Tagesordnungspunkt 29

Beratung

Vorlesen!

Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/5023

Alternativantrag Fraktionen CDU, SPD und FDP - Drs. 8/5065


Einbringen wird den Antrag Herr Abg. Köhler. - Herr Köhler, bitte schön.

(Zustimmung bei der AfD)


Gordon Köhler (AfD):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Deutschland, aber gerade auch Sachsen-Anhalt, steckt in einer Bildungskrise. Das umfasst selbstverständlich auch den frühkindlichen Bereich. Davon zeugen nicht nur die Ergebnisse der letzten Pisa-Studie, sondern auch Daten etwa von Schuleingangsuntersuchungen oder Leistungserhebungen in den Schulen.

(Unruhe)

Das Problem verdichtet sich. Das Thema kommt mittlerweile auch bei Arbeitgebern an. Denn auch sie beklagen den schlechten Bildungsstand von den angehenden Bewerbern, den Auszubildenden und Schulabgängern. Gerade Grundkenntnisse wie Schreiben, Rechnen, aber auch das Lesen verdeutlichen das Problem.

(Unruhe)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Köhler, einen Augenblick, bitte. - Wir haben in allen Fraktionen die Übereinstimmung erzielt, dass wir den Tagesordnungspunkt 29 noch aufrufen. Er ist mit einer Dauer von 40 Minuten einkalkuliert. Ich denke, diese letzte gute halbe Stunde werden wir noch durchhalten. Dafür brauchen wir aber auch einen entsprechenden Geräuschspiegel. - Herr Köhler, bitte schön.


Gordon Köhler (AfD):

Vielen Dank. - Dieses Problem ist bei den Arbeitgebern im Land angekommen. Nicht ohne Grund moniert auch die „Wirtschaftswoche“, dass der Bildungsnotstand perspektivisch den Mittelstand bedroht. Auch Professoren haben vor einigen Jahren die Lesekompetenz der Studenten bemängelt. Diese Beispiele kann man aufblähen; man findet Dutzende, fast schon 100, sie reichen von Umfragen bis hin zu umfangreichen Studien. Das Bild steht. Wir haben einen massiven Bildungsabfall.

Seit Jahrzehnten ist das bekannt. Seit ebenso langer Zeit wird im besten Fall nichts dagegen getan; häufiger wird am System herumgeschraubt. Von frühkindlicher Bildung bis hin zum Bildungssystem selbst erfolgt eher eine Verschlimmbesserung. Die Folge dieses Versagens ist: Aus dem Land der Dichter und Denker wird das Land der Defizite und Dummköpfe.

Dem gilt es entgegenzuwirken. Wo könnte man damit besser beginnen als ganz am Anfang? So kommen wir vom Grundsätzlichen hin zum ganz Konkreten. Die Grundlagen für eine erfolgreiche Bildung werden bereits in den ersten Lebensjahren vermittelt und geprägt.

Die Förderung vom, aber auch die Forderung nach dem Erwerb, dem Verständnis und dem Umgang mit der Sprache sind ganz wesentlich; sie sind bedeutsam. Deswegen müssen Kinder voller Vorfreude sich ihres Verstandes bemühen. Sie sollen von klein auf Informationen nicht nur aufnehmen, sondern weiterverarbeiten. Sie sollen kreativ sein. Sie sollen mitdenken und mitmachen.

Genau hierfür ist das Vorlesen ein hervorragendes Mittel. Mit dem Vorlesen ist Eltern, aber auch später den Erziehern, ein starkes Werkzeug zur frühkindlichen Bildung selbst an die Hand gegeben. Im Gegensatz etwa zu Videos werden dem kindlichen Geist beim Vorlesen keine fertigen, aufbereiteten Inhalte zum reinen Konsum überlassen.

Nein, die Geschichten müssen im Kopf weiterentwickelt und bildhaft gemacht werden. Sie können und müssen bisweilen mit dem Erzähler interagieren, Fragen stellen, nachdenken, wie es beim Konsum von Videos und multimedialen Medien einfach nicht möglich ist. Was wir zudem nicht vergessen sollten: Die gemeinsam verbrachte Zeit von Vater, Mutter und den Kindern stärkt die Bindung; deswegen ist es gesondert zu betonen.

Die Nützlichkeit und die Vorzüge des Vorlesens sollten eigentlich nicht zur Debatte stehen. Jeder, der sich kurz mit dem Thema auseinandersetzt, sollte das erkennen. Doch die vielen wissenschaftlichen Beiträge und Studien zum Thema machen das Gesamtbild nur noch deutlicher.

Wenngleich die Vorzüge des Lesens jedem klar sein sollten, ja einleuchtend sind, so holt einen dann die Wirklichkeit doch recht schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Gemeint ist der Vorlesemonitor der Stiftung Lesen. Hieraus ist ersichtlich, dass mittlerweile jedem dritten Kind in Deutschland einmal die Woche oder weniger bis gar nicht vorgelesen wird. - Das ist mangelhaft.

Das ist genau die Stelle, an der wir den Hebel ansetzen wollen. Vorab: Wenn man sich den Vorlesemonitor betrachtet, dann ist eine seichte positive Tendenz zu erkennen, wobei hierbei nur das Vor-Corona-Niveau erreicht wurde. Es gibt auch Initiativen und Programme, die das Vorlesen aktiv bewerben und ansprechen, die auf die Vorzüge hinweisen.

Wir als AfD-Fraktion begrüßen das selbstverständlich, wie bspw. das Bundesprogramm „Vorlesetag“ oder „Lesestart 1-2-3“. Das genießt selbstverständlich unser Vertrauen und unsere Unterstützung. Aber ein Ausbau dieser Angebote gerade auf Landesebene ist ein Teilaspekt unseres Antrages. Hierfür möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich werben.

Der weit größere Aspekt dabei ist, das Vorlesen an sich populärer zu machen und aktiv in der Fläche dafür zu werben. Dafür wollen wir eine Kampagne ins Leben rufen, die speziell die Eltern für dieses wichtige Thema sensibilisiert und auch Unterstützung anbietet.

Denn wenn Studien, wie der Vorlesemonitor, eines gezeigt haben, dann, dass es auch eine Art von Prägung gibt, was das Vorlesen angeht. Das heißt, Eltern, denen als Kind nicht vorgelesen wurde, werden auch ihren Kindern später nicht vorlesen. Genau diese Spirale muss man aufbohren, aufbrechen und ihr ein anderes Bild entgegensetzen.

Zudem soll dem Vorlesen ein größeres Gewicht in den Bildungsplänen der Kindertagesstätten und der Grundschulen eingeräumt werden. Auch wenn Defizite zu Hause dadurch nicht ausgeglichen werden können, so kann der Versuch unternommen werden, dem zumindest entgegenzuwirken. Aber damit kann man den Kindern das Vorlesen schmackhaft machen, sodass sie im besten Fall dann auch aktiv danach verlangen.

Durch diese Maßnahme erhoffen wir uns, dass das Vorlesen wieder stärker in die Familien getragen wird, weniger schädliche Bildschirmzeit, mehr Miteinander von Eltern und Kindern und vor allem mehr Zeit beim Lesen. Lassen Sie mich an dieser Stelle kurz einschieben: Die digitale Entwicklung kann unter Umständen auch dazu genutzt werden, dass Eltern schneller oder einfacher zugänglich Kinderbücher an die Hand bekommen und eben den Kindern hieraus vorlesen.

Auf der politischen Ebene wollen wir zudem einen jährlichen Bericht über die Sprachentwicklung und frühkindliche Sprachförderung etablieren. Um Probleme zu lösen, müssen sie eben klar erkannt und auch zielgerichtet adressiert werden.

Wir haben eine Bildungskrise, und das inkludiert natürlich auch den frühkindlichen Bereich im Land, und das bereits seit einigen Jahren. Wir werden sie weder von heute auf morgen lösen können, noch jahrzehntelange Fehler in kurzer Zeit ausräumen können; das gehört zur Wahrheit dazu. Aber als kleiner Baustein nützt eben dieser Antrag.

Deswegen sollten wir versuchen, den Antrag heute abzustimmen oder ihn ggf. in den Ausschuss zu überweisen. Dafür sind wir sehr offen. Deswegen sollten wir die anstehende aktuelle Problemlage nicht weiter verschleppen. Wir sollten das Signal an kommende Generationen geben, dass wir den Grundstein für eine gute frühkindliche Bildung legen wollen. Das Vorlesen gehört in dem Fall dazu. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.