Tagesordnungspunkt 26

Beratung

Aufbewahren von Patient*innenakten nach Schließung von Krankenhäusern

Antrag Fraktion Die Linke - Drs. 8/5016


Die Einbringung erfolgt durch Frau Anger von der Fraktion Die Linke. - Sie haben das Wort. Bitte sehr. 


Nicole Anger (Die Linke):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Die meisten von uns haben vermutlich schon einmal medizinische Hilfe in einem Krankenhaus in Anspruch genommen oder nehmen müssen. Haben Sie sich jemals gefragt, was mit Ihrer Gesundheitsakte passiert, wenn dieses Krankenhaus geschlossen wird? - Richtig. Das ist eine mehr als heikle Frage. In Sachsen-Anhalt gibt es dazu nämlich keine Regelung. Das bedeutet, dass der Verbleib Ihrer Akte vom Zufall abhängt. Entweder haben Sie Glück und die Akte ist da oder aber Sie kommen nie wieder an diese Daten. Schlimmer noch: Es gibt auch keine Garantie dafür, dass Ihre sensiblen Informationen nicht in die falschen Hände geraten. Kurzum: Wir wissen nicht, wie im Falle der Schließung eines Krankenhauses, sofern es den Träger nicht mehr gibt, mit der Patientinnenakte umgegangen wird. 

Meine Damen und Herren! Diese Problematik ist Teil eines viel größeren Problems und in der aktuellen Situation umso kritischer zu betrachten. Seit mindestens drei Jahren reden wir hier in Sachsen-Anhalt und auch bundesweit über eine Krankenhausreform. Die aktuelle Situation der Krankenhäuser ist miserabel. Die Kliniken in öffentlicher Hand schreiben rote Zahlen und jene in privater Trägerschaft stoßen unrentable Stationen ab, um ihre Umsätze zu erhalten. Nicht erst seitdem schließen immer wieder Stationen. In anderen Bundesländern kam es in der jüngsten Zeit bereits zu Insolvenzen und Schließungen von ganzen Einrichtungen, jetzt auch in Sachsen-Anhalt. 

Die angekündigte Krankenhausreform von Gesundheitsminister Lauterbach droht, diese Entwicklung weiter zu verschärfen. Sie verfolgt einen Kurs der Zentralisierung, indem sie große Leistungszentren bevorzugt und kleinere regionale Kliniken in ihrer Existenz bedroht. Doch was bedeutet das für uns? - Es bedeutet den Verlust der wohnortnahen Grund- und Notfallversorgung, eine Versorgung, die besonders in ländlichen Regionen unverzichtbar ist. Doch solange an der Reform, wie sie im Raum steht, festgehalten wird, ist davon auszugehen, dass insbesondere kleinere Krankenhäuser zugunsten der Wirtschaftlichkeit der größeren Häuser schließen müssen oder in die Insolvenz gehen. 

Und was passiert in Sachsen-Anhalt? - Bisher erschreckend wenig. Zwar werden die Reform eines Krankenhausgesetzes und die Erstellung eines Krankenhausplanes bis Ende 2026 angekündigt, doch konkrete Schritte bleiben aus. Weder werden Maßnahmen zur Stabilisierung der Krankenhäuser ergriffen, noch wird Vorsorge für den Schutz von Patient*innendaten getroffen. Was die Folgen sind, sehen wir gerade bei „Pfeiffers“ hier in Magdeburg. Aber auch die kommunalen Einrichtungen sind existenzgefährdet. Sie sind akut bedroht, den Zeitpunkt des Krankenhausplanes nicht mehr zu erreichen. Hier wird Verantwortung deutlich und essenziell. 

Davon ausgehend, dass wir alle - naja, vielleicht bis auf die FDP - keine Schließung von Krankenhäusern wollen, muss überlegt werden, was zu tun ist, wenn es doch noch dazu kommt. „Pfeiffers“ macht gerade deutlich, dass wir daran näher sind als weg davon. Zur Verantwortung gehört es daher auch, Szenarien wie die Schließung eines Krankenhauses mitzudenken und dafür klare gesetzliche Regelungen zu schaffen, auch wenn wir nicht wollen, dass es dazu kommt und wir diese benötigen. Aktuell fehlt es an einem Konzept, was mit Patientinnenakten geschieht, wenn die Klinik und ihr Träger Insolvenz anmelden oder schließen. 

Meine Damen und Herren! Es wird sichtbar, dass weder konkrete Planungsschritte gegangen, noch Vorsorge gewährleistet wird. Zur Vorsorge gehört für mich eben auch festzulegen, wie mit diesen Akten von Patientinnen verfahren wird, wenn Einrichtungen schließen müssen; eine Art der Vorsorge, die wir natürlich nicht benötigen wollen. Dennoch heißt verantwortliches Agieren, eben auf solche Fälle vorbereitet zu sein. 

(Beifall bei der Linken)

Aber genau dafür fehlt eine gesetzliche Regelung im Krankenhausgesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Bei der Schließung eines Krankenhauses ist die jeweilige Trägergesellschaft für die Aufbewahrung der Akten verantwortlich. Gibt es diese Trägergesellschaft nicht mehr, ist der Verbleib der Akten ungeklärt. Das Problem ist aber nicht neu. Schon im Jahr 2014, also vor elf Jahren, warnte die Krankenhausgesellschaft vor den datenschutzrechtlichen Lücken bei Klinikschließungen. Denn die datenschutzrechtlichen Bestimmungen in Bezug auf Patientinnenakten auch bei Schließung eines Krankenhauses sind einzuhalten. 

Das ist aber nicht ausreichend. Problematischer wird es bei einem möglichen Insolvenzverfahren. Wenn ein Insolvenzverfahren läuft, können Patient*innen über den Insolvenzverwalter Einsicht in ihre Akte erlangen. Sobald das Insolvenzverfahren jedoch beendet ist oder mangels Masse nicht eröffnet wird, ist aufgrund fehlender Regelung offen, durch wen und unter welchen technisch-organisatorischen Anforderungen Krankenhausakten aufzubewahren und datenschutzkonform zu löschen sind, oder wie Patientinnenrechte zu gewährleisten sind. 

Die Datenschutzkonferenz stellte im Jahr 2024 fest, dass viele Krankenhäuser nicht über Konzepte verfügen, um Patientinnendaten sicher aufzubewahren oder datenschutzkonform zu löschen. Dadurch drohen schwere Verstöße. 

Daten können unbefugten Dritten in die Hände fallen, und betroffene Patient*innen hätten keine Anlaufstelle, um ihre Rechte geltend zu machen. Dabei, meine Damen und Herren, geht es um sehr sensible Gesundheitsdaten, um Daten zu Diagnosen, Behandlungsverläufen und sogar lebenswichtigen Dokumentationen. Bei langwierigen Erkrankungen müssen diese Akten bis zu drei Jahrzehnte aufbewahrt werden. Stellen Sie sich vor, was passiert, wenn diese Informationen verloren gehen oder missbraucht werden. Eine datenschutzkonforme Aufbewahrungspflicht muss gewährleistet werden. 

(Zustimmung bei der Linken)

Meine Damen und Herren! Zusammengefasst heißt dies: Wir müssen zwingend regeln, wie patientinnenbezogene Gesundheitsdaten nach einem Insolvenzverfahren, aber auch bei einer Schließung geschützt sind. Es muss klar sein, wer die Datensätze übernimmt, wie mit den Daten verfahren wird, wo sie gelagert werden und vor allen Dingen auch, wer Zugriff auf diese Akten hat.

Doch momentan steht hier nicht nur der Datenschutz arg infrage, sondern auch die persönliche Situation der Menschen, die ihre Akten benötigen. Es ist nicht zu erklären, wieso dieses Problem noch nicht aufgegriffen wurde. Es muss gehandelt werden, und zwar schnell. 

(Zustimmung bei der Linken)

Aktuell erfahren die Sicherheitslücken der elektronischen Patientenakte zu Recht zunehmende Aufmerksamkeit. So richtig der Fokus auf die Datensicherheit der ePA auch ist, so wichtig muss er auch bei den Papierakten sein. Der Schutz von Patientinnendaten ist und bleibt von Relevanz. 

Apropos ePA - Patient*innen wird es damit ermöglicht, ihre Befunde, Röntgenbilder, Diagnosen, Therapien und mehr auf dieser zu sammeln. Auch dafür benötigt es die Akten aus dem Krankenhaus. Eine Gesamtschau der eigenen Gesundheitsdaten kann nur dann erfolgen, wenn alle Daten zur Verfügung stehen. Deshalb fordern meine Fraktion und ich mit unserem Antrag eine gesetzliche Regelung im Krankenhausgesetz Sachsen-Anhalt, die den Schutz der Patientinnenakten bei Klinikschließungen garantiert, klare Vorgaben für die sichere Aufbewahrung und datenschutzkonforme Löschung der Akten und die Entwicklung eines umfassenden Konzeptes durch die Landesregierung in Zusammenarbeit mit der Krankenhausgesellschaft des Landes und der Datenschutzbeauftragten. So einfach, so gut. - Vielen Dank.