Carsten Borchert (CDU):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal eine kleine Bitte an die GRÜNEN-Fraktion. Nach meinem Wissen haben die Herausgeber des „Dudens“ gerade Ergänzungen des Wortschatzes veröffentlicht und Wörter mit Sternchen sind mir dabei nicht aufgefallen. Unser Bildungsministerium hat dazu eine klare Regelung für alle Schulen unseres Landes herausgegeben. Es wäre schön, wenn Politik und Gesellschaft in der öffentlichen Kommunikation untereinander eine Sprache sprechen würden.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP)
Privat kann jeder reden, wie er es gelernt hat.
Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention und seine Inhalte werden in unserem Bundesland beachtet und umgesetzt, und das nicht erst seit heute. Chancengleichheit, meine sehr geehrten Damen und Herren der GRÜNEN-Fraktion, bedeutet aber garantiert nicht Inklusion, wie Sie sie sich vorstellen. Die Bedeutung und die Wichtigkeit von Förderschulen sind für die Verbesserung von Chancengleichheit in unserer Gesellschaft unverzichtbar.
(Zustimmung von Andreas Schumann, CDU)
Wir haben davon viel zu wenig. Reden Sie bitte mit betroffenen Lehrern, Eltern und Kindern darüber. Zwischen Theorie und Praxis liegen Welten.
Deshalb ist es kein Nachteil, dass unser Bundesland in einer Statistik über die Anzahl an Förderschulen den letzten Platz einnimmt. Bildungsverantwortlich stehen wir meiner Meinung nach damit an erster Stelle.
(Zustimmung von Jörg Bernstein, FDP)
Inklusion ja - wir erleben sie nicht nur täglich in der Bildung -, aber mit Gefühl und nicht im Sinn von Gleichmacherei, sondern mit dem Anspruch, die Menschen nach ihren unterschiedlichen Fähigkeiten zu fördern, um ihnen einen möglichst großen persönlichen Entfaltungsraum zu ermöglichen.
Ziel muss es sein, alle Schülerinnen und Schüler nach ihren persönlichen Potenzialen und Voraussetzungen zu einem Schulabschluss zu führen. Das funktioniert niemals ausschließlich an Regelschulen.
Was in den vergangenen Jahren mit Macht versucht wurde, um Inklusion am liebsten vollständig ohne Förderschulen zu ermöglichen, ist gescheitert.
(Zustimmung von Anne-Marie Keding, CDU)
Mit innerer Ruhe und mit vollster Überzeugung kann ich an dieser Stelle mitteilen, dass wir am 5. August, also vor wenigen Tagen, in Gräfenhainichen eine nagelneue Förderschule in den Schulbetrieb geschickt haben, und das unter sehr großer positiver Anteilnahme der Bevölkerung.
(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)
Dieser Weg ist einer von vielen, der dazu beiträgt, die Chancengleichheit für alle Jugendlichen zu verbessern. Wir haben hochqualifizierte Lehrerinnen und Lehrer an den Förderschulen. Wir haben hochqualifizierte Lehrerinnen und Lehrer an allen anderen Schulformen. Aber keiner von ihnen ist in der Lage, Wunder zu vollbringen und in Klassenstärken von 28 oder 29 Schülern Inklusion in den verschiedensten Bereichen gleichzeitig mit allen Schülern zu leisten. Das geht nicht.
(Zustimmung bei der CDU)
Dazu brauchen wir kleine Lerngruppen an Schulen, die dafür entsprechend ausgestattet sind. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel. Da, wo es anders möglich ist, soll es auch anders möglich gemacht werden; da wird es auch schon so gemacht und so soll es bleiben.
Dass wir in unserer Lehrerausbildung generell großen Nachholbedarf angesichts der Veränderungen von Inhalten haben, ist jedem bekannt. Das duale Studium kann dabei nur ein Anfang sein. Weitreichende Veränderungen in allen Bereichen müssen folgen.
Wir brauchen auch keinen Inklusionspreis.
(Zuruf von Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD)
Denn alle, die draußen an den Schulen arbeiten und sich tagtäglich mit den Jugendlichen beschäftigen, haben einen solchen Preis verdient. Die Forderung nach einem solchen Preis allein sehe ich als Beleidigung für all diejenigen an, die das tagtäglich draußen leisten und mit ganzer Kraft in den Schulen für unsere Jugendlichen da sind.
(Zustimmung bei der CDU)
Die GRÜNEN fordern eigene Schulkonzepte. - Jede Schule hat ein eigenes Schulkonzept für die Bereiche, die für sie wichtig sind. Ich weiß auch nicht, was daran neu sein soll, aber wir nehmen das zur Kenntnis.
Schulabschlüsse an Förderschulen - das ist mehrmals gesagt worden - gibt es. Teilleistungsfeststellungen sind ebenfalls schon aktuell. Ich weiß auch nicht, was dieser Antrag diesbezüglich bezwecken soll. Auch das nehmen wir zur Kenntnis.
Eine Machbarkeitsstudie ist eine weitere Forderung des Antrags. Wir brauchen keine Machbarkeitsstudie. Wir brauchen nicht wieder Personal für Dinge zu binden, die wir schon alle wissen. Wir wissen genau, dass Theorie und Praxis zwei verschiedene Dinge sind. Wir sind auf einem Weg, den wir weitergehen müssen, bei dem wir sicherlich große Reserven haben. Aber ich bin mir sicher, dass wir diese Reserven finden werden, ohne eine Machbarkeitsstudie und ohne dafür Personal binden zu müssen. Denn unser Personal brauchen wir, um die tägliche Arbeit auszuführen, um das zu schaffen, was fast schon nicht mehr zu schaffen ist. Das Personal wird ja nicht mehr.
Wir brauchen mehr Förderschulen von Klasse 1 an, um Inklusion so umzusetzen, dass sie den Schülerinnen und Schülern, aber auch den Lehrerinnen und Lehrern und den Eltern hilft, und zwar an allen Schulformen.
Übrigens sind in jedem Schuljahr unzählige Kolleginnen und Kollegen in den Kindereinrichtungen unterwegs, um die Schulfähigkeit der zukünftigen Abc-Schützen zu überprüfen. Sonderpädagogische Feststellungsverfahren, die Sie fordern, sind dabei durchaus schon jetzt nichts Seltenes.
Nichtsdestotrotz möchte eine regierungstragende Partei dieses Thema noch einmal im Bildungs- und im Wissenschaftsausschuss beleuchten. Ich denke, dass wir dann andere Realitäten feststellen werden als die, die die Grünen-Fraktion in ihrem Antrag fordert. - Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke, Herr Borchert.