Olaf Meister (GRÜNE): 

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Um zur begrifflichen Klarheit beizutragen: Mit den klassischen Freiwilligendiensten, also dem Freiwilligen Sozialen Jahr und dem Freiwilligen Ökologischen Jahr, hat das hier vorgeschlagene Freiwillige Handwerksjahr wenig gemeinsam. Das Freiwillige Handwerksjahr wäre im Grunde so etwas wie ein Rotationspraktikum, so der Vorschlag. Dagegen spricht erst einmal nichts, im Gegenteil, würde ich sogar sagen. Aber sobald wir über Praktika nach dem Schulabschluss sprechen, sollte klar sein: Diese sind natürlich auch jetzt schon möglich. Das ist nicht der Stein der Weisen. Praktika machen geht jederzeit.

(Lothar Waehler, AfD: Nein, das ist nicht möglich!)

Entgegen der Darstellung im Antrag haben sich die beiden Kammern in Sachsen-Anhalt tatsächlich mit der Praktikumsorganisation der Lübecker Kammer noch nicht abschließend beschäftigt - das ist zumindest mein Eindruck  , geschweige denn ein solches Modell gefordert. Soweit ich weiß, sind Gespräche dazu im Herbst beim Treffen der Kammern der Ostbundesländer geplant. Wenn wir hier im Land eine spezielle Praktikumsorganisation wollen, dann sind die Kammern die ersten Ansprechpartner, um ein für uns passendes Modell zu entwickeln.

(Jan Moldenhauer, AfD: Das steht doch im Antrag, Herr Meister!)

Die Impulse und Ideen der Kammern hier im Land anzunehmen, scheint mir angebrachter, als dem Handwerk von uns ein Praktikumskonzept überstülpen zu wollen. Das ist ja so ein bisschen die Idee: Jetzt erklärt die Politik den Handwerkskammern, wie sie es machen sollen.

Besonders bezeichnend fand ich die Nichtfähigkeit des Einbringers Herrn Waehler, auf die Frage von Herrn Kosmehl zu antworten. Ungefähr eine Idee: Was mag das kosten? Was wird überhaupt übernommen? Dazu haben Sie nichts gesagt. Das ist natürlich schwach.

(Lothar Waehler, AfD: Wo sollen wir denn die Zahlen herkriegen?)

Wenn Sie jetzt hier mit dieser Sache hineingehen, müssten Sie auch auf diese Frage eine Antwort finden. Für mich entsteht der Eindruck, dass es einfach der Versuch ist, die Idee der Kammer in Lübeck politisch zu vereinnahmen.

(Zuruf von Lothar Waehler, AfD)

Das ist natürlich für die Idee grundsätzlich nicht hilfreich, sondern tatsächlich müsste man es umgekehrt machen und schauen: Was entwickeln die Kammern da? Brauchen sie tatsächlich Hilfe auf der politischen Seite vom Landesgesetzgeber oder von wem auch immer, und muss man dann handeln?

Mit Blick in die Zukunft werden wir allerdings auch im Handwerk und bei den Auszubildenden den Fach- und Arbeitskräftemangel weiter zu spüren bekommen. Um den Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Magdeburg aus der „Volksstimme“ vom Montag zu zitieren: „Das Handwerk werde für alle Megatrends wie altersgerechtes Bauen oder Klimawende benötigt.“ - Damit hat er recht.

Bei der Nachwuchsgewinnung des Handwerks sollten wir die Berufsorientierung vor allem an den Gymnasien stärken, die Schulabbrecherquote senken und Schulabbrechern den Weg ins Handwerk ebnen, Menschen mit Migrationshintergrund für das Handwerk begeistern und auch Menschen entgegen den üblichen Geschlechterstereotypen für bestimmte Handwerksberufe begeistern, also Frauen für typische Männerberufe und umgekehrt. Das sind Punkte, die das Handwerk tatsächlich weiterbringen würden.

(Oliver Kirchner, AfD: Maurer, Dachdecker!)

Der Alternativantrag feiert, wie schon des Öfteren - immer, wenn wir einen Handwerksantrag haben, kommt genau dieser Alternativantrag  , die Entscheidungen, die im Wesentlichen in der Kenia-Koalition gefallen sind, darauf möchte ich hinweisen.

(Ulrich Thomas, CDU: Das war unser Vorschlag!)

Das ist löblich, aber es ist nicht so richtig die Power dahinter. Wir werden uns bei der Abstimmung darüber der Stimme enthalten. - Danke schön.

(Beifall bei den Grünen - Guido Kosmehl, FDP: Oh!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Meister. - Es gibt eine Kurzintervention von Herrn Lieschke. - Herr Lieschke, bitte.


Matthias Lieschke (AfD): 

Herr Meister, Sie sind auf den Kosten herumgeritten und darauf, dass wir nicht spezifiziert haben, wie viel es kosten wird. Klar ist, dass das Lübeck-Projekt jetzt erst beginnt. Deshalb hat auch Herr Waehler gesagt, wir hätten gern die Überweisung in den Ausschuss, denn dort hätten wir genau diese Dinge klären können. 

Weiterhin sind Sie verwundert, dass der Antrag nicht von der Handwerkskammer kommt, sondern von den Politikern. Vergessen haben Sie dabei, dass Handwerksmeister und Handwerker in unserem Wirtschaftsausschuss tätig sind.

(Dr. Gunnar Schellenberger, CDU: Oh!)

Wir sind qualifiziert genug, um das auch machen zu können.

(Beifall bei der AfD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Meister, wollen Sie darauf reagieren?


Olaf Meister (GRÜNE): 

Ja. - Ich erwarte nicht einen fertigen Gesetzentwurf. Aber es geht um Antworten auf die grundsätzlichen Fragen: Was genau wird eigentlich übernommen? Was sind die Größenordnungen? Was ist in Lübeck? Was ist in Schleswig-Holstein? Was hat der Schleswig-Holsteinische Landtag dazu an Kosten beschlossen? Denn dort läuft das Projekt. Das wären Informationen gewesen, die interessant wären. Wenn man sich ernsthaft damit befasst hätte, wäre das möglich gewesen.

(Jan Moldenhauer, AfD: Das kann man doch in den Ausschuss verweisen! - Zuruf von Lothar Waehler, AfD)

Die Frage, dass einzelne Berufsgruppen in einzelnen Fraktionen vertreten sind, haben wir alle. Dann könnten wir fragen: Was sollen die ganzen Kammern? Wir sind alle ganz schlau und können das jeweils machen. - Es macht doch Sinn, dass die Selbstverwaltung des Handwerks mit einer Idee um die Ecke kommt, diese entwickelt und dann gefragt wird: Hat das aus deren Sicht Sinn? Wenn sie sagen, es habe keinen Sinn, dann, meine ich, müssen wir nicht hinterherlaufen, um ihnen das zu erklären. Und wenn es Sinn hat: Was sind die Maßnahmen, die sie von politischer Seite tatsächlich wollen? Das würde ich von ihnen erwarten, weniger von der AfD-Fraktion. - Danke.

(Jan Moldenhauer, AfD: Herr Meister, finden Sie im Haushalt erst mal eine Deckungsquelle und bringen Sie dann Änderungsanaträge! Fangen Sie mal damit an! Also, das sagen genau die Richtigen! Unfassbar!)