Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt): 

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur der Ordnung halber: Die Humboldt-Universität befindet sich im Land Berlin. Es wird Ihnen aufgefallen sein, dass der Abg. Herr Mertens kein Beispiel aus Sachsen-Anhalt bringen konnte. Das hätte mich auch gewundert. 

Als Wissenschaftsminister lege ich Wert auf die Feststellung: Meinungsfreiheit und Wissenschaftsfreiheit sind nicht nur in der Landesverfassung und im Grundgesetz verankerte Grundrechte, sondern sie sind unverzichtbare Voraussetzungen der wissenschaftlichen Arbeit an unseren Hochschulen. 

(Beifall bei der SPD, bei der Linken und bei den GRÜNEN) 

Bei dem vorliegenden Antrag der AfD geht es nun um nicht weniger als die Verteidigung der Meinungsfreiheit im Bereich der Hochschulen in Sachsen-Anhalt. Sich für die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit einzusetzen, wie für Grundrechte überhaupt, ist generell immer gutzuheißen. 

Allerdings: Wenn man dies im Modus eines Einsatzes für gefährdete Rechte tut, muss man fragen dürfen, worin die Gefahr besteht und wer eigentlich als Gefährder ausgemacht wird. Dabei will ich nicht leugnen, dass es immer wieder einmal Fehlverhalten geben mag, selbstverständlich auch an Hochschulen. Wir alle wissen - hier sitzt der Gesetzgeber  , ohne Fehlverhalten brauchte man die allermeisten Gesetze nicht. 

Aber wenn man, wie wir im Antrag lesen, die Hochschulen verpflichten will - ich zitiere - „Maßnahmen zu ergreifen, um die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit innerhalb des Rahmens der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vollumfänglich zu gewährleisten“, dann unterstellt man in der Sache nichts anderes, als dass sie eben keine Wissenschafts- und Meinungsfreiheit haben und - ich zitiere - „kein Ort des freien wissenschaftlichen Meinungs- und Faktenaustauschs mehr sind“, und außerdem, dass sie, und zwar in ihrer Gesamtheit, das eigentlich auch gar nicht mehr sein wollen. Man unterstellt systemisches Versagen; denn sonst käme man gar nicht auf die Idee, man müsse die Hochschulen sozusagen gegen ihren Willen zur Respektierung der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit verpflichten. 

Liebe Abgeordnete! Ganz unakademisch ausgedrückt: Das ist Quark. Das ist einfach Unsinn. 

(Beifall bei der SPD, bei der Linken und bei den GRÜNEN) 

Hierbei wird offenbar die Wissenschaftsfreiheit mit der Freiheit von Kritik verwechselt. Selbstverständlich gibt es an unseren Hochschulen einen kritischen Diskurs, auch mit wissenschaftlichen Auffassungen. Das muss so sein. Das ist sozusagen Conditio sine qua non für Wissenschaft. 

(Beifall bei der SPD, bei der Linken und bei den GRÜNEN) 

Die Substanz des Antrags können Sie an einer anderen Stelle feststellen, nämlich dort, wo es um das Verbot der Exmatrikulation wegen politisch inkorrekten Verhaltens geht. Meine Damen und Herren! In § 30 unseres Hochschulgesetzes stehen die Gründe für Exmatrikulation; das sind Straftaten. Das ist z. B. auch das endgültige Scheitern in Prüfungen. Aber politisch inkorrektes Verhalten ist kein Exmatrikulationsgrund. Und wir sammeln dort auch nicht all die anderen Gründe, die nicht dazu führen, dass man exmatrikuliert wird. Was ist denn das für eine Gesetzgebungskunst? 

(Beifall bei der SPD, bei der Linken und bei den GRÜNEN) 

Aber lassen Sie mich abschließend noch etwas dazu sagen, nämlich dass sich die Hochschulrektorenkonferenz vor wenigen Tagen in Fulda mit diesem Thema beschäftigt hat. Deren Präsident Rosenthal hat - ich zitiere - betont: 

„Innovationskraft, Wettbewerbsfähigkeit und internationale Anschlussfähigkeit des deutschen Hochschulsystems beruhen wesentlich auf den Werten der freiheitlichen Demokratie und des Rechtsstaats. Wissenschafts- und Meinungsfreiheit sind für uns unverzichtbar und müssen nach innen und außen verteidigt werden.“

Das ist das Entscheidende. Das Ganze läuft unter der Überschrift „Principiis opsta!“, liebe Kolleginnen und Kollegen, „Wehret den Anfängen!“. Das sehen die Hochschulen durchgängig so und deshalb haben sie es auch so beschlossen. Ich bin sehr froh, dass das so ist. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. 

(Beifall bei der SPD, bei der Linken und bei den GRÜNEN) 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Danke. - Ich stelle fest, dass jeder Redner eine Minute länger zur Verfügung hat, die er nutzen kann, aber nicht nutzen muss. 

Bevor der Kollege Tullner als erster Redner der Fraktionen sprechen kann, möchten wir Damen und Herren des Lions Clubs Bitterfeld auf unserer Besuchertribüne begrüßen. - Herzlich willkommen bei uns! 

(Beifall im ganzen Hause)