine vielfältige Vegetation. Deshalb möchten wir bis auf Weiteres am Nationalparkgesetz festhalten und in der Kernzone keinen menschlichen Eingriff sehen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
So sollen sich auf natürliche Art und Weise die Bäume durchsetzen, die an die neuen Bedingungen des Klimawandels am besten angepasst sind.
Weil ich den Harz schon erwähnt habe: Es gab kürzlich die Brände dort. Das waren Bodenbrände. Wir wissen, wenn einmal ein Brand ausgebrochen ist und wenn es trocken ist, dann kann sich dieser Brand besser ausbreiten.
(Zuruf von Daniel Roi, AfD)
Namens meiner Fraktion begrüße ich ausdrücklich, dass mehr für den Brandschutz getan werden soll, mehr für die Brandbekämpfung. Ich begrüße auch ausdrücklich das von Minister Schulze erwähnte KI basierte also auf künstliche Intelligenz basierte Waldmonitoring.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Das ist schön Frau Frederking. Das Problem besteht nur darin, dass Sie jetzt die zusätzliche Redezeit überzogen haben. Deswegen müssen Sie leider zum Ende kommen. Sie haben aber noch eine Chance.
Dorothea Frederking (GRÜNE):
Ich bin fertig.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Frau Tarricone möchte Ihnen eine Frage stellen. Möchten Sie diese beantworten?
Dorothea Frederking (GRÜNE):
Ja, gern.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Dann bitte, Frau Tarricone.
Kathrin Tarricone (FDP):
Ganz herzlichen Dank für die Chance, Ihnen die Frage zu stellen. Sind Sie damit einverstanden, dass wir in allen Festlegungen, die den Wald künftig betreffen, weg von den heimischen hinzu den standortangepassten Baumarten gehen?
(Zustimmung bei der FDP)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Sie haben das Wort, Frau Frederking.
Dorothea Frederking (GRÜNE):
An allen Standorten nicht, Frau Tarricone. „Standortgerecht“ heißt nicht unbedingt standortheimisch. „Standortgerechte Baumarten“ habe ich in meiner Rede gesagt. Weil sich der Klimawandel so rasend schnell vollzieht, wird es nicht mehr reichen, überall auf die standortheimischen Bäume zu setzen. Aber weil ich das Beispiel Nationalpark Harz erwähnte: Dort soll eine Naturverjüngung passieren. Das werden standortheimische Bäume sein.
(Beifall bei den GRÜNEN)