Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport): 

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren Abgeordneten! Es war schon bemerkenswert - das hat der Abg. Heuer in seiner Nachfrage deutlich gemacht -, dass Sie, Herr Abg. Büttner, Abschiebungszahlen in Relation zur Zahl der nicht deutschen Staatsangehörigen setzen, die in Sachsen-Anhalt leben. Daraus muss ich den Schluss ziehen, dass Sie Franzosen, dass Sie Polen, dass Sie Niederländer, die seit vielen Jahren in Sachsen-Anhalt leben, abschieben wollen.

(Oliver Kirchner, AfD: Das ist falsch! - Weitere Zurufe von der AfD)

Das gibt Ihrem Remigrationskonzept eine neue Dimension. Und ich verstehe einmal mehr, wieso Marine Le Pen und der Front National mit Ihnen gebrochen und nicht einmal mehr eine Fraktionsgemeinschaft mit Ihnen eingehen wollen. 

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Doch kommen wir jetzt zum eigentlichen Thema. Dazu kann ich nur wiederholen, was ich schon seit einiger Zeit sage: Die Lage in Syrien ist eine andere als vor zehn Jahren. Vor mehr als zehn Jahren wurden dort landesweit bewaffnete Konflikte ausgetragen, und demzufolge wurde vielen Syrern in Deutschland subsidiärer Schutz gewährt,

(Zuruf von der AfD: Jedem 20.!)

da ihr Leben in Syrien ernsthaft bedroht war. Auch im ersten Halbjahr 2024 war die Gewährung subsidiären Schutzes für syrische Asylsuchende durch das BAMF noch der mit Abstand wichtigste Schutzgrund. 

Aber ich sage ganz klar, heute ist die Lage in Syrien eine andere. Deshalb habe ich mich auch schon auf der letzten Innenministerkonferenz im Juni dafür eingesetzt, dass der Bund unverzüglich eine aktuelle Lagebewertung zur Situation in Syrien vorlegt. Dadurch soll insbesondere die tatsächliche Gefahrensituation in verschiedenen Teilen des Landes neu bewertet werden. 

(Zustimmung bei der CDU)

Diese Forderung erhält durch die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster einen erheblichen Nachdruck. Denn was hat das Oberverwaltungsgericht im Juli unter anderem entschieden? - Es hat unter anderem entschieden, dass ein Kläger syrischer Staatsangehörigkeit nicht subsidiär schutzberechtigt ist. Ihm drohe kein schwerwiegender Schaden bei einer Rückkehr nach Syrien. 

Der Bund muss die Entscheidungspraxis des BAMF in Asylverfahren schnellstmöglich an die Entwicklung der tatsächlichen, regional sehr unterschiedlichen Lage in Syrien anpassen. Soweit sichere Regionen in Syrien identifiziert werden könnten, wäre subsidiärer Schutz nicht mehr grundsätzlich zu gewähren. 

Wenn seltener subsidiärer Schutz gewährt wird, liegen im Übrigen auch die Voraussetzungen für einen Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vor.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Auch dies würde die Zahl der Zugänge aus Syrien reduzieren. 

Es ist wichtig, dass der Bund aktuell Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan ermöglichen will. Gleiches muss aus meiner Sicht auch für Syrien gelten. 

(Zustimmung bei der CDU)

Der Bund muss die operativen Voraussetzungen schaffen, damit Abschiebungen auch tatsächlich durchgeführt werden können. 

Ich gehe noch einen Schritt weiter. Sowie Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern nach Syrien zukünftig möglich werden sollten, sind im nächsten Schritt auch Abschiebungen anderer Personen im Hinblick auf die durch das Oberverwaltungsgericht Münster dargestellte Lageentwicklung im Einzelfall zu prüfen und anzugehen. - Vielen Dank.