Tagesordnungspunkt 19
Beratung
Sicherheitsleistungen für den Rückbau stillgelegter Windkraft- und Solaranlagen ausreichend bemessen und Umweltgefahren durch Windenergieanlagen dokumentieren und ausschließen
Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/4796
Einbringer des Antrags ist Herr Lizureck. Er steht schon am Rednerpult und erhält das Wort. - Bitte.
Frank Otto Lizureck (AfD):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Planung von Windkraftstandorten ist die vertragliche Sicherung möglicher Standorte einer der wichtigsten Grundsteine der Planung. Den Grundstückseigentümern werden oft schon frühzeitig Pachtverträge zur Errichtung von Windkraftanlagen angeboten. Dies geschieht teilweise, bevor die Kommunen oder auch die Genehmigungsbehörden offiziell über die Aktivitäten informiert werden.
Ein wichtiger Bestandteil eines Vertrages zur Errichtung eines Windrades sind die Regelungen zum Rückbau mit dem Ziel, die Kosten, die nach der Vertragslaufzeit für den Rückbau anfallen, dem Pächter und Nutzer der Windkraftanlagen aufzuerlegen. Der vollständige Rückbau und die finanzielle Rücklage sollten zwar Bestandteil der Baugenehmigung sein, doch umfasst die in den jeweiligen Baugenehmigungen enthaltene festgelegte Höhe der Sicherheitsleistung in den meisten Fällen nicht der vollen Höhe der für den Rückbau anfallenden notwendigen finanziellen Aufwendungen. Zur Berechnung werden in den einzelnen Bundesländern die wildesten Formeln aufgestellt, die teilweise durch entsprechende Gerichte infrage gestellt wurden, so geschehen in Niedersachsen sogar durch das Oberverwaltungsgericht Lüneburg.
Ich gebe zu bedenken: Ein Anteil von 88 % der Rückbaukosten fällt allein für den Fundamentabriss an. Pro Fundament fallen mitunter 20 000 m³ stahlbewehrter Beton sowie 260 m³ Boden- und Schotterbewehrungen an. Diese Massen müssen bewegt werden; die Kosten dafür sind astronomisch hoch.
Der Landesrechnungshof Rheinland-Pfalz hat dazu erklärt, dass die in der jeweiligen Baugenehmigung festgelegte Höhe der Sicherheitsleistung in den meisten Fällen nicht den Kosten für den vollständigen Rückbau der Windenergieanlagen und ihrer Nebenanlagen entspricht, obwohl die rechtlichen Vorgaben besagen, dass die Höhe der Sicherheitsleistung den kompletten Rückbau ermöglichen soll. So wurden nach Angaben des Landesrechnungshofes z. B. oft die aufgrund der Inflation in der jahrzehntelangen Standzeit der Windenergieanlage zu erwartenden Kostensteigerungen nicht beachtet. Zusammenfassend führt der Landesrechnungshof Rheinland-Pfalz in seinem Bericht aus, dass in keiner der zehn geprüften Kreisverwaltungen die von der Rechtsprechung zur Bemessung der Höhe der Sicherheitsleistung entwickelten Grundsätze ausreichend berücksichtigt wurden und die Sicherheitsleistungen daher bislang regelmäßig zu niedrig angesetzt wurden sowie die in den Baugenehmigungen für Windräder enthaltenen Regelungen zum Rückbau bei Vertragsende die Grundstückseigentümer bislang nur unzureichend absichern.
Daraus ergibt sich folgender Handlungsbedarf: Einer ausreichenden Absicherung in den zwischen den Grundstückseigentümern und den Projektierern abgeschlossenen Pachtverträgen kommt eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Diese beinhaltet den möglichst vollständigen Rückbau der Anlage inklusive aller Bestandteile, wie Fundamente, Leitungen und sonstige Nebenanlagen. Die zu hinterlegende Rückbaubürgschaft muss in ausreichender Höhe ausgestellt sein - das ist ja logisch -, zudem in regelmäßigen Abständen durch unabhängige Sachverständige überprüft und anschließend angepasst werden. Schließlich kann niemand wissen, wie teuer ein Rückbau in 20 oder 30 Jahren tatsächlich sein wird. Dann nämlich drohen Finanzierungslücken; die finanziellen Rückstellungen für den Rückbau könnten also nicht ausreichen, erst recht nicht, wenn noch ein Repowering dazukommt.
Gemäß § 35 Abs. 5 Satz 3 des Baugesetzbuches stellt die Baugenehmigungsbehörde die Einhaltung der Rückbauverpflichtung sicher. Diese Regelung dient dem Zweck, das Risiko zu minimieren, dass die Rückbaukosten der öffentlichen Hand zur Last fallen, weil Betreiber der Windenergieanlage, aus welchen Gründen auch immer, ihrer Rückbaupflicht nicht nachkommen und insoweit auch nicht in Anspruch genommen werden können, bspw. weil sie insolvent sind.
Für Sachsen-Anhalt habe ich lediglich einen Hinweis zur Umsetzung bauplanungs- und baurechtlicher Anforderungen zur Rückbauverpflichtung und zu Sicherheitsleistungen an Windenergieanlagen gefunden, immerhin aus dem Jahr 2004. Darin ist auch eine Aussage zur Höhe der Sicherheitsleistungen enthalten. Hierin heißt es: Als Anhaltspunkt kann von ca. 30 000 MW installierter elektrischer Leistungen ausgegangen werden. Weiter heißt es, dass nach 20 Jahren jeweils für ein Jahr eine Preissteigerung um 1 % hinzugerechnet werden kann. Ich denke, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Die Höhe der Sicherheitsleistungen hat mindestens alle fünf Jahre einer Prüfung zu unterliegen.
Bei der Rückbaubetrachtung von Windenergieanlagen - damit komme ich zu dem umwelttechnischen Aspekt - muss der Fokus auf die daraus resultierenden abfallwirtschaftlichen Herausforderungen gelegt werden. Eines vorweg: Die Landesregierung sollte ermächtigt werden, das Zersägen, Flexen oder anderweitige span- oder stauberzeugende Zerlegen der Rotorblätter von Windkraftanlagen im Freien mit einer Geldstrafe von 50 000 € zu belegen. Denn es handelt sich hierbei um eine gängige Praxis, die gegen alle Arbeitsschutz- und Naturschutzbestimmungen verstößt sowie die Gesundheit des Personals gefährdet. Ein Zerlegen und Zerkleinern der Rotorblätter hat ausschließlich in geschlossenen Gebäuden mit entsprechenden Luftreinigungsfilteranlagen zu erfolgen.
Der Landtag sollte außerdem beschließen, dass der Abtransport der zu entsorgenden Rotorblätter, der Gase, insbesondere des als schlimmstes Treibhausgas bekannten SF 6,
(Olaf Meister, GRÜNE: Treibhausgas?)
sowie aller eingesetzten und als Sondermüll eingestuften Materialien öffentlich einsehbar zu erfolgen hat. Es kann nicht sein, dass Rotorblätter in Nacht- und Nebelaktionen vergraben werden oder ins Ausland zur billigen Entsorgung ohne Fokus auf die Umweltgefahr verbracht werden.
Des Weiteren soll und muss nun endlich gesetzlich festgelegt werden, dass ausnahmslos alle Bestandteile der Anlagen inklusive des vollumfänglichen Fundaments entfernt werden und alle entstandenen Schäden am Grundstück beseitigt werden müssen, sprich der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden muss. Sollte das Grundstück mit umweltschädlichen Stoffen kontaminiert sein, muss eine Verpflichtung zum Abtragen und zur Entsorgung des kontaminierten Materials gelten. Dies geht auch eindeutig aus der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung hervor und ist hier zwingend anzuwenden.
(Zuruf von Kathrin Tarricone, FDP)
Dazu muss der Betreiber der Windenergieanlage verpflichtet werden, nach dem Rückbau der Windenergieanlage die Grundstücksfläche durch ein Bodengutachten auf eventuelle Schäden zu prüfen. Dies hat durch einen öffentlich bestellten, neutralen Sachverständigen zu erfolgen. Die Kosten hierfür trägt der Betreiber bzw. der Rückbauverpflichtete.
Um diese Regelung umzusetzen, müssen alle Beteiligten ins Boot geholt werden. Dazu wollen wir als Lösung folgende Regelung schaffen: Es soll und muss es eine gesetzliche Herstellerverantwortung für alle eingesetzten Materialien und deren Recycelbarkeit beschlossen werden. Diese ergibt sich zwingend aus der erweiterten Herstellerverantwortung und basiert auf dem Prinzip, dass Hersteller und Importeure die Verantwortung für ihre Produkte während des gesamten Lebenszyklus einschließlich der End-of-Life-Phase übernehmen. Dies bedeutet, dass sie nicht nur für die umweltfreundliche Gestaltung und Produktion ihrer Produkte verantwortlich sind, sondern auch für die Sammlung, das Recycling und die Entsorgung der Produkte, wenn sie zu Abfall werden.
(Beifall bei der AfD)
Das Hauptziel ist doch, die Umweltbelastung während des gesamten Lebenszyklus eines Produktes zu minimieren und gleichzeitig die Wiederverwendung, das Recycling und die Verwertung von Produkten und Materialien zu fördern. Diese Richtlinie ist auch als Abfallrahmenrichtlinie bekannt. Sie legt den allgemeinen Rahmen für die Abfallbewirtschaftung und das Recycling in der EU fest und führt das Konzept der erweiterten Herstellerverantwortung in Artikel 8 ein.
Sie verpflichtet die Mitgliedsstaaten, Programme zur Abfallvermeidung zu entwickeln und das Recycling und die Verwertung von Abfällen wie Papier, Metall, Kunststoff und Glas zu fördern. Der Hersteller hat dafür Sorge zu tragen, dass alle eingesetzten Materialien vollumfänglich recycelbar sind. Es ist unverantwortlich, kommende Generationen auf Bergen von Sondermüll sitzen zu lassen.
(Zustimmung bei der AfD - Felix Zietmann, AfD: Richtig!)
Diese Angaben haben Bestandteil eines jedes Bauantrags zu sein, sind Nachweis sowie Grundlage für die Baugenehmigung.
Die dritte Fortschreibung des deutschen Ressourceneffizienzprogramms ProgRess III weist daher auch als Ziel aus, dass der Anlagenrückbau auf der Grundlage eines nachhaltigen und herstellergestützten Rückbau- und Recyclingkonzepts zu erfolgen hat.
Ich beantrage die Überweisung in den Ausschuss für Umwelt, Energie und Wissenschaft und ersatzweise auch in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Verbraucherschutz. - Ich bedanke mich.