Dr. Andreas Schmidt (SPD): 

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Scharfenort hat sich auf seinen Denkfehler schon selbst hingewiesen. Der Staatsminister hat das jetzt noch einmal mit der Autorität der finanzministeriellen Äußerung getan und auf die Autorität des GBD verwiesen, der sagt, dass das, was Sie sich vorstellen, schlicht rechtswidrig ist.

(Zuruf von Guido Heuer, CDU)

Jetzt stellt sich die Frage, ob es trotzdem notwendig ist, irgendetwas zu machen. Herr Scharfenort, an dieser Stelle ist das In-die-Welt-Setzen von lauter wilden Behauptungen keine Hilfe für irgendjemanden. Es gibt keine prüfungsfreien Räume, auch nicht bei Sozialverbänden.

(Lachen bei der AfD)

Die Sozialagentur prüft.

(Stefan Ruland, CDU: Und bewilligt vorher!)

  Und bewilligt vorher. In allen Bereichen, bspw. Bau und Kultur, ist die fördermittelbewilligende Behörde, in ganz vielen Fällen inzwischen die Investitionsbank, auch die Behörde, die die Verwendungsnachweise prüft. Das finden wir an keiner Stelle merkwürdig oder komisch. Es gibt keinen prüfungsfreien Raum.

Für das Thema Bundesmittel und deren Verfolgung ist der Bundesrechnungshof zuständig und nicht der Landesrechnungshof. Darauf ist hingewiesen worden. Der Landesrechnungshof hat die Möglichkeit, mit der Sozialagentur in der Eingliederungshilfe zu prüfen. Das findet der Präsident des Landesrechnungshofs nicht so gut. Er würde es lieber allein machen; kann er aber jeweils tun.

Herr Scharfenort, Sie machen einen riesigen Denkfehler. Der Landesrechnungshof ist nicht das Rechnungsprüfungsamt des Landes. Er prüft nicht alle Rechnungen des Landes. Er prüft stichprobenartig.

(Zuruf von der AfD)

Er prüft übrigens auch nicht, um Skandale aufzudecken. Er prüft, um exemplarisch die Wirtschaftlichkeit und Rechtlichkeit von Mittelverwendung aufzuzeigen, damit es die entsprechenden Behörden und alle anderen, die in ähnlichen Verfahren sind, besser machen können. Er ist kein Rechnungsprüfungsamt und kein Gerichtshof.

Das bedeutet, alles das, was Sie hier vorschlagen, kann im Ziel ganz nützlich sein, aber der Weg ist einfach nicht richtig. Damit wir darüber alle noch recht lange reden und uns dieses Problem gegenseitig verplausibilisieren können, bis es dann irgendwann alle begriffen haben   Sie vielleicht auch eines schönen Tages; der Erziehungsauftrag, den sich die deutsche Sozialdemokratie gegeben hat, ist umfassend   werden wir darüber im Finanzausschuss lange und ausgiebig, vermute ich, diskutieren. - Vielen Dank.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Vielen Dank, Herr Dr. Schmidt. - Es gibt eine Frage von Herrn Kosmehl und eine Zwischenintervention. - Keine Zwischenintervention? - Nein. - Herr Kosmehl, bitte.


Guido Kosmehl (FDP): 

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Geschätzter Kollege Schmidt, erstens glaube ich an die Wirksamkeit der Deutschlandkoalition, dass man etwas in den Ausschuss gibt, um es zu lösen.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU - Hendrik Lange, Die Linke: Das überrascht!)

Das mag manchmal ein bisschen länger dauern.

Sie haben dargestellt, es gebe keinen prüfungsfreien Raum, weil derjenige, der Fördermittel ausgibt, dann auch eine Verwendungsnachweisprüfung macht. Nun haben wir aus den Erkenntnissen der Prüfung von Landesrechnungshöfen in ganz verschiedenen Bundesländern zu den Sozialpartnern festgestellt, dass insbesondere die Frage von mehreren geschichteten GmbHs, von Tochter-GmbHs und sonstigen Gründungen, Ausgründungen nichts mit dem Förderantrag und der Prüfung, ob die Fördermittel richtig verwendet werden, zu tun hat. Vielmehr geht es um die Frage, ob die Struktur geeignet ist, diese Aufgabe vertrauensvoll für das Land wahrzunehmen.

Insofern sehe ich an dieser Stelle schon einen gewissen prüfungsfreien Raum. Oder würden Sie sagen, solange die Ausreichung von Fördermitteln und der Verwendungsnachweis für die Fördermittel vorhanden sind, ist es uns egal, wie die Gesellschaften sich organisieren, welche Subunternehmen sie gründen und wie sie ihre Geschäftsführer und Ähnliches ausstatten? Das soll uns nichts angehen?

Das könnte doch ein unabhängiger Landesrechnungshof stichprobenartig prüfen und auch feststellen, welche Verbände gut arbeiten, strukturell gut arbeiten und welche vielleicht noch Nachholbedarf haben, um es abzustellen.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Herr Dr. Schmidt. 


Dr. Andreas Schmidt (SPD): 

Lieber Kollege Kosmehl, das Land gibt in Vertretung der Kommunen, die eigentlich zuständig sind, die Bescheide und das Geld für die Eingliederungshilfe aus; das ist Bundesgeld. Das Land ist an dieser Stelle Dienstleister für die Kommunen, die im Übrigen gefragt werden müssten, ob sie das auch wollen.

Die Frage, wie die Leistung sinnvoll, wirtschaftlich, rechtlich korrekt und in wie vielen Verschachtelungen erbracht werden kann, wendet sich an das SGB IX und an das SGB XII. Wir schreiben das nicht mit einem Landesgesetz vor, sondern wir führen ein Bundesgesetz aus, und zwar als Behörde vor Ort im Ersatz der wirklichen Behörde vor Ort, nämlich der Kommune.

Wenn an dieser Stelle Prüfungsbedarf vorhanden wäre, dann wäre das einer, den der Bundesrechnungshof hätte und bei dem er sogar, weil es nämlich egal wäre, ob das in Hessen oder in Sachsen-Anhalt stattfindet, Präzedenzfälle schaffen könnte, aus denen wir alle lernen, auch die Sozialagentur quasi als Geschäftsbesorger, eben auch lernen könnten, in welchen Fällen sie keinen Bescheid mehr ausstellt, weil die Konstruktion falsch ist.

Das ist kein prüfungsfreier Raum. Das ist geregelt. Ich habe noch nicht gelesen, dass der Bundesrechnungshof bei der Eingliederungshilfe zu großen bundesweiten Aktionen aufgebrochen ist, obwohl ich zugeben muss, dass das Vorgehen der einen oder andere Einrichtung der Lebenshilfe in Sachsen-Anhalt

(Alexander Räuscher, CDU: Welcher denn?)

im Bereich der Eingliederungshilfe schon Fragezeichen in meinem Kopf erzeugt, bspw. wenn ich sehe, welche Rücklagen dort entstehen und was dort gebaut wird, ohne dass jemand um Erlaubnis gefragt hat. Das will ich gerne zugeben. Deswegen bestreite ich gar nicht, dass man darauf achten muss, dass alles in Ordnung ist und geprüft wird. Ich weise nur darauf hin, dass der Landesrechnungshof nicht die richtige Behörde ist, der das zuzuweisen ist.