Franziska Weidinger (Ministerin für Justiz und Verbraucherschutz):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Jugendstraffälligkeit zu verstehen und ihr durch geeignete Maßnahmen und Konzepte entgegenzuwirken, ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung und Querschnittsaufgabe für nahezu alle Bereiche des staatlichen Handelns. Wertvolle Hilfe liefern hierbei die Kriminologie und die Sozialwissenschaften. Deren Erkenntnisse werden von der Landesjustizverwaltung, der gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Praxis daraufhin geprüft, ob sie wertvolle Handlungsempfehlungen und Hinweise für Verbesserungen enthalten. 

So wurden in Sachsen-Anhalt im Jahr 2017 unter anderem sogenannte Intensivtäterrichtlinien erlassen, die sich in der Praxis in Verfahren gegen jugendliche und heranwachsende Mehrfachtatverdächtige auch im Falle von schwerer Kriminalität bewährt haben und zur grundsätzlich gebotenen Beschleunigung führen. Seit deren Einführung intensivierte sich auch die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Staatsanwaltschaften sowie Jugendgerichtshilfe insbesondere in Fällen von jugendlichen und heranwachsenden Mehrfachtatverdächtigen. 

Schon heute wird im Zusammenwirken aller mit Jugenddelinquenz befassten Fachleute aus diversen Blickwinkeln professionell und zügig entschieden, ob etwa ein Untersuchungshaftbefehl notwendig ist oder nicht. Gleichwohl werden in anderen Bundesländern eingeführte und dort bewährte Modellprojekte, wie etwa die Einrichtung von Häusern des Jugendrechts oder das Modell des Jugendvollzugs in freien Formen, unter Einbeziehung der Praxis in meinem Haus regelmäßig dahin gehend geprüft, ob deren Einrichtung in unserem Bundesland sinnvoll und umsetzbar wäre. 

So wird der Vollzug in freien Formen etwa auch hier als Möglichkeit gesehen, die im Jugendstrafvollzug ohnehin bestehenden erzieherisch und präventiv wirkenden Maßnahmen zu erweitern. Dazu wurden die in Baden-Württemberg, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen geformten und langjährig geführten Modellprojekte bereits konkret in den Blick genommen. Die Ausgestaltung des Vollzuges in freien Formen in Sachsen-Anhalt wird aktuell im Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz geprüft. 

Die Vorteile liegen dabei auf der Hand. Eine engere Betreuungsdichte kann straffällig gewordenen Jugendlichen den Schritt in ein straffreies Leben aufzeigen, erleichtern und damit auch im Sinne einer Nachhaltigkeit dem Verhindern weiterer Straftaten dienen. Kriminalprävention ist gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen der beste Weg, um zukünftige Straftaten zu vermeiden. 

Wir reden im Ergebnis aber nicht nur von direkter Prävention, wie bspw. Aufklärungsangeboten über Gefahren von Drogen oder Warnmaßnahmen bei Beginn der Kriminalität wie den Jugendarrest, sondern auch von einem sozialen Umfeld, das junge Menschen von Kriminalität fernhält. 

Die vorliegende Beschlussempfehlung greift diese Ansätze auf und benennt unter dem Leitsatz „Maßnahmen zur Prävention und zur Bekämpfung von Jugenddelinquenz fortführen und weiterentwickeln“ sieben Punkte, die sicherstellen, dass bei Bedarf auf das Land zugeschnittene Überlegungen gemeinsam mit den für Prävention verantwortlichen Ressorts erarbeitet werden können. 

Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie um Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.