Dr. Katja Pähle (SPD): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich darf heute Morgen meine Kollegin Kathrin Gensecke vertreten. Haben Sie keine Sorge, dass ich mich auch in diesen Bereich noch einmische. Aber ich habe der Diskussion sehr intensiv zugehört, ich bin ihr gefolgt und stelle mit Freuden fest, dass wir uns in der Grundaussage, dass Sprache der Zugang zur Welt ist und dass wir deshalb dafür sorgen müssen, dass Kinder von Anfang an eine gute Sprachförderung erhalten, einig sind.

Danach fangen wir schon an, ein bisschen auseinanderzudividieren. Auf der einen Seite steht ohne Frage das Elternhaus. Die aktuellen Studien, sowohl die Schuleingangsuntersuchungen als auch die weiteren Studien zur Sprachentwicklung und zum Bildungserwerb zeigen uns, dass Eltern anscheinend nicht mehr ihrer vollständigen Verpflichtung, was den Spracherwerb der Kinder betrifft, nachkommen.

Entweder gibt es den Verweis darauf, ihr müsst aber   das werden wir nicht hinkriegen  , oder es stellt sich die Frage, wie man Sprache in Kitas und in den Grundschulen so fördern kann, dass alle Kinder tatsächlich die gleichen Startchancen haben.

Wir sind genau bei diesem Punkt: Was müssen wir im System verändern, damit Kinder gleiche Startchancen haben? Und wir fangen nicht beim Nullpunkt an. Einige Vorredner zeigten sich verwundert darüber, dass das neu aufgesetzte Programm „Bildung elementar“ neue Aspekte noch einmal schärft, wie z. B. den Aspekt der Gesundheit. Früher hätten wir wahrscheinlich einfach gesagt, es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Kinder in der Kindertagesstätte Zähne putzen und dass es gesünder ist, wenn sie Obst und Gemüse anstatt Süßigkeiten essen. Insofern sind nur einfach neue Begriffe für etwas aufgenommen worden, was wir als verantwortungsvolle Eltern als selbstverständlich erachten.

Auch Demokratiebildung fängt doch damit an, dass ich nicht einfach immer nur meinen Willen durchsetzen kann und dem anderen die Schippe wegnehmen darf,

(Eva von Angern, Die Linke: Oder auf den Kopf kloppen!)

sondern dass ich mich in Gruppen einbinden lassen muss, damit es beim Spielen gemeinschaftlich funktioniert. Deshalb steckt hinter diesen großen Begriffen, die jetzt neu ins Bildungsprogramm eingeflossen sind, ehrlich gesagt gar nicht so viel Neues.

Und auch die Sprachentwicklung und Sprachförderung in unseren Kindertagesstätten ist nichts Neues.

Der Bildungsausschuss war schon vor einiger Zeit in den Niederlanden und hat erfreut zur Kenntnis genommen, dass dort gerade im vorschulischen Bereich mit den Kindern gereimt und gesungen wird und Gedichte aufgesagt werden. Ganz ehrlich: Meine Kinder haben das im Kindergarten auch getan. Sie kamen nach Hause, konnten Lieder singen, haben gerade im Verlauf der Jahreszeiten und der Festivitäten immer neue Sachen erlebt, haben anfänglich kleine Reime gelernt. Auch das ist Sprachförderung. Das passiert, das passiert jeden Tag, und das ist gut so, weil es gut für die Kinder ist. 

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP)

Die Sozialdemokratie - die Ministerin hat es gesagt - verwehrt sich gar nicht gegen die Einführung eines verbindlichen Sprachtestes. Die Erfahrungen, die manche live und in Farbe bei der Einführung des „Delfin 4“ gemacht haben, und die Gründe, die zu dessen Abschaffung geführt haben, mögen ein bisschen mitprägend sein. Aber: Ja, wir brauchen ein System der standardisierten Sprachfeststellung. Aber wenn wir darüber reden - deshalb ist die Überweisung in den Ausschuss so sinnhaft  , dann müssen wir auch darüber reden, was tatsächlich daraus folgt.

Ich habe gerade gehört: verpflichtende Sprachförderung für die Kinder. Ich habe jetzt parallel einmal ein bisschen nachgeschaut. Ja, es gibt Bundesländer, die das tun - meistens aber nur in Bezug auf die Kinder, die nicht im Kindergarten sind, weil das dort sowieso passiert. Und Überraschung: Es findet in Grundschulen durch Grundschullehrkräfte statt, weil das nämlich den Übergang sichern soll. 

Lassen Sie uns also genau für den Übergang zwischen frühkindlicher Bildung und Grundschule überlegen, welche Methoden wir finden können, was wir besser tun können. Lassen Sie uns bitte nicht außer Acht lassen, was jetzt schon möglich ist. Die Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage in der Drs. 8/4845 zeigt, was z. B. aktuell schon über ein Formblatt zwischen den Einrichtungen der Schuleingangsuntersuchung und den Grundschulen ausgetauscht wird, auch was Fördermöglichkeiten und Förderbedarfe betrifft. Dafür gibt es anscheinend keine Datenschutzhindernisse. 

Von der Warte ist das etwas, auf das wir gemeinsam aufbauen können. Wir müssen dann auch überlegen, wie Sprachförderung - und zwar in den beiden Institutionen gemeinsam - im Sinne des Kindes tatsächlich funktionieren kann. Die Aufgabe des Kindergartens ist es aber nicht, allein ein schulkonformes Kind zu erzeugen.

(Beifall bei der SPD, bei der Linken und bei den GRÜNEN - Zuruf von Matthias Redlich, CDU) 

Es geht darum, es in seiner Persönlichkeitsentwicklung zu stärken, ihm die Welt der Sprache zu eröffnen, um sich auszudrücken, um in dieser Welt klarzukommen. Das gilt insbesondere bei Kindern aus den Elternhäusern, wo das nämlich nicht sowieso mit viel Engagement und sehr viel Elternliebe passiert. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.