Wulf Gallert (Die Linke): 

Vielleicht nur kurz eine Bemerkung zu meinem Vorredner: Die in Bayern vorgesehene Reaktivierung des Atomkraftwerkes kostet wahrscheinlich mehrere Milliarden Euro. Das ist übrigens die Aussage der bayerischen Landesregierung und nicht irgendeines Ökospinners. 

Ich will kurz noch etwas anderes einwerfen. Ich weiß, was ich zu Hause zurzeit für Strom bezahle. Ich bin Kunde bei den Städtischen Werken Magdeburg. Im letzten Jahr waren es 42 ct/kWh. Ich habe jetzt eine Rechnung über 24,9 ct/kWh bekommen. Man muss einfach wissen, dass die Welt ein bisschen differenzierter ist als das, was man auf dem eigenen Vorhof sieht. Aber ich sehe: Der Redner, der dieses Problem hat, hört gerade nicht zu. Egal.

Vielleicht noch zu dem Vorwurf, das seien Bundesangelegenheiten, das gehe uns hier nichts an. Wenn ich diesen Maßstab an unsere Anträge insgesamt, übrigens auch zur Wirtschaftspolitik, anlege, dann wären die Landtagssitzungen hier sehr schnell zu Ende, übrigens auch die Sitzungen des Wirtschaftsausschusses.

(Anne-Marie Keding, CDU, lacht)

Insofern müsste man tatsächlich überlegen, ob man diese Selbstbeschränkung „wir sagen hier nichts mehr zur Wirtschaft, zur Bundespolitik“ durchhält. Ich schaue dann einmal, wie sich die Dinge in den verschiedenen Fraktionen organisieren. Möglicherweise wird sich das jetzt tatsächlich ändern. Wenn die CDU in die Bundesregierung kommt, dann wird die CDU-Fraktion wahrscheinlich nicht mehr so viel über die Bundesregierung meckern. Schauen wir aber, wie diese sich dann zusammensetzt, wird es wiederum andere geben, die über die Bundesregierung meckern. Ich befürchte, das wird wahrscheinlich nichts. 

Nächster Punkt. Natürlich hat unsere Bundestagsgruppe einen umfangreichen Antrag zur Stromkostenreduzierung eingebracht. 

(Beifall bei der Linken)

Übrigens ist der hier vorliegende Antrag ein Teil davon. Warum das überhaupt nicht mehrheitsfähig sein soll, das kann ich mir, ehrlich gesagt, nicht erklären. Das, was wir vorgeschlagen haben   ich bin ein bisschen enttäuscht, dass das offensichtlich so kompliziert zu verstehen ist  , ist ein Verfahren, das die Bundesregierung bis 2023 angewendet hat. Sie hat die Übertragungsnetzbetreiber mit einer Summe von damals 5,2 Milliarden € subventioniert. Das bedeutet, dass jeder Verbraucher 3 ct/kWh weniger bezahlt. Übertragungsnetzbetreiber heißt nicht Verteilnetzbetreiber; dort gestalten sich die Dinge unterschiedlich. Vielmehr würde das für die gesamte Bundesrepublik gelten. Das fanden damals übrigens alle völlig richtig, und alle fanden es total doof, dass das dann abgeschafft worden ist. 

Wir wollen es wieder einführen. Das ist eine ganz einfache, probate Möglichkeit, um einen kurzfristigen Effekt zu erreichen.

(Beifall bei der Linken)

Nun kann man sagen: Wir würden lieber etwas anderes machen, wir würden lieber die Stromsteuer senken. Dazu sage ich: Okay, wir sind sofort dabei. Stromsteuer zahlt nämlich fast nur noch der Privathaushalt, 

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Ja!)

2,05 ct. Die Wirtschaft bezahlt ja faktisch nichts mehr. Das können wir gern sofort tun. Aber, Entschuldigung bitte, wenn wir das tun   großes Geheimnis  , dann kostet das auch Geld. Das kostet proportional zwei Drittel dessen, was wir an Übertragungsnetzsubventionen hineinstecken wollen. Diejenigen, die gesagt haben, „das könnte man ja mal machen“, haben bisher kein Wort dazu gesagt, wie sie es gegenfinanzieren wollen.

(Beifall bei der Linken)

Dazu würde ich gern einmal einen Vorschlag hören. Wir haben einen Vorschlag zur Gegenfinanzierung vorgelegt. Diejenigen, die den anderen Aspekt eingebracht haben, haben das nicht getan. 

Der Kollege Willingmann geht noch weiter. Er sagte   das ist zwei Wochen alt  : Na ja, wir können auch die Umsatzsteuer auf Strom insgesamt von 19 % auf 7 % reduzieren. Das würde auch insbesondere den Privathaushalten zugutekommen. Ich muss einmal ganz ehrlich sagen: Ich habe nicht durchgerechnet, was das kostet. All das können wir gern tun. Das sind Vorschläge, über die wir durchaus beraten können. 

Es hätte übrigens einen Änderungsantrag zu unserem Antrag geben können, Herr Silbersack. Sie hätten in den Antrag schreiben können: Wir sind dafür, auf der Bundesebene aktiv zu werden, um bspw. die Stromsteuer oder auch die Mehrwertsteuer auf Strom zu reduzieren. Aber sich hier hinzustellen und zu sagen: „das können wir uns alles nicht leisten, aber wir wären dafür“, das ist doch ein Widerspruch in sich. Als wenn das nicht Geld kosten würde, wenn wir die Stromsteuer senken würden. 

Deswegen haben wir gesagt   denn wir sehen das noch als einfachgesetzliche Möglichkeit; das kann man im Bundestag relativ schnell beschließen; dann ist es auch nicht erfasst von der vorläufigen Haushaltsführung  , dass das im Interesse der Menschen ist, weil die davon profitieren. 

Ich sage einmal: Über die Alternative „wir kaufen uns jetzt wieder bei den Amerikanern und den Russen Strom und Gas in ausreichendem Maße zusammen und machen das mit den erneuerbaren Energien einfach nicht mehr“ muss man nicht mehr diskutieren. Das ist im Grunde genommen eine Art Weltanschauung, die besagt: Was interessiert uns das Leben von morgen? Es gibt kein CO2, es gibt keinen Klimawandel, es gibt keinen menschengemachten Einfluss darauf, das ist uns völlig egal. - Eine solche Strategie werden wir nicht mittragen.

(Zustimmung bei der Linken)

Wir kümmern uns auch noch um unsere Kinder und Enkelkinder. - Danke.

(Beifall bei der Linken)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, Herr Gallert. Falls Sie jetzt zu Ihrem Platz zurückgehen wollen, schauen Sie einmal nach vorn: Herr Thomas steht gerade auf; er möchte Ihnen eine Frage stellen.


Wulf Gallert (Die Linke): 

Er hat heute noch gar nichts gesagt, ich war schon überrascht. - Dann mal los. 

(Olaf Meister, GRÜNE, lacht)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Er wird schon noch    


Ulrich Thomas (CDU): 

Herr Kollege Gallert, ich habe auf Ihren Redebeitrag gewartet. Ich wusste, dann muss ich mich doch einmal vom Stuhl erheben. 

Sie haben Ihre Rede mit der Aussage begonnen und dafür geworben, dass Sie bei den Städtischen Werken Magdeburg einen Strompreis von 24 ct/kWh zahlen. Ich denke, das wird der Nettobetrag gewesen sein; ich weiß es aber nicht. Das treibt mich natürlich um, weil ich Vertreter der Stadtwerke Quedlinburg bin. Wir können unseren Kunden diesen Preis leider nicht bieten. Ich möchte gemeinsam mit Ihnen dem falschen Eindruck entgegentreten, dass ein Preis von 24 ct/kWh jetzt das Normale wäre. 


Wulf Gallert (Die Linke): 

Nein.


Ulrich Thomas (CDU): 

Deswegen will ich Ihnen eine Frage stellen. Sind Sie mit mir einer Meinung darin: Wenn jedes Stadtwerk wie die Städtischen Werke Magdeburg einen Energielieferanten wie das Müllheizkraftwerk Rothensee hätte und in erheblicher Größenordnung selbst Strom produzieren könnte, dann wäre auch jedes Stadtwerk in der Lage, diesen Preis zu bieten? - Das geht aber leider nicht. Deswegen sind die Stadtwerke, die auf dem freien Markt einkaufen müssen, nicht in der Lage, den Strom so günstig an ihren Verbraucher weiterzugeben. Denn das ist das Resultat der Energieerzeugung, die wir in Deutschland haben, bzw. der Energieeinkäufe, die wir tätigen müssen, das unsere Kunden bezahlen müssen. 


Wulf Gallert (Die Linke): 

Erstens. Ich kann meine Rechnung lesen: 24,9 ct/kWh ist der Bruttobetrag. Der lag vor einem Jahr bei 42 ct/kWh, und zwar mit Heizkraftwerk.

(Zuruf von Ulrich Thomas, CDU)

Insofern sage ich ausdrücklich: Ich weiß, dass die Situation sehr viel differenzierter ist; ich weiß, dass die Durchschnittspreise, die der Endverbraucher bei uns zahlt, bei mehr als 30 ct/kWh liegen. Ein Bereich zwischen 30 ct/kWh und 35 ct/kWh ist sozusagen der normale Korridor. Bei Neukunden liegt der Preis sogar noch höher. 

(Andreas Schumann, CDU: 44 ct! - Sebastian Striegel, GRÜNE: Sie haben echt einen schlechten Stromversorger! - Zuruf von Lars-Jörn Zimmer, CDU)

Ich sage ausdrücklich: Natürlich haben wir eine Situation, in der Stadtwerke, die sich unterschiedlich aufgestellt haben, unterschiedliche Preise haben. Das hängt übrigens auch mit der Größe der Gemeinde zusammen. Weil ich das weiß und mir im Klaren darüber bin, dass es auch Preise von mehr als 40 ct/kWh gibt, haben wir diesen Antrag hier eingebracht. 

Ich wollte nur darauf hinweisen: Wenn Herr Rausch meint, jemand, der hier sagt, er zahle einen Preis von 27 ct/kWh, der ist ein Lügner, dann stimmt das einfach nicht. Vielmehr kennt Herr Rausch einfach die Preise nicht, unter anderem die, die ich in Magdeburg bezahle. 

Deswegen finde ich, eine solche Diskussion gehört seriös und vernünftig organisiert. Ich habe nicht gesagt, dass das überall so ist. Ich weiß, der Durchschnittsbetrag ist höher. Und weil der Durchschnittsbetrag für den Endverbraucher höher ist, haben wir diesen Antrag gestellt. - Danke.