Eva von Angern (DIE LINKE):
Vielen Dank, Herr Landtagspräsident. - Ich habe eine Frage an die Landesregierung. Am 1. Juni 2022 ist der Start des sogenannten 9-€-Tickets geplant. Ich frage: Schätzt es die Landesregierung als realistisch ein, dass es tatsächlich losgehen kann, auch uneingeschränkt losgehen kann, und wie viel Geld wird für Sachsen-Anhalt im Zusammenhang mit dem 9-€-Ticket vom Bund erwartet?
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Bitte, Frau Dr. Hüskens.
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Sehr geehrte Frau von Angern, ich weiß nicht, ob Sie gesehen haben, dass z. B. die Deutsche Bahn mit ihrem Ticketverkauf schon am 23. Mai, glaube ich, beginnen wird. Auch von der Havag hier im Land haben wir entsprechende Signale. Andere Verkehrsbetriebe sind auch dabei, sich entsprechend umzurüsten. Das heißt, ich gehe davon aus, dass zum 1. Juni die Rahmenbedingungen stehen und dass die Bürger die Tickets dann erwerben und tatsächlich über drei Monate für je 9 € deutschlandweit den öffentlichen Personennahverkehr nutzen können.
Was die Frage der Zuweisungen des Bundes über die Regionalisierungsmittel anbelangt, kann ich Ihnen im Augenblick nicht die genauen Millionenbeträge für Sachsen-Anhalt sagen. Der Bundestag wird aber beschließen, dass wir über die Regionalisierungsmittel für diese Leistung kompensiert werden. Für diesen Part hat der Bund Mittel in Höhe von 2,5 Milliarden € zur Verfügung gestellt. Ich gehe nach meinem jetzigen Wissensstand davon aus, dass wir damit die Leistungen, die wir in Sachsen-Anhalt kompensieren müssen, auch kompensieren können.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke. Es gibt eine Nachfrage. - Herr Henke, Andreas.
Andreas Henke (DIE LINKE):
Vielen Dank. - Frau Ministerin, wenn der Bundesrat in seiner morgigen Sitzung dem zustimmt, dann stehen die Verkehrsunternehmen des Landes vor enormen Herausforderungen, nicht nur mit Blick auf die Knappheit der Zeit, sondern auch mit Blick auf den enormen finanziellen Aufwand.
Wie schätzen Sie es ein, wenn Regionalisierungsmittel jetzt zur Finanzierung herangezogen werden? Was bedeutet das im Hinblick auf Einnahmeausfälle für die eigentliche Aufgabenwahrnehmung im ÖPNV? Schätzen Sie die bereitgestellten Mittel als auskömmlich ein?
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Sehr geehrter Herr Henke, ich habe es schon gesagt: Ja, ich schätze die Mittel als auskömmlich ein, und, nein, wir werden keine Regionalisierungsmittel, die wir ohnehin haben, dafür einsetzen müssen, sondern die Verhandlungen der Länder, übrigens auch der Verkehrsträger und des Bundes haben von Anfang an das Ziel gehabt, dafür zu sorgen, dass der Bund, dessen Entscheidung das 9-€-Ticket war, die entsprechenden Verkehrsträger dafür auch ausgleicht.
Zur Frage der Vorbereitung. Die Verkehrsträger sind über ihre Verbände und übrigens im Land auch tatsächlich selber sehr frühzeitig eingebunden worden, weil zunächst zwei Dinge auseinanderzuhalten sind.
Wir haben auf der einen Seite die Entscheidung der Bundesregierung zu dem 9-€-Ticket für je einen Monat, über drei Monate insgesamt. Dabei ist für die Verkehrsträger erst einmal klar, dass sie überlegen müssen, wie sie das organisieren können, damit die Bürger mit möglichst geringem Aufwand an dieses Ticket kommen.
Zum Thema Onlineticket. Die meisten von Ihnen werden wahrscheinlich ihre Tickets online buchen. Aber natürlich stellt sich auch die Frage: Wo können Menschen ihre Tickets erwerben, die nicht online unterwegs sind? Das ist z. B. ein Thema gewesen, das die Verkehrsträger relativ früh adressiert haben.
Dann gibt es die Frage: Was kalkuliert man? Wir haben im ÖPNV in Sachsen-Anhalt im Augenblick etwa 70 % der bisherigen Auslastung erreicht - in Relation zu der Zeit vor der Coronapandemie. Daher war zu überlegen: Wird ein solcher Bedarf reichen? Wie viele Menschen werden das in Anspruch nehmen? Das sind Aufgaben gewesen, denen sich die Verkehrsträger sehr schnell, nachdem es bekannt geworden ist, gewidmet haben, um uns jeweils zurückzukoppeln, wovon sie selbst ausgehen, was wir auch an den Bund adressieren müssen, um dafür Sorge zu tragen, dass die Verkehrsträger hinterher nicht finanziell zusetzen müssen. Ich befinde das im Augenblick tatsächlich für eine gute Situation.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke. - Die nächste Nachfrage stellt Herr Loth. - Bitte.
Hannes Loth (AfD):
Sehr geehrte Frau Ministerin, „hinterher zusetzen“ war das richtige Stichwort. Meine Frage ist: Wie wird das 9-€-Ticket abgerechnet? Ich kenne einen Verkehrsbetrieb, der schon jetzt Liquiditätsprobleme hat, der die Abschlagszahlungen vom Landkreis vorgezogen bekommen, alles Mögliche, damit er noch die Fahrten sicherstellen kann; denn der Sprit, die Arbeitskräfte usw. sind teurer geworden. Wenn dann noch das 9-€-Ticket kommt und die Ausgaben dafür erst ein halbes Jahr - vielleicht noch später - abgerechnet werden, dann ist das sehr spät. Deshalb stellt sich die Frage: Wann bekommen die Verkehrsbetriebe diese Ausgleichsmittel?
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Sie haben schon die Lösung genannt: Vorziehen der entsprechenden Abschläge, die aus den Regionalisierungsmitteln üblich sind. Wir haben schon eine Charge vorgezogen und bereiten das gerade auch für die nächste Charge vor. Hierbei geht es tatsächlich um Unterstützung, was die Liquidität anbelangt. Natürlich ist es unser Ziel, zeitnah auch die zusätzlichen Mittel des Bundes auszureichen. Hierbei rede ich wirklich über „schnell“. Das heißt, der Bund hat vor, uns sofort nach dem Beschluss durch den Bundesrat am Freitag die Mittel anzuweisen, sodass wir die Gelder zügig an die Verkehrsbetriebe geben können. Das ist im Augenblick die Planung; denn wir sehen auch, dass das eine oder andere Unternehmen im Augenblick in schwierigem Gewässer unterwegs ist.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke. - Die nächste Frage stellt Frau Lüddemann.
Cornelia Lüddemann (GRÜNE):
Danke für die Möglichkeit. - Das 9-€-Ticket ist unmittelbar mit den Regionalisierungsmitteln verknüpft; das ist nicht zu trennen. Es ist auch bekannt und in der Presse beschrieben worden, dass die Länder dort mit sehr viel mehr Forderungen aufgelaufen sind. Jetzt ist auch bekannt geworden, dass sich das im Haushalt für das Jahr 2022 so nicht niederschlagen wird.
Darüber, ob das Herr Wissing nicht beantragt hat - wie auch immer -, können wir hier nur spekulieren. Fakt ist aber, dass wir mehr Regionalisierungsmittel für Sachsen-Anhalt brauchen, wenn wir tatsächlich eine Angebotserweiterung erreichen wollen. Was ein Ticket dann kostet, ist ja das eine. Das andere ist: Wir brauchen - das haben wir in diesem Hohen Hause schon debattiert - erst einmal mehr Angebot. Wir haben Landstriche, in denen es überhaupt keinen Nahverkehr gibt. Das wird sich ohne eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel nicht anders darstellen lassen.
Über den Bundeshaushalt für das Jahr 2023 wird nahtlos zu verhandeln sein. Was unternimmt denn die Landesregierung, vielleicht auch im Konzert mit anderen Verkehrsministern - wie auch immer , damit wir ab dem Jahr 2023 mehr Regionalisierungsmittel bekommen?
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Ich könnte jetzt sagen: Auch die GRÜNEN in der Bundesregierung und in der Bundestagsfraktion werden sich mannhaft dafür einsetzen, dass die Länder ordentlich viel Regionalisierungsmittel bekommen. Daher bin ich optimistisch, dass das etwas wird.
(Beifall bei der FDP)
Nein. Ich wollte jetzt keinen Witz darüber machen.
(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)
Der Punkt ist: Für dieses Jahr gehen wir tatsächlich davon aus, dass die Mittel, die der Bund zur Verfügung stellt, das Ticket entsprechend abbilden. Der Bund hat darüber hinaus, wie Sie wissen, den Ländern zusätzliche Mittel als Schutzschirm und zur Untersetzung der zusätzlichen Kosten zugewiesen, sodass wir bei 3,7 Milliarden € an zusätzlichen Regionalisierungsmitteln in diesem Jahr sein werden. Mein Wissensstand gerade ist, dass wir als Bundesland damit klarkommen. Gleichzeitig verhandeln im Augenblick die Bundesländer mit dem Bund - wir haben uns als Zielvorgabe Oktober dieses Jahres gesetzt - über das, was wir an zusätzlichen Bedarfen in den kommenden Jahren haben werden.
Jetzt gibt es vom Bund dazu das eine oder andere an inhaltlichen Vorstellungen. Das Bundesministerium hat uns in der Verkehrsministerkonferenz signalisiert, dass man sich eben nicht einfach sagen möchte „Bundesländer, wie viel darf es denn mehr sein?“, sondern dass man die Bundesländer an ihre Verantwortung erinnern möchte, dass die Regionalisierung neben dem ÖPNV eine Länderangelegenheit ist, und einige Punkte adressieren möchte, wie z. B. die Digitalisierung der Schiene, wie das Thema des Ticketings etc. Wenn also der Bund zusätzliche Mittel zu einer Landesaufgabe gibt, dann möchte man gern den einen oder anderen Aspekt mit adressiert haben.
Hierüber sind wir in Verhandlungen - diese sollen, wie gesagt, im Oktober dieses Jahres beendet sein , um auf der einen Seite das Materielle und auf der anderen Seite das Finanzielle mit dem Bund zu klären, sodass wir für die kommenden Jahre hierfür Planungssicherheit haben. Denn eines ist, glaube ich, allen klar - das habe ich auch so in den Koalitionsverhandlungen auf der Bundesebene verstanden und so im Koalitionspapier gelesen : Wenn der Bund im Verkehrsbereich eine andere Politik haben möchte, dann muss er gerade im ländlichen Raum dafür sorgen, dass wir einen ÖPNV anbieten können, mit dem die Menschen, die das wollen, von A nach B kommen und bei dem sie ihren Lebensstil nicht darauf abstellen müssen, ob ein Bus fährt. Das ist, glaube ich, allen klar. Ich habe auch nicht wahrgenommen, dass sich der Bund dieser Erkenntnis verschließt. Im Gegenteil: Es wird vor allem darum gehen, eine Finanzsumme auszuhandeln, die in den meisten Bundesländern eine entsprechende Lösung findet.
Sachsen-Anhalt ist davon tatsächlich stark betroffen. Andere Bundesländer - ich nenne Berlin oder Hamburg - scheinen durch Regionalisierungsmittel eher überkompensiert zu werden. Wenn ich mir jetzt die Diskussion in Berlin anschaue, dass man das Ticket für zwei Zonen sogar kostenlos anbieten möchte, dann muss ich sagen: Dieses Land scheint im Geld zu schwimmen.
(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Eine Nachfrage!)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Es gibt eine Nachfrage. Bitte.
Cornelia Lüddemann (GRÜNE):
Danke für die Möglichkeit. - Ist es richtig, dass in den Verhandlungen auf der Bundesebene auch zur Sprache kam, dass der Bund vorsichtig gesagt skeptisch ist, dass die Länder immer zweckentsprechend mit den Regionalisierungsmitteln umgehen? Und: Ist es richtig, dass dort bspw. die Zweckentfremdung der 31 Millionen € für den Schülerverkehr Sachsen-Anhalt besprochen wurde?
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Zu Ihrer ersten Frage. Ja, es ist richtig, dass der Bund, und zwar vor dem Hintergrund eines Berichtes des Rechnungshofes, adressiert hat, dass es Bundesländer geben soll, die die Mittel aus den Regionalisierungsmitteln nicht so einsetzen, wie es vereinbart ist.
Zu Ihrer zweiten Frage. Nein. Ich habe mich extra erkundigt. Das Thema „Einsetzen der Mittel für den Schülerverkehr“ ist nicht aufgrund der Regionalisierungsmittel problematisch, sondern hier machen wir alle, die hier sitzen im Übrigen seit Jahren etwas, das durch das Haushaltsbegleitgesetz immer schön ausgehebelt wird. Wir haben uns eigentlich im ÖPNV-Gesetz darauf verständigt, den Schülerverkehr nicht mehr mit Regionalisierungsmitteln zu finanzieren. Jeder, der hier im Saal sitzt, muss so ehrlich zu sich selbst sein. Wenn wir das nicht mehr machen, dann müssen wir es dies mit Landesmitteln finanzieren. Wenn wir dies mit Landesmitteln finanzieren, dann muss irgendeine andere Leistung zurückstehen. Der Landtag hat sich offensichtlich immer wieder so entschieden.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke. - Bevor wir zu Frau Quade kommen, begrüßen Sie mit mir Schülerinnen und Schüler der Förderschule „Wilhelm Busch“ aus Wienrode.
(Beifall im ganzen Hause)
Jetzt Frau Quade.
Henriette Quade (DIE LINKE):
Frau Ministerin, welche Position vertritt die Landesregierung zur Fortführung des 9-€-Tickets bis zum Ende des Jahres, um die hier anhaltend hohen Energiekosten-Mehrbelastungen für Verbraucherinnen abzufedern?
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Aktuell ist von der Bundesseite signalisiert worden, dass es darum geht, drei Monate zu entlasten. Darüber hinausgehende Überlegungen sind mir nicht bekannt.
Das Land Sachsen-Anhalt - das habe ich, glaube ich, schon in einer der vorangehenden Sitzungen hier dargestellt - ist nicht in der Lage, eine solche Aufgabe finanziell zu stemmen.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke. - Die nächste Frage stellt Herr Lange. Bitte.
Hendrik Lange (DIE LINKE):
In Anknüpfung an das, was Frau Quade gefragt hat: Es war ja die Frage, wie die Landesregierung dazu steht. Die Anschlussfrage an der Stelle wäre: Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung insgesamt, um diese Attraktivierung des ÖPNV nach vorn zu entwickeln? Sie haben jetzt schon die Mittel des Bundes angesprochen. Auf der anderen Seite soll über den ÖPNV-Rettungsschirm für das Jahr 2022 die Summe auf 400 Millionen € gesenkt werden in Verrechnung mit dem 9-€-Ticket. Es wäre die Frage, was das für die Verkehrsunternehmen bedeutet.
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Herr Lange, ich habe Ihre Frage, ehrlich gesagt, nicht verstanden. Ich habe, glaube ich, schon mehrfach gesagt, dass wir davon ausgehen, dass die Kosten, die die Verkehrsträger bei uns haben, ausgeglichen werden. Ich habe auch noch kein Signal irgendwo aus dem Land gehört, dass das nicht so ist.
Hendrik Lange (DIE LINKE):
Mir liegen Erkenntnisse darüber vor, dass die Mittel aus dem ÖNPV-Rettungsschirm dafür abgesenkt und mit den Mitteln für das 9-€-Ticket verrechnet werden sollen.
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Nein. Wir als Länder bekommen insgesamt Mittel in Höhe von 3,7 Milliarden €. Davon sind Mittel in Höhe von 1,2 Milliarden € für den ÖPNV-Rettungsschirm und Mittel in Höhe von 2,5 Milliarden € für das 9-€-Ticket eingeplant. Natürlich kompensiert der Bund nicht über. Wenn ich Kosten ausgleiche, gleiche ich die einmal aus. Das heißt, diese drei Monate müssen wir anders betrachten als die restlichen Monate des Jahres. Aber alles, was ich aus unserem Bundesland rückgespiegelt bekomme, besagt: Die Kosten werden ausgeglichen.
(Zustimmung bei der FPD)
Hendrik Lange (DIE LINKE):
Okay. Alles klar. - Herr Präsident, darf ich noch eine Frage stellen?
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Ja, bitte.
Hendrik Lange (DIE LINKE):
Mir wurde das tatsächlich als Problem zurückgespiegelt. Ich habe von der Havag erfahren, dass für die Semestertickets eine Gegenkompensation über die Studentenwerke laufen soll. Wir haben verschiedene Semestertickets, die Pflichttickets sind.
Dr. Lydia Hüskens (Minister für Infrastruktur und Digitalisierung):
Genau. Ja.
Hendrik Lange (DIE LINKE):
Können Sie das Verfahren beschreiben, wie die Studentenwerke an das Geld kommen und das dann für die Studierenden wieder ausgleichen?
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Ja. Ich kann Ihnen jetzt nicht genau sagen, wie es vielleicht die Havag mit dem Studentenwerk in Halle vereinbart hat, weil das jedes Studentenwerk vor Ort bilateral macht. Es gibt unterschiedliche Situationen.
Ich stelle es vereinfacht dar: Die Situation ist so, dass das Semesterticket bei einem Preis von unter 9 € im Monat liegt. Das gibt es auch in unserem Bundesland. Das bedeutet schlicht und ergreifend: Hier passiert gar nichts. Die Studierenden fahren deutschlandweit für diesen Preis im Öffentlichen Personennahverkehr.
Eine Alternative ist: Die Summe ist überschießend. Wenn ich die drei Monate herausrechne, dann komme ich zu dem Ergebnis, dass die Studierenden mehr als die 9 € bezahlt haben. Diesbezüglich ist die Regel ganz klar: Das wird ausgeglichen.
Jetzt kommen wir zum praktischen Verfahren. Das kann ich Ihnen sagen, weil ich so eine Situation schon einmal beruflich hatte. Wenn das Studentenwerk, das keine Information hat, welcher Studierende mit welcher Kontonummer diesen Beitrag bezahlt hat, die Summe von - ich nennen jetzt einfach ein Beispiel - der Havag bekommen würde, dann hätte das Studentenwerk dieses Geld. Das Studentenwerk kann dieses Geld nur an die entsprechende Universität oder Hochschule weiterleiten. Und nur diese Hochschule oder Universität kann dieses Geld an den Studierenden zurücküberweisen, weil erst diese Einrichtung Kontodaten hat und sagen kann: Der Student Max Mustermann und die Studentin Maxine Musterfrau hat den Beitrag bezahlt und hat einen Anspruch darauf, ihn zurückerstattet zu bekommen. Das wird nicht ganz trivial. Deshalb bin ich gespannt darauf, welche Lösungen die Hochschulen jeweils finden, um das zurückzuübertragen. Das ist bürokratisch leider ein Aufwand. Das müssen übrigens alle machen bei Azubitickets, bei den ganzen Zeitfahrkarten; die müssen tatsächlich zurückerstattet werden, sodass es hierbei zu einem entsprechenden Ausgleich kommt.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke. - Die nächste Frage stellt Herr Gebhardt. - Bitte
Stefan Gebhardt (DIE LINKE):
Frau Ministerin, alle Prognosen gehen davon aus, dass ab dem 1. Juni 2022 in den drei Monaten, in denen das 9 €-Ticket gelten soll, mit einem enormen Ansturm zu rechnen sein wird. Wie will Sachsen-Anhalt versuchen, das abzufedern hinsichtlich personeller oder auch fahrzeugtechnischer Art? Kurz gefragt: Hat man vor, aufgrund des Ansturms in dieser Zeit mehr Personal einzustellen?
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Herr Gebhardt, im Augenblick das habe ich vorhin gesagt haben wir eine Auslastung von etwa 70 % der Auslastung, die wir vor Corona hatten. Das heißt, es besteht noch ein gewisser Puffer. Die Erfahrungen mit anderen sehr stark rabattierten Aktionen, z. B. das Schönes-Wochenende-Ticket, zeigen, dass es tatsächlich einige Strecken geben wird, die sich einer deutlich erhöhten Nachfrage erfreuen werden. Nach meiner Einschätzung werden das z. B. die Strecken Magdeburg - Berlin und Halle - Leipzig sein. Es kann sein, dass es zu einer erhöhten Nachfrage auf der im Norden gelegenen Strecke Salzwedel - Uelzen - Hamburg kommen wird.
Aber wir gehen aktuell nicht davon aus, dass es zu Zuständen in Zügen kommen wird, die uns veranlassen müssten, eine Verdichtung vorzunehmen oder mehr Personal einzustellen. Hierbei handelt es sich um eine Einschätzung. Wir haben auch lange darüber diskutiert. Aber wir gehen im Augenblick davon aus, dass wir keinen Sylt-Effekt bei uns im Bundesland haben werden. Ich gehe auch bei den meisten Strecken nicht davon aus, dass Menschen aus purer Freude tagelang im Regionalverkehr Zug fahren werden.
Ein weiterer Punkt ist, dass es natürlich einige größere Veranstaltungen im Land gibt. Wir gehen schon davon aus, dass aufgrund dessen die Nachfrage auch nach dem ÖPNV so hoch sein könnte, dass wir gegensteuern müssen. In diesen Fällen versuchen wir aktuell, entsprechend mehr Verkehr zu bestellen. Ich formuliere das extra mit den Worten „wir versuchen es“. Denn jeder, der schon einmal mit dem Schienenersatzverkehr fahren durfte ich habe das öfter genossen , oder jeder, der schon einmal ein Ersatzzug nutzen durfte, weil der ursprünglich bestellte Zug eine der bekannten Krankheiten hatte, hat doch festgestellt, dass das, was dann hingestellt wird, nicht so wirkt, als ob es noch der entsprechenden Nutzung zugeführt werden sollte.
(Siegfried Borgwardt, CDU: Schön formuliert! - Lachen bei der FDP)
Das heißt, es wird schwer. Wir versuchen es, aber wir sind nicht sicher, dass wir tatsächlich immer sachgerecht agieren können. Der eine oder andere von Ihnen ist kommunalpolitisch tätig; Sie alle haben eine Vorstellung davon, wie lange es dauert, einen Bus zu bestellen, wenn man ihn kaufen möchte, wie lange es dauert, eine Straßenbahn zu bestellen, wenn man sie kaufen möchte, und wie lange es dauert, Züge zu bestellen. Diese Fahrzeuge stehen nicht irgendwo auf Halde, sodass wir sie leihen könnten, um sie auf der Strecke fahren zu lassen. Das ist das Ergebnis, zumal es derzeit alle versuchen. Insofern kann es sein, dass es in dem oder anderen Zug voll wird. Wir können im Augenblick nur versuchen, das zu kompensieren. Aber ich kann niemandem versprechen, dass das funktioniert.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Eine Nachfrage. - Bitte.
Stefan Gebhardt (DIE LINKE):
Vielen Dank, Frau Ministerin. Der Versuch ist auch aller Ehren wert. Ich möchte noch konkret fragen: Wenn sich herausstellen sollte, dass die eine oder andere Prognose sich bewahrheitet Sie haben die Strecken in Richtung Hamburg, Berlin, Leipzig angesprochen, diesbezüglich gibt es tatsächlich solche Prognosen , kann man sich dann vorstellen, zumindest kurzfristig nachzusteuern? Oder gilt: Was jetzt nicht geplant wird, findet dann auch nicht statt, und man muss die drei Monate dann so durchstehen?
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Ja. Ich will ehrlich sein und nichts versprechen, was wir im Nachhinein nicht halten können. Wir können versuchen, etwas zu bestellen. Aber mir gegenüber ist gespiegelt worden: Die Wahrscheinlichkeit, etwas zu bekommen, ist extrem gering.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke. Es gibt eine weitere Nachfrage. - Frau Hohmann, bitte.
Monika Hohmann (DIE LINKE):
Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie haben vorhin schon kurz angesprochen, dass in den Fällen, in denen Firmen des ÖPNV, also Busunternehmen usw., in Schwierigkeiten geraten, das Land ggf. einspringt. Wir haben dafür auch Landesmittel im Corona-Sondervermögen in Höhe von 8 Millionen € bereitgestellt, soweit ich weiß. Inwieweit schätzen Sie ein, dass diese Mittel auskömmlich sind, bzw. haben Sie vor, diese Mittel ggf. aufzustocken, wie es in Nordrhein-Westfalen momentan gemacht wird? Inwieweit sehen Sie solche Möglichkeiten auch für Sachsen-Anhalt?
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Die Mittel in Höhe von 8 Millionen € die Zahl, die Sie genannt haben, ist richtig , die im Haushalt veranschlagt worden sind, stellen die Gegenfinanzierung zu den Mitteln dar, die der Bund zur Verfügung stellt. Ich habe gesagt, wir gehen davon aus, dass das auskömmlich ist, um die Kosten zu ersetzen. Wir haben darüber hinaus, um Liquidität zu sichern, Chargen und Abschläge vorgezogen. Ich glaube, beide Maßnahmen zusammen werden dafür sorgen, dass die Unternehmen, die den ÖPNV im Land ausmachen, auch entsprechend arbeiten können.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke. Ich sehe keine weiteren Nachfragen.