Guido Heuer (CDU):

Danke, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Der 20. Dezember 2024 ist ein schwarzer Tag für die Landeshauptstadt Magdeburg und das ganze Land Sachsen-Anhalt gewesen. Der Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt ist eine schreckliche Tragödie und wird uns nicht nur politisch, sondern auch emotional noch lange beschäftigen. 

Wir alle kennen diesen Weihnachtsmarkt. Viele von uns werden selbst schon einmal durch die Budengassen gegangen sein, in denen sechs Menschen gestorben und fast 300 Personen verletzt worden sind. Wahrscheinlich kennen wir alle jemanden, der die Geschehnisse miterlebt hat oder der selbst betroffen ist. Es ist unfassbar nah. Darum geht es uns allen sehr nah. 

Deshalb war dieses Weihnachten nicht wie jedes andere - nicht für die Betroffenen, nicht für uns und schon gar nicht für die Familien, die einen geliebten Menschen verloren haben. Am 20. Dezember änderte sich ihr Leben auf schrecklichste Weise. Glühweinduft und Kinderlachen wichen einem Albtraum. 

Jetzt ist die Unterstützung der Betroffenen das wichtigste Thema. Wir dürfen die Opfer dieser Tat nicht allein lassen. 

(Beifall bei der CDU, bei der Linken und bei der SPD - Zustimmung bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Es ist daher richtig, dass neben den Geldern aus dem Landesopferhilfefonds auch die entsprechenden Bundesmittel aktiviert werden. Ich danke dem Justizministerium dafür, dass es schnelle und unbürokratische Hilfe zugesichert hat. Die Betroffene müssen niederschwellig über alle zur Verfügung stehenden Hilfsangebote informiert werden. Die Gelder sollen den Opfern zügig zugutekommen. 

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Ich bin auch den Polizisten und den Rettungskräften für ihren Einsatz in der Tatnacht außerordentlich dankbar. Mit ihrer Arbeit haben sie unter schwierigsten Bedingungen Menschenleben gerettet. Dafür gebührt den Einsatzkräften unser Respekt und unsere Anerkennung. 

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Unser Dank gilt auch unserem Ministerpräsidenten Dr. Reiner Haseloff, der sich noch in der Tatnacht ein Bild von der Lage gemacht hat. Mit Ihren Worten haben Sie den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes Trost gespendet und Hoffnung gegeben. Bei der Bewältigung eines der schlimmsten Vorfälle seit Gründung des Landes beweisen Sie erneut Führungsstärke. Sie haben hier und heute deutlich gemacht, dass die Landesregierung die parlamentarische Aufklärung der Geschehnisse vollumfänglich unterstützt. 

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Das ist ein ganz wichtiges Signal. Es ist notwendig, die Fehler im Umgang mit Taleb A. zu identifizieren, um daraus Rückschlüsse zur Verhinderung künftiger Taten ziehen zu können. Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes haben berechtigte Fragen. Den Betroffenen sind wir Antworten schuldig. Genau deshalb werbe ich ausdrücklich für diesen Untersuchungsausschuss und bitte alle Fraktionen um Zustimmung zu dem Antrag der Koalition. 

(Zustimmung von Frank Bommersbach, CDU)

Der Anschlag hat unser Land tief erschüttert. Wir dürfen nicht zulassen, dass diese schreckliche Tat parteipolitisch vereinnahmt wird. 

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die regierungstragenden Fraktionen bekennen sich klar zu einer parlamentarischen Aufklärung ohne Tabus. Es geht dabei auch um die Klärung der Verantwortlichkeiten. Wir alle stellen uns die Frage: Wie konnte das Unvorstellbare geschehen? Bei der Aufarbeitung wollen wir nicht nur das Sicherheitskonzept und die Behörden, sondern selbstverständlich auch den Täter selbst unter die Lupe nehmen. 

Deshalb haben wir folgende Untersuchungsgegenstände formuliert: Es muss geklärt werden, inwiefern das Sicherheits- und das Einsatzkonzept und deren praktische Umsetzung die Tat ermöglicht oder begünstigt haben. Wie uns die vergangenen Jahre zeigen, sind Anschläge auf Weihnachtsmärkte und auf Großveranstaltungen leider relevante Bedrohungsszenarien in Deutschland geworden. 

(Zuruf von Ulrich Siegmund, AfD) 

Wir wollen nachvollziehen, inwieweit die Konzepte an Taten wie die in Berlin oder in Solingen angepasst wurden. Außerdem stellt sich die Frage, wie die Behörden vor und nach dem Anschlag agiert und kommuniziert haben. Ich sage ganz deutlich: Dabei sollen nicht zuallererst Einzelpersonen an den Pranger gestellt werden. Uns geht es um konkrete Erkenntnisse, wie Befugnisse und Strukturen verbessert werden können. Wir wollen mehr Sicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. 

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Anhand bisheriger Erkenntnisse wird eines klar: Solange Datenschutz den Täterschutz begünstigt, wird es diese Sicherheit nicht geben. 

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Dr. Falko Grube, SPD)

Die Informationslage zu Taleb A. war im Grunde genommen eindeutig. Es muss dringend aufgeklärt werden, wieso die Erkenntnisse der verschiedenen Landes- und Bundesbehörden nicht zu der Annahme führten, dass er eine schwere Straftat begehen wird. Sollte sich bestätigen, dass ein mangelhafter Datenaustausch den Täter praktisch gedeckt hat, müssen der Bund und die Länder diesen Fehler umgehend korrigieren. 

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Wenn wir über Taleb A. sprechen, dann müssen wir auch über seinen Beruf reden. Deshalb wird dieser Untersuchungsausschuss auch herausarbeiten, ob Erkenntnisse und wem Erkenntnisse zur fachlichen und zur persönlichen Eignung des Täters für seine Tätigkeit als Arzt im Maßregelvollzug vorlagen und insbesondere, ob die Salus gGmbH ihren entsprechenden Prüfpflichten nachgekommen ist. Ich bin der festen Überzeugung, dass im Maßregelvollzug die gleichen Standards angesetzt werden müssen wie im klassischen Strafvollzug. 

(Beifall bei der CDU und bei der Linken)

Schließlich stellt sich natürlich die Frage, wie die technischen Sicherheitseinrichtungen am Tatfahrzeug überwunden werden konnten. Es wird zu klären sein, wieso weder der Bremsassistent noch der Airbag ausgelöst wurden. Gerade der letzte Punkt macht deutlich, wie umfassend der Auftrag für diesen Untersuchungsausschuss formuliert ist. Die Koalitionsfraktionen wollen klären, was geklärt werden muss. Sicherlich werden die Ermittlungen noch weitere Erkenntnisse hervorbringen, die den Untersuchungsgegenstand erweitern könnten. Darüber werden wir uns zu gegebener Zeit unterhalten. 

Bei der Aufarbeitung im Landtag muss klar sein, dass das Parlament nicht die Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft ersetzen kann. Dieser Untersuchungsausschuss wird die Arbeit der Behörden nicht behindern. Die Gewaltenteilung gebietet an dieser Stelle eines: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Bis zum Ende der Legislaturperiode wird alles auf den Tisch kommen. Wir wollen die Ermittler aber nicht in die Öffentlichkeit zerren oder politischen Druck auf sie ausüben. Wir wollen kein Polittheater, sondern eine konsequente parlamentarische Aufarbeitung - anhand von Fakten und anhand von Ermittlungsergebnissen. 

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD und bei der FDP)

Es ist trotzdem richtig, diesen Untersuchungsausschuss   j e t z t   einzusetzen,   j e t z t   diese klare Botschaft zu senden. Deshalb bitte ich das Hohe Haus um Zustimmung. - Vielen Dank. 

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Danke. - Bevor wir in die Debatte der Fraktionen einsteigen, will ich noch kundgeben, dass mit Schreiben vom 19. Dezember 2024 die Fraktion der AfD dem Präsidenten des Landtags mitgeteilt hat, dass der Abg. Daniel Roi mit sofortiger Wirkung aus der Fraktion ausgeschlossen ist. Der Abg. Roi wird deswegen als fraktionsloser Sprecher hier heute an der Debatte teilnehmen. 

Ich werde jetzt einmal insgesamt vorlesen, wie die Debatte aussieht. Es sprechen für die AfD Herr Büttner, für die SPD Frau Pähle und Herr Grube, für Die Linke Frau von Angern, für die FDP Herr Kosmehl und Herr Silbersack, für die GRÜNEN Frau Lüddemann, als fraktionslose Abgeordnete Frau Quade, als fraktionsloser Abgeordneter Herr Roi und dann für die CDU noch einmal abschließend Herr Heuer.