Tagesordnungspunkt 2
Beratung
Ukrainische Flüchtlingskinder bestmöglich auf die Rückkehr vorbereiten!
Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/1004
Der Einbringer ist Herr Dr. Tillschneider.
Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Iryna Tybinka, eine Generalkonsulin der Ukraine, hat in ihrer Rede vor der Kultusministerkonferenz am 10. März 2022 gefordert, bei der Aufnahme von ukrainischen Schulkindern zu berücksichtigen, dass die Dauer ihres Aufenthaltes in Deutschland begrenzt sein wird und sie nach Ende des Krieges wieder in ihre Heimat zurückkehren werden, dass es folglich nicht um Integration in die deutsche Gesellschaft gehen kann, sondern um eine bloße Überbrückung der Kriegszeit.
Die Kinder sollen in Deutschland deshalb nicht nach deutschem Lehrplan, sondern nach ukrainischem Lehrplan, und nicht auf Deutsch, sondern auf Ukrainisch unterrichtet werden, auch, weil die schulischen Anforderungen in der Ukraine, insbesondere in den MINT-Fächern, bedeutend höher liegen als in Deutschland. Die Generalkonsulin äußerte sich kritisch über sogenannte Integrationsklassen und forderte abschließend, dass die nationale Identität der ukrainischen Schüler gewahrt und gepflegt werden muss.
Hätte das nicht eine Generalkonsulin der Ukraine vorgetragen, sondern ein Bildungspolitiker der AfD,
(Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE: Gibt‘s sowas?)
dann hätten Sie wieder Ihre Empörungstiraden angestimmt, uns Nationalismus und Rassismus vorgeworfen, von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit schwadroniert und was Sie sonst noch an Phrasen vorrätig haben.
(Beifall bei der AfD)
Aber so war es eine Generalkonsulin der Ukraine. - Und tja, die darf das. Zumindest trauen Sie sich in diesem Fall nicht, in Ihr übliches Geschwurbel auszubrechen und beißen sich auf die Zunge. Ich müsste lügen, wenn ich abstreiten würde, dass es mir Vergnügen bereitet, Sie in dieser Lage zu sehen.
Aber unabhängig davon, wer was sagen darf, gilt: Das, was Iryna Tybinka gesagt hat, ist einfach richtig. In ihren Forderungen kommt gesunder, normaler Menschenverstand zum Ausdruck. Denn wenn irgendwo Krieg herrscht und die Frauen und Kinder die Kampfzone verlassen, dann tun sie das v o r ü b e r g e h e n d , um nach dem Ende der Kampfhandlungen so schnell wie möglich zu ihren Männern, die derweil mit der Waffe in der Hand das Land verteidigt haben, zurückzukehren.
Die Frauen und Kinder können doch gar kein Interesse daran haben, in dem Land, das ihnen Schutz gewährt, Wurzeln zu schlagen. Sie sind einfach nur dankbar, die Zeit des Krieges an einem sicheren Ort überbrücken zu können. So ticken jedenfalls echte Kriegsflüchtlinge.
(Beifall bei der AfD)
Und so ticken Osteuropäer. Wir begegnen in den Äußerungen der ukrainischen Generalkonsulin dem gleichen gesunden Denken, das unabhängig von dem aktuellen geopolitischen Konflikt nicht nur in der Ukraine, sondern auch in Russland, in Polen, in Ungarn und in ganz Osteuropa noch lebendig ist. Dort herrscht noch ein Wertegefüge, in dem die Verteidigung des eigenen Landes, der Erhalt der eigenen kulturellen Identität und das Streben nach Wissen und Bildung einen hohen Rang einnehmen, während im sogenannten Westen all das nichts mehr gilt.
Besonders beschämend für die Bildungspolitik der Altparteien ist, dass sich mittlerweile herumgesprochen hat, dass der Schulunterricht in Deutschland kaum noch etwas taugt. Deshalb hat eine ukrainische Diplomatin Angst, ukrainische Kinder an deutsche Schulen zu schicken, weil sie einen Niveauverlust fürchtet.
Darin muss ich Iryna Tybinka recht geben. Ich verstehe, weshalb sie nicht will, dass die ukrainischen Kinder, die in der Ukraine einen guten und strengen, ergebnisorientierten Unterricht genossen haben, wo der Lehrer den Kindern noch etwas beibringt, durch das Larifari, die Kuschelpädagogik und den Schlendrian, der in unseren Schulen herrscht, verdorben werden.
(Beifall bei der AfD)
Ich verstehe, weshalb sie nicht will, dass ukrainische Kinder in das Deutschland der Altparteien integriert werden. Ich verstehe nur zu gut, weshalb sie nicht will, dass die ukrainischen Kinder durch die hier herrschende Mentalität beeinflusst werden.
Die Ukraine, die geopolitisch im Verbund mit den Westmächten agiert, scheint ihre Kinder dann doch von dem schädlichen Einfluss der sogenannten westlichen Werte fernhalten zu wollen. Ich habe meine Zweifel daran, ob das funktionieren wird. Denn bislang hat der sogenannte Westen unter Führung der USA solche Art der Rosinenpickerei noch nie geduldet und immer versucht, seinen militärischen Bündnispartnern auch die eigenen gesellschaftlichen Wertvorstellungen aufzuzwingen.
Genau darum geht es auch im Kern bei unserem Thema. Zähneknirschend hat die Landesregierung erst zugesagt, die ukrainischen Vorstellungen umsetzen zu wollen und hat die sogenannten Ankunftsklassen ins Spiel gebracht, in denen die ukrainischen Kinder unterrichtet werden.
Je mehr Zeit vergeht, desto mehr entfernt sich das, was die Landesregierung umsetzt, jedoch von dem, was die Generalkonsulin gefordert hat. Zuerst klang es noch so, als seien diese Ankunftsklassen Dauereinrichtungen. Jetzt wird immer deutlicher, dass es sich nur um eine Durchlaufstation handeln soll, die dann eben doch in das deutsche Schulsystem mündet - gerade das, was die ukrainische Generalkonsulin nicht wollte.
Nach dem Willen der Landesregierung soll in den Ankunftsklassen auch nicht nach ukrainischem Lehrplan, sondern nach einem Mischlehrplan unterrichtet werden, der Elemente des deutschen und des ukrainischen Lehrplans enthält. - Weshalb?
Damit erzeugen Sie bei den ukrainischen Kindern genau die Irritation, die nach dem Willen der ukrainischen Generalkonsulin vermieden werden soll. Weshalb deutscher Lehrplan, wenn die Kinder nach dem Ende des Krieges, der ganz sicher nicht mehrere Jahre dauern wird, wieder in ihre Heimat zurückkehren?
Mir scheint, Sie können einfach nicht verstehen, dass es Flüchtlinge gibt, die nicht hier bleiben, sondern so schnell wie möglich in ihre Heimat zurückkehren wollen. Das können Sie nicht akzeptieren und versuchen nun, die ukrainischen Schulkinder mit einer Integration in das deutsche Schulsystem gewissermaßen zwangszubeglücken.
Sie entfremden die Kinder dem ukrainischen Schulsystem, missachten den Wunsch nach Wahrung einer ukrainischen Kulturidentität, weil Ihnen jeder, der noch versucht, seine eigene kulturelle Identität zu wahren, suspekt ist. Aber das ist Ihr Problem und sollte Ihr Problem bleiben und nicht zum Problem der ukrainischen Schüler werden.
(Beifall bei der AfD)
Wir fordern deshalb mit unserem Antrag, dass den Vorstellungen, wie Sie die ukrainische Generalkonsulin am 10. März geäußert hat, vollumfänglich entsprochen wird. Also: Sonderklassen für ukrainische Schulkinder nicht als Provisorium zum Übergang in die Regelklassen, sondern als Dauereinrichtung, solange, wie der Krieg dauert.
In diesen Sonderklassen ist Unterricht auf Ukrainisch nach ukrainischem Lehrplan mit Ausnahme von etwas deutschem Sprachunterricht zu gestalten. Sprachen lernen sich nirgendwo so gut, wie in dem Land, in dem sie gesprochen werden. Deshalb sollten wir unseren ukrainischen Gästen durchaus die einmalige Chance bieten, in Deutschland deutsch zu lernen.
(Beifall bei der AfD)
Wenn Sie bei der Rückkehr in ihr Heimatland dann gute Deutschkenntnisse mitnehmen, profitieren davon nicht nur die Schüler rein persönlich, davon profitiert auch Deutschland, weil solche Verbindungen der Grundstein für gedeihliche Beziehungen unserer beider Länder sind. Und wir legen selbstverständlich nicht nur Wert auf gute Beziehungen zu Russland, sondern auch zur Ukraine.
(Beifall bei der AfD)
Angesicht des Umstandes, dass Deutsch in der Ukraine ordentliches Schulfach ist, soll einzelnen Schülern, die so gut deutsch können, dass sie keine zusätzliche Sprachförderung mehr benötigen und die von sich aus am Regelunterricht unserer Schulen teilnehmen wollen, auf Antrag auch die Teilnahme auch am Regelunterricht ermöglicht werden.
Das soll aber nach unseren Vorstellungen eine Ausnahmeregelung für wenige besonders gute Deutsch-Schüler aus der Ukraine bleiben, sodass jederzeit sichergestellt ist, dass diese Kinder das Unterrichtsgeschehen nicht beeinträchtigen, insbesondere den Unterrichtsfortschritt nicht aufhalten und unsere Kinder also keine Benachteiligung erleiden. Das darf nämlich bei aller Sorge um das Wohl der ukrainischen Kinder auch niemals aus dem Blickfeld geraten.
(Beifall bei der AfD)
Angesichts des Lehrermangels in den Regelklassen können wir es uns auch gar nicht leisten, die ukrainischen Flüchtlingskinder massenweise in unser Schulsystem aufzunehmen. Zwar können wir auch kein paralleles, nach Jahrgangsstufen ausdifferenziertes Schulsystem aus dem Boden stampfen, aber das ist auch gar nicht notwendig.
Für den Übergang, bis zum Ende des Krieges reicht es, wenn ukrainische Schüler in jahrgangsübergreifenden Klassen, die grob nach Primarstufe, Sekundarstufe I und Sekundarstufe II gebildet sind, unterrichtet werden. Das Ganze ist schließlich ein Provisorium angesichts einer Ausnahmesituation. Die Zeit in Deutschland soll so gut, wie es eben geht, überbrückt werden.
Hinzu kommt, dass ukrainische Schüler eigenständiger lernen als deutsche Schüler und per Internet immer noch aus der Ukraine betreut werden. In Verbindung mit dem Einsatz von ukrainischen Lehrerinnen aus der Schar der Flüchtlinge kann es uns gelingen, die Zeit bis zur Rückkehr in die Heimat zu überbrücken und die Kinder bestmöglich auf die Rückkehr vorzubereiten. - So kann es funktionieren. So werden die Interessen aller Beteiligten gewahrt.
Wir fordern von der Regierung deshalb: Hören Sie endlich auf, Ihre irrigen Vorstellungen durchsetzen zu wollen! Setzen Sie eins zu seins das um, was die ukrainische Generalkonsulin gefordert hat!
Es ist traurig, dass es eine ukrainische Diplomatin braucht, um Ihnen den Kopf zu waschen, um Ihnen zu sagen, was normal ist. Nutzen Sie das jetzt wenigstens als Chance, einmal einfach das zu tun, was Ihnen ansonsten immer zuwider ist, nämlich das umzusetzen, was der gesunde Menschenverstand gebietet, was normal und was richtig ist.
(Beifall bei der AfD)
Die besondere Ironie an der ganzen Sache ist ja gestatten Sie mir abschließend noch diese Bemerkung , dass Sie damals, 2017, als die AfD Sonderklassen für syrische Flüchtlingskinder gefordert hat, das Konzept der Sonderklassen brüsk zurückgewiesen haben. Nun aber, bei ukrainischen Flüchtlingskindern, setzen Sie es zwar nur widerwillig und ungenügend um, aber immerhin greifen Sie es auf und tun es nicht von vornherein als völlig indiskutabel ab. Dabei würden sich ukrainische Flüchtlinge eher als syrische Flüchtlinge in unser Schulwesen integrieren lassen.
Das Ganze entbehrt also nicht einer gewissen Ironie. Die Sonderklassen bei den ukrainischen Flüchtlingskindern jetzt sind gut und sinnvoll. Viel eher noch als bei den Ukrainern jetzt, hätten wir bei den Syrern aber Sonderklassen gebraucht. Bei den Syrern haben Sie auf ganzer Linie versagt. Seien Sie also so gut und setzen Sie dieses Konzept jetzt wenigstens bei den Ukrainern um. - Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)