Andreas Silbersack (FDP): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin und wir als FDP-Fraktion sind dem Ministerpräsidenten ausdrücklich dankbar für diese Regierungserklärung. Er hat im staatspolitischen Verantwortungsrahmen das ausgesprochen, was wichtig war. 

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, von Sandra Hietel-Heuer, CDU, und von Guido Kosmehl, FDP) 

Er hat der Opfer gedacht und den Dank ausgesprochen gegenüber jenen, die geholfen haben. 

Ich bin dankbar dafür, dass wir als Koalition diesen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einsetzen. Heute ist der Tag der staatspolitischen Verantwortung. Die AfD nutzt diesen Tag zur Inszenierung, zur Orchestrierung, um die politische Auseinandersetzung voranzutreiben und die Gesellschaft zu spalten. Das ist nicht der Tag dafür, meine Damen und Herren. 

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Darum fliegt die FDP raus und wir werden immer stärker!)

- Herr Büttner, Sie 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ja, ich!)

haben im Grunde genommen     Man konnte es an Ihrem Kopf ablesen, wie Sie orchestriert haben, dass Sie am Ende Ihrer Rede einen Rücktritt fordern wollen. Sie haben kein Wort des Dankes gefunden 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Wofür denn?)

für die vielen Helferinnen und Helfer. 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Doch, klar! - Daniel Rausch, AfD: Das haben wir schon auf dem Domplatz gemacht!)

Sie haben kein Wort der Trauer für die vielen Opfer gefunden. Sie haben sich demaskiert. Sie haben gezeigt, wessen Geistes Kind Sie sind. 

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und bei der SPD)

Genau das ist Ihr Problem und das Problem der AfD. 

Es ist gerade einen Monat her, dass wir uns nach der letzten Plenarsitzung im Dezember 2024 in die Weihnachtszeit verabschiedet haben, mit gegenseitigen Wünschen für ein schönes Fest. Und doch ist es, als wäre das in einer ganz anderen Zeit gewesen. Der Anschlag vom 20. Dezember 2024 auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg hat uns alle betroffen gemacht und hat die friedliche Weihnachtszeit für uns, vor allem aber für die Betroffenen jäh zerstört. 

Unsere Gedanken sind bei den Familien und Freunden der Todesopfer und bei den vielen Verletzten und Betroffenen dieses entsetzlichen, feigen Anschlags. Wir denken an die Verletzten und wünschen Ihnen, dass es Ihnen gelingt, mit diesem Ereignis zurechtzukommen und wieder in ein normales Leben zurückzufinden. Den schrecklichen Anschlag zu vergessen, das wird wohl niemandem gelingen, aber wir hoffen, dass sie einen Weg finden, irgendwie damit leben zu können. 

Wir möchten denjenigen danken, die in den Stunden und Tagen nach dem Anschlag unermüdlich im Einsatz waren und sind. Unser tief empfundener Dank gilt den Einsatzkräften, die schnell und entschlossen gehandelt haben, um weitere Gefahren abzuwenden. Wir danken den Ersthelfern, die vor Ort waren und den Verletzten sofortige Hilfe geleistet haben. Ihr Mut und ihre Professionalität sind ein Vorbild für uns alle. 

Ein besonderer Dank gilt auch den Notfallseelsorgern, die den Betroffenen in dieser schweren Zeit beistehen. Ihre Arbeit ist von unschätzbarem Wert, und wir wissen, dass sie auch jetzt noch unermüdlich im Einsatz sind, um den Menschen Trost und Unterstützung zu bieten. Ihre einfühlsame Präsenz gibt den Betroffenen Hoffnung und Zuversicht. 

Oberste Priorität müssen jetzt die Betreuung und die Hilfeleistungen für die Opfer und die Betroffenen des Attentats vom 20. Dezember haben. Ich bin sehr dankbar dafür, dass der Bundesopferbeauftragte Roland Weber und unsere Landesopferbeauftragte Gabriele Theren sich darum bemühen, dass die Betroffenen des Anschlags schnellstmöglich und unbürokratisch Hilfeleistungen erhalten. 

Aber machen wir uns nichts vor: Es wird nicht mit finanzieller Unterstützung getan sein, sondern es geht auch darum, Hilfsmöglichkeiten zu schaffen, die helfen, das Erlebte zu verarbeiten. Niemand von den Betroffenen wird einfach zur Tagesordnung übergehen können. Es ist unsere Pflicht, sie bei der Verarbeitung bestmöglich zu unterstützen. Um sich über die Hilfsmöglichkeiten zu unterhalten und diese in Gang zu setzen, haben mittlerweile schon zwei Runder-Tisch-Gespräche stattgefunden, unter Beteiligung des Bundesopferbeauftragten und der Opferbeauftragten des Landes Sachsen-Anhalt sowie des Justizministeriums Sachsen-Anhalt. 

Sowohl der Opferhilfefonds des Bundes als auch der Opferhilfefonds des Landes Sachsen-Anhalt müssen aufgrund der Anzahl der Opfer des Anschlags in den kommenden Haushalten aufgestockt werden. Dies werden wir in Sachsen-Anhalt tun und auch auf der Bundesebene wird eine Aufstockung des Opferhilfefonds erfolgen, meine Damen und Herren. 

Sollten Sie von dem Anschlag betroffen sein, dann melden Sie sich bitte bei dem Bundesopferbeauftragten, damit wir Sie bei der Verarbeitung des Geschehenen unterstützen können. Wir wollen Sie damit nicht alleinlassen. 

Aber nach dem Anschlag passiert etwas, das wir mit großer Sorge verfolgen: Es kommt in Sachsen-Anhalt und insbesondere hier in Magdeburg vermehrt zu Angriffen auf Menschen mit Migrationshintergrund. Der Anschlag darf nicht zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft führen! Das können wir nicht geschehen lassen! 

(Zustimmung bei der CDU, bei der Linken und bei der SPD)

Wir wollen nach wie vor, dass Menschen, die in ihrer Heimat politisch verfolgt werden, bei uns Schutz finden, sofern sie unseren Schutz verdienen. Dies muss schon mit Blick auf die Zeit des Nationalsozialismus unsere Verpflichtung bleiben. 

Wir müssen aber auch schauen, wer in dieses Land, in unser Land kommt. Menschen, die sich hier illegal aufhalten, Menschen, die über sichere Drittstaaten nach Deutschland einreisen oder eingereist sind oder die offensichtlich Gefährder sind, müssen stärker beobachtet und kontrolliert werden. Wir müssen unseren Menschen Sicherheit geben. Das ist unsere Verantwortung. 

Es muss aber auch klar sein: Wer hier in Deutschland straffällig wird, der verwirkt damit sein Bleiberecht. Diese Menschen müssen das Land wieder verlassen. Bei denjenigen, die unsere Gastfreundschaft missbrauchen, müssen wir von unserem Hausrecht Gebrauch machen und sie abschieben, meine Damen und Herren. 

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt noch zu einem kritischen Punkt, gerade mit Blick auf den Anschlag in Magdeburg. Es lagen von verschiedenen Seiten Hinweise gegen Taleb A. vor. Warum haben wir in Deutschland nichts machen können? Warum war Taleb A. als Psychiater im Maßregelvollzug tätig? Ein Psychopath als Psychiater im Maßregelvollzug des Landes! Hätte man die Tat verhindern können, wenn die Hinweise zu Taleb A. an einem zentralen Punkt gebündelt worden wären? 

Eine vollumfängliche Aufklärung, verbunden mit einem Ziehen der notwendigen Konsequenzen, ist unsere Verpflichtung. Das sind wir den Opfern schuldig. - Herzlichen Dank. Ich übergebe an Herrn Kosmehl. 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Warten Sie ganz kurz, Herr Kosmehl; wir haben die Redezeit angehalten. - Es gibt zwei Fragen, von Herrn Büttner und von Herrn Lieschke. Wollen Sie die beantworten? 


Andreas Silbersack (FDP):

Ja. 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Herr Büttner, Sie haben die Chance, Ihre Frage zu stellen. 


Matthias Büttner (Staßfurt) (AfD): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sie haben mir zwei Vorhalte gemacht. Der erste Vorhalt war, ich hätte mich bei den Helfern und den Einsatzkräften nicht bedankt. Das ist unwahr. Das habe ich nämlich schon auf dem Domplatz gemacht, also schon weit vor Ihnen. 

(Oh! bei der CDU und bei der FDP - Oliver Kirchner, AfD: Ja, so ist das!)

- Ja, oh! So ist das nun einmal. Ihr seid zu langsam. Das ist euer Problem. Ihr schlaft den ganzen Tag. Darum seid ihr da drüben fast raus und ihr hier vorn demnächst auch und wir sind noch stärker.

(Kathrin Tarricone, FDP: Erbärmlich!)

Der zweite Vorhalt, den Sie mir gemacht haben, war, ich hätte meine Rede so orchestriert, dass ich die Innenministerin am Ende zum Rücktritt aufgefordert habe. Ich möchte Sie darüber in Kenntnis setzen, dass ich sie schon längst zum Rücktritt aufgefordert habe, auch vor der Presse. 

Jetzt möchte ich Sie fragen   denn das ist der eigentliche Sinn meiner Wortmeldung  : Was muss denn Ihrer Meinung nach in unserem Land passieren, damit jemand bei so viel Versagen, zurücktreten muss? Allein das, was wir in der Presse gelesen haben, macht klar: Es braucht natürlich eine Untersuchung, um da tiefer zu wühlen. Aber es kann doch nicht sein, dass die Landesregierung sich hier hinter juristischen Ermittlungen und Verfahren versteckt oder hinter irgendwelchen Untersuchungsausschüssen, obwohl doch unlängst das Versagen der Sicherheitsbehörden an vielen, vielen Stellen bekannt sind. Was muss denn passieren, damit hier einmal jemand zurücktritt? Welche Kriterien müssen denn Ihrer Meinung nach erfüllt sein? Das würde mich interessieren. 

(Ministerin Dr. Lydia Hüskens: Zumindest nicht, dass Sie es fordern!)


Andreas Silbersack (FDP):

Es ist relativ einfach: Wenn wir die Demokratie abschaffen, die Diktatur einen Aufgalopp erfährt,

(Nadine Koppehel, AfD: Die haben wir doch schon!)

wie vielleicht durch Sie, dann würde es funktionieren. Ich persönlich glaube    

(Lachen bei der AfD)

- Ja. Dann haben Sie keinen Rechtsstaat mehr. Wenn wir keinen Rechtsstaat mehr haben,

(Nadine Koppehel, AfD: Haben wir doch schon nicht mehr!)

dann können Sie sofort Konsequenzen ziehen. Das ist überhaupt kein Problem. - Wir haben unmittelbar    

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Aber es steht doch alles in der Zeitung! - Margret Wendt, AfD: Ja, steht doch alles in der Zeitung!)

- Jetzt lassen Sie mich einmal reden! - Wir haben unmittelbar nach dem 20.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Die Ministerin hat es doch bestätigt!)

das Thema PUA auf den Weg gebracht. Sie stellen sich hin und sagen, was Sie im Grunde genommen an dem Tag erzählt haben. - Herr Büttner, hören Sie bitte zu!

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ja!)

Heute ist der Tag der staatspolitischen Verantwortung; und dieser werden Sie nicht gerecht.

(Nadine Koppehel, AfD: Sie werden der Verantwortung nicht gerecht! Sie! - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ich bin doch aber kein Regierungsmitglied! Da sitzt die Regierung! Die Regierung ist in der politischen Verantwortung, nicht ich! Ich bin Oppositionspolitiker! Verstehen Sie das doch endlich einmal!)

Mit dieser Frage versuchen Sie nichts anderes, als daraus noch einmal parteipolitisch irgendwelchen Nektar zu ziehen. Das ist widerwärtig.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und bei der SPD - Zurufe von der AfD)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Kommen wir zurück zu unseren Regularien. Wer eine Frage stellt, der muss die Antwort aushalten. Jetzt ist Herr Lieschke dran. - Herr Lieschke, bitte, Sie haben das Wort.


Matthias Lieschke (AfD):

Vielleicht auch eine Frage zum Thema Parteipolitik. Sie haben es nach diesem fürchterlichen Anschlag wieder geschafft zu sagen: Danach gab es Angriffe auf Migranten, aber kein Wort zu diesen Leuten, zu den syrischen oder syrisch stämmigen Personen, die dort, wo der Anschlag stattfand, geklatscht haben. Was passiert mit diesen Leuten? - Es gehört zur Ehrlichkeit dazu, dass Sie sagen: Wir verurteilen das ebenfalls.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das ist doch Quatsch! - Zurufe: Was? - Zuruf: Bodenlose Frechheit! - Zuruf von Tobias Krull, CDU - Zuruf: Mann, Mann, Mann!)

Ich habe kein davon Wort gehört, dass Sie das verurteilt haben. Nichts davon ist gekommen; 

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das stimmt doch gar nicht! Wären Sie einmal am Samstag auf der Straße gewesen! - Zuruf: Wer soll denn da geklatscht haben? - Zuruf: Lamsa hat sich eindeutig bekannt! - Weitere Zurufe)

nur: Die bösen Leute, die Migranten jagen. Aber die Syrer, die bei dieser schlimmen Tat geklatscht haben, die gehören meiner Meinung nach ausgewiesen. Dazu höre ich nichts. - Eine sehr schöne, einseitige Berichterstattung der FDP. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der AfD)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie können antworten.


Andreas Silbersack (FDP):

Wenn Sie richtig zugehört haben, dann werden Sie erkennen: Es geht einfach immer, Herr Lieschke   das gehört einfach dazu  , um die Balance. Es geht um den Dank, natürlich um das Trauen der Opfer und es geht um das Thema Aufarbeitung, die wir sofort auf den Weg gebracht haben.

Aber was eben nicht funktioniert ist das, was immer einseitig von Ihnen kommt: Sie versuchen gnadenlos diese Gesellschaft zu spalten. Das werden wir nicht zulassen, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und bei der SPD - Oliver Kirchner, AfD: Sie spalten die Gesellschaft mit Ihrer Migrationspolitik, nicht wir! - Nadine Koppehel, AfD: Sie spalten! - Daniel Rausch, AfD: Was ist jetzt mit den Syrern? Dazu haben Sie nichts gesagt!)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Kosmehl, Sie haben jetzt die Chance. 

(Zuruf von der AfD: Wegen euch werden wir abgeschlachtet auf dem Weihnachtsmarkt, wegen euch! - Dr. Falko Grube, SPD: Ihr Fanboy, nicht unserer!)