Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zielstellung des vorliegenden Antrags, ukrainische Flüchtlingskinder auf die Rückkehr vorzubereiten, greift aus meiner Sicht sehr sehr kurz. Im Vordergrund stehen jetzt das individuelle Wohl und die besonderen Bedarfslagen der aus der Ukraine geflüchteten Kinder und Jugendlichen.

Dazu zählt auch, dass allen Kindern und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter ein qualifiziertes schulisches Angebot unterbreitet wird, das ein Sprachlernangebot und die Möglichkeit - ich betone: die Möglichkeit - zur Integration einschließt.

Mit den von uns geplanten Ankunftsklassen soll ein flexibles und bedarfsgerecht justierbares Einstiegsangebot geschaffen werden. Und das haben wir nicht zähneknirschend gemacht, sondern wir haben uns sehr wohl darüber auch Gedanken gemacht und das auch sehr intensiv diskutiert.

Durch die räumliche und organisatorische Anbindung an eine Schule wird den Kindern ein Ankommen in einem Schulalltag ermöglicht, der zwar fremd ist, jedoch vertraute Anteile enthält und somit eine Regelmäßigkeit bietet, welche ihnen durch die Flucht an vielen Punkten ihres Alltags genommen wurde.

Der Lernort Schule stellt somit nicht nur einen Schutzraum für diese zum Teil traumatisierten Kinder dar, sondern bietet die Möglichkeit, mit den Kindern der jeweiligen Schule in Kontakt zu kommen, gegebenenfalls gemeinsame Unterrichtsangebote und schulische Aktivitäten wahrzunehmen. Bei einem gleichzeitigen Angebot zum Erlernen der deutschen Sprache kann somit auch eine Integration in das Regelsystem sensibel eingeleitet werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jedes schulpflichtige Kind, das in Deutschland gemeldet ist, hat das Recht auf Schulbildung. Und es hat unabhängig von seiner Herkunft, so wie jedes andere Kind in Deutschland, das Recht auf Gleichbehandlung und darauf, gemäß seiner Fähigkeiten, gefördert zu werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Ukrainische Kinder haben selbstverständlich das gleiche Recht auf Schulbidung und auch auf Integration in das schulische Leben.

Ob die Kinder und ihre Sorgeberechtigten sich für eine Aufnahme in einer der Ankunftsklassen oder eine begleitende Sprachförderung bei einer Aufnahme in eine Regelklasse entscheiden - und jetzt hören Sie bitte genau hin, Herr Tillschneider -, ist ihr individuelles und nach der demokratischen Grundordnung nicht abzusprechendes Recht.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Anknüpfend an die bisherige Schullaufbahn wird mit dem Angebot von herkunftssprachigem Unterricht und einem intensiven Sprachlernangebot zielgerichtet die Integration in Regelklassen vorbereitet, unterstützt und begleitet.

Die Standorte der Ankunftsklassen sollen auch als Kompetenzzentrum in den Regionen fungieren und auch miteinander vernetzt werden. Und dieses Konzept unterscheidet sich nun einmal eindeutig von den von Ihnen geforderten Sonderklassen, die schon rein durch die gewählte Bezeichnung einen ausgrenzenden Charakter haben.

(Zustimmung bei der CDU, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Auf der 377. Kultusministerkonferenz am 10. und 11. März in Lübeck, bei der auch die ukrainische Generalkonsulin Iryna Tybinka die von Ihnen zitierte Rede hielt, haben sich die Kultusministerinnen und -minister auf die Lübecker Erklärung zum Krieg in der Ukraine und zu seinen Auswirkungen verständigt.

Entsprechend dieser Lübecker Erklärung ist es unser Ziel, den geflüchteten Schülerinnen und Schülern einen sicheren Aufenthalt zu gewähren, ihnen bei der Bewältigung der traumatischen Kriegserfahrung seelisch beizustehen und eben auch die Beschulung zu gewährleisten.

Die historische Erfahrung hat gezeigt, dass Kriege in ihrer Dauer und ihren Auswirkungen unberechenbar sind. Wir sind daher sehr gut beraten, dieses Wissen in unsere Konzepte aufzunehmen und die Integration der ukrainischen Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen.

Niemand von uns kann voraussagen, wann dieser Krieg enden wird. Doch wir können mit Sicherheit sagen, dass die sprachlichen und interkulturellen Erfahrungen, welche die ukrainischen Schülerinnen und Schüler in unseren Schulen, und egal, ob in Ankunfts- oder in Regelklassen sammeln, ein gesellschaftlicher Zugewinn sein werden. Denn bei einem zukünftigen Wiederaufbau der Ukraine werden wir kulturelle und sprachliche Brückenbauer zwischen Deutschland und der Ukraine dringend, und zwar sehr dringend, benötigen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD. bei der FDP und bei den GRÜNEN)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Herr Tillschneider, bitte.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD): 

Frau Ministerin, Sie haben jetzt betont, dass die Entscheidung, ob ein ukrainischer Schüler oder eine ukrainische Schülerin in die Ankunftsklassen kommt oder direkt in den Regelunterricht, den Eltern obliege.


Eva Feußner (Ministerin für Bildung):

Ja.



Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD): 

Sie prüfen also nicht nach, wie gut die Deutschkenntnisse sind. Sie prüfen nicht nach, ob dieses Kind dem Regelunterricht auch folgen kann, sondern Sie sagen einfach, ihr entscheidet das. Dann kann es auch sein, dass z. B. Kinder, die kaum oder nur ungenügend deutsch können, bei uns den Regelunterricht aufhalten.


Eva Feußner (Ministerin für Bildung):

Also, die Schülerinnen und Schüler, die jetzt nicht in den Ankunftsklassen unterrichtet werden wollen, sondern in den Regelklassen, melden sich in den Schulen, führen dort Gespräche vor Ort. Wenn es Sprachbarrieren bezüglich der deutschen Sprache gibt, gibt es auch Instrumente, dass sie entsprechend begleitet werden.

Wir haben 150 Stellen für DaZ-Lehrer ausgeschrieben. Wir haben auch schon DaZ-Lehrer an unseren Schulen. Aber zur Unterstützung haben wir noch zusätzlich 150 Stellen für DaZ-Lehrer im Landesschulamt ausgeschrieben, die dann diese Hilfen zur Verfügung stellen, um die Sprachbarrieren abbauen zu können. Dabei unterstützen wir die Ankunftsklassen genau so wie die Regelklassen.