Eröffnung 


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Sehr geehrte Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 49. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der achten Wahlperiode und begrüße Sie dazu auf das Herzlichste.

Sehr geehrte Mitglieder des Landtages! Am Morgen des 7. Oktober 2023 erklärte die islamistische Hamas den Beginn einer Militäroperation gegen Israel. Wie bereits im Falle von Putins Krieg gegen die Ukraine ist diese Bezeichnung nicht mehr und nicht weniger als ein menschenverachtender, ein böser Euphemismus. Denn diesem terroristischen Angriff auf den Staat Israel und seine Bürgerinnen und Bürger sind seit Samstag mehr als 1 200 Menschen zum Opfer gefallen. Die überwältigende Mehrheit der Opfer sind Zivilisten. 

Mehr als 150 Geiseln befinden sich in der Gewalt der Hamas.

Nach Medieninformationen ist eine 22-jährige deutsche Studentin unter den Opfern. Es sollen mindestens fünf Deutsche entführt worden sein und sich in der Gewalt der Terroristen befinden. 

Die Berichte über das Vorgehen der Terroristen, auch die Bilder und Videos, die im Netz zu sehen sind, sind schier unerträglich. Sie sind unerträglich wegen des Leids, das so vielen Menschen zugefügt worden ist. Es wird kaum eine Familie in Israel geben, die nicht unmittelbar betroffen ist. Sie sind unerträglich wegen der unbändigen Menschenverachtung, die die Terroristen trieb und treibt. 

Vergewaltigte Frauen, dahingemetzelte Kinder und Jugendliche, die etwa eine Rave-Party in der Negev feierten, sowie ältere Menschen und nicht zuletzt die öffentliche Zurschaustellung der Opfer sprechen eine unmissverständliche Sprache. Dies war und ist keine Militäroperation. Diese an Brutalität nicht zu überbietende Jagd auf Menschen war und ist ein Massaker an der Zivilbevölkerung. Das war und ist ein antisemitischer Pogrom.

Deshalb: Namens des Landtages von Sachsen-Anhalt verurteile ich diese terroristischen Gewalttaten, diese gegen den Staat Israel und seine Bürgerinnen und Bürger gerichteten Verbrechen der islamistischen Hamas auf das Schärfste.

Namens des Landtages von Sachsen-Anhalt erkläre ich: Der Terror ist durch nichts zu rechtfertigen und muss sofort bedingungslos beendet werden. Und vor allem: Die Geiseln sind unverzüglich frei zu lassen.

Namens des Landtages von Sachsen-Anhalt unterstützen wir das auch völkerrechtlich verbriefte Recht Israels, sich gegen diesen Terror zur Wehr zu setzen.

Meine Damen und Herren! Der Staatspräsident Israels Jitzchak Herzog hat die Welt darauf hingewiesen, dass an keinem Tag seit der Schoa so viele Jüdinnen und Juden an einem Tag getötet worden sind.

Der Staat Israel wurde 1948 in Reaktion auf den weltweit verbreiteten Antisemitismus und vor allem auf den Versuch von uns Deutschen gegründet, die europäischen Juden zu vernichten. 

Dass dieser Terrorakt auf dem Territorium des Staates Israel geschah und geschehen konnte, traumatisiert das Land sowie seine Bürgerinnen und Bürger neben dem ungeheuren Ausmaß der Gewalt umso mehr. Und es traumatisiert auch uns. Wer wie ich im Frühjahr 2008 als Mitglied der durch Präsident Steinecke geleiteten Delegation des Landtages aus Anlass des 60. Geburtstags des Landes in Israel war und aus dem heutigen Sachsen-Anhalt stammende, dort lebende Jüdinnen und Juden kennenlernen durfte, hat einen anderen, persönlicheren Blick auf diesen terroristischen Angriff. Diese Menschen hatten vor der Verfolgung durch uns Deutsche in Palästina und später in Israel eine Zuflucht gefunden. Sie hatten in der Schoa nicht nur Familien und Freunde verloren, sie bezahlten mit dem Verlust ihrer Heimat und vieler, wenn nicht aller Gewissheiten in ihrem bisherigen Leben. 

Aber sie gründeten Familien in Israel, machten ihr persönliches Glück, bauten das Land auf und leben oder lebten ihr Leben in der Hoffnung, sich trotz aller Übergriffe der Nachbarn und ihres staatlichen Ziels, Israel vernichten zu wollen, eine halbwegs belastbare, weil staatlich gewährleistete Sicherheit geschaffen zu haben. Wie groß muss der Schock sein, den dieser unermessliche Terrorakt auf israelischem Boden ausgelöst hat.

Ich rufe daher alle Menschen in Sachsen-Anhalt mit persönlichen, beruflichen oder privaten Bindungen nach Israel, von denen es zum Glück inzwischen sehr viele gibt, dazu auf: Aktivieren Sie jetzt diese Kontakte, zeigen Sie Ihr Mitgefühl, bekunden Sie Ihre Solidarität und helfen Sie konkret, wo das nötig und möglich ist.

Um aus dieser Sitzung heraus die Solidarität und Verbundenheit des Landtages mit dem Staat Israel zu bekunden, wird heute Abend von 18 Uhr bis 21 Uhr ein Teil des Hauptportals des Landtages in den israelischen Nationalfarben erstrahlen. 

Meine Damen und Herren! Wer bereits einmal in Israel war, kann es mit Händen greifen: Zwei Völker streiten um dieses kleine Land zwischen Mittelmeer und Jordan, zwei Religionen kämpfen um den rechten Glauben und die für sie jeweils wichtigen religiösen Stätten im Land. 

Der begründeten Angst - das zeigt nicht nur der Terrorakt der Hamas vom Wochenende - des jüdischen Staates vor seiner Vernichtung stehen die Vertreibungs- und Unrechtserfahrungen der palästinensischen Bevölkerung gegenüber. 

Aber rechtfertigt dieser Konflikt diesen barbarischen Terror? - Wir sagen entschlossen: Nein!
Denen, die im Gazastreifen oder in der arabischen Welt meinen, dieser Konflikt rechtfertige den Terror, treten wir entschieden entgegen.

Denen, die in Ausübung ihrer Demonstrationsfreiheit auf deutschen Straßen und Plätzen jubelnd und Süßigkeiten verteilend den Terror verherrlichen, müssen wir als Bürgerinnen und Bürger und als Staat einer wehrhaften Demokratie entschieden - wohl auch entschiedener als in der Vergangenheit - entgegentreten. Denn es geht um unsere Freiheit und deren Grenzen.

Und nicht zuletzt werden wir als Bürgerinnen und Bürger, aber auch als Staat Sachsen-Anhalt dem Antisemitismus im Alltag entschiedener entgegentreten müssen. Wir alle müssen noch stärker gegen diesen Ungeist dort aufstehen, wo wir ihn erleben, und nicht weghören oder wegsehen, sondern unmissverständlich Gesicht zeigen in dem Sinne: Ihr sprecht nicht für uns!

Denn - ich schließe mit einem Zitat des 1995 ermordeten israelischen Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin  : 

„Wo immer sich Rassismus und Antisemitismus unkontrolliert entwickeln, ist die Tragödie nicht nur eine jüdische. Es ist eine Tragödie für jedermann, wo immer sie geschieht.“

Ich bitte Sie, sich im Gedenken an die Opfer des Terroranschlags auf den Staat Israel für eine Schweigeminute von Ihren Plätzen zu erheben. - Ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren! Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest.

Uns hat die traurige Nachricht erreicht, dass am 20. September 2023 das ehemalige Mitglied des Landtages Lutz Kühn im Alter von 72 Jahren verstorben ist.

Herr Kühn war von der ersten bis zur vierten Wahlperiode Mitglied des Landtages. Er war somit einer der Abgeordneten, die sich in den Jahren nach der friedlichen Revolution um den Aufbau unseres Landes verdient gemacht haben.

Er gehörte der Fraktion der SPD an und wirkte unter anderem im Ausschuss für Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen und im Ausschuss für Kultur und Medien. In der zweiten Wahlperiode hatte er den Vorsitz im Ausschuss für Kultur und Medien inne, in der vierten Wahlperiode war er zudem Mitglied der Enquete-Kommission „Rechtliche und materielle Sicherstellung der Ausübung des Landtagsabgeordnetenmandats“.

Ich habe von ihm vieles gelernt. Vor allem bin ich ihm dankbar für seine Medien- und Kulturarbeit. Er hat in der Zeit seines Wirkens maßgebliche Weichen gestellt.

Ich bitte Sie, sich im Gedenken an den Verstorbenen von den Plätzen zu erheben. - Danke.

Wir kommen zur Entschuldigung von Mitgliedern der Landesregierung. Wie Sie sehen, sind einige Plätze nicht besetzt. Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff und Minister Rainer Robra werden an beiden Plenartagen nicht anwesend sein, weil sie an der Jahreskonferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder in Frankfurt am Main teilnehmen.

Die Mitglieder der Landesregierung Prof. Dr. Willingmann und Frau Feußner bitten, ihre Abwesenheit am heutigen Sitzungstag zu entschuldigen. Sie nehmen an der Sitzung der Kultusministerkonferenz teil.

Das Mitglied der Landesregierung Frau Grimm-Benne bittet, ihre Abwesenheit am morgigen Sitzungstag bis ca. 15 Uhr aufgrund der Teilnahme an der gemeinsamen Sitzung der Jugend- und Familienministerkonferenz und der Kultusministerkonferenz in Berlin zu entschuldigen.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Tagesordnung für die 24. Sitzungsperiode des Landtages liegt Ihnen vor. - Es gibt Wortmeldungen. - Herr Rausch, bitte.


Tobias Rausch (AfD): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Namens der AfD-Fraktion beantrage ich, die unter dem Tagesordnungspunkt 7 vorgesehene Aktuelle Debatte von der Beratung unseres Antrags zum Thema „Brandschutz in Sachsen-Anhalt auf sichere Füße stellen!“ zu trennen, da entgegen der Absprache in der Runde der PGF eine Einbringung des Antrages nicht erfolgen soll. Daher bitten wir um die Trennung.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Okay, Trennung der Aktuellen Debatte vom Antrag „Brandschutz in Sachsen-Anhalt auf sichere Füße stellen!“. - Das werden wir einarbeiten. Die Verwaltung wird dazu einen Vorschlag machen.

Gibt es weitere Wortmeldungen? - Herr Kurze.


Markus Kurze (CDU): 

Herr Präsident! In der Vorbereitung haben wir abgestimmt und auch im Ältestenrat besprochen, dass wir die Tagesordnungspunkte 2 und 5 miteinander tauschen. Das heißt, wir beginnen mit der Beratung über den Umgang mit dem Opferentschädigungsgesetz und der Entwurf eines Gesetzes über die finanzielle Beteiligung am Ausbau erneuerbarer Energien in Sachsen-Anhalt wird dann als Tagesordnungspunkt 5 behandelt.

Des Weiteren haben wir besprochen, welche Tagesordnungspunkte aus der morgigen Sitzung bereits heute behandelt werden könnten. Am Ende sind die Tagesordnungspunkte 18, 24 und 25 übrig geblieben. Mehr scheint aus verschiedenen Gründen nicht machbar zu sein.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Okay, alles klar. - Gibt es weitere Wortmeldungen? - Das sehe ich nicht. Dann werden wir die Tagesordnung, wie von Ihnen soeben gesagt, verändern.

Dann können wir über die Tagesordnung in der geänderten Fassung abstimmen. Wer dieser seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Karten- oder Handzeichen. - Das sind alle im Raum.

Der zeitliche Ablauf ist klar; morgen beginnen wir um 9:30 Uhr. Heute Abend wird ein parlamentarischer Abend stattfinden, also werden wir es so einrichten, dass wir rechtzeitig fertig sind.

Bevor wir in den ersten Tagesordnungspunkt einsteigen, möchte ich Ihnen noch etwas erklären. Auf Ihren Plätzen liegt ein kleiner Zettel. Die Hinweise darauf dienen der besseren Akustik. Die Akustik ist jetzt so gut eingestellt, dass es relativ perfekt klappen müsste, wenn der Redner hier vorn deutlich spricht. Er muss nicht übermäßig laut sprechen, aber es wäre schon hilfreich, das Mikrofon zu nutzen.

(Unruhe)

Dafür gibt es eine technische Möglichkeit; diese ist auf dem Zettel einfach dargestellt. Es sieht zwar ein bisschen futuristisch aus, aber es ist relativ einfach. Dargestellt ist das Rednerpult mit den beiden     

(Zuruf von der CDU: Mikrofone!)

Sie sehen die beiden Mikrofone. Sie sehen wie Lautsprecher aus, aber es sind Mikrofone; deshalb habe ich kurz gestutzt. Die Mikrofone haben im oberen Drittel eine Scheibe. In dieser Scheibe sind Lichter. Das ist, wunderschön dargestellt, das, was grün eingerahmt ist. Wenn Sie diese Lichter genau so sehen, d. h., die grünen Lichter blinken Sie an, dann haben Sie eine optimale Einstellung ihres Rednerpults. Dann sind diejenigen, die sonst nichts gehört haben, glücklich, weil sie dann plötzlich zuhören können, einmal abgesehen von den Gesprächen, die nebenbei geführt werden. Das ist dann ein normales Problem. Aber wer es will, kann dem Redner zuhören und versteht ihn auch.

Also, bitte nutzen Sie diese Möglichkeit, das ist hilfreich. Wer es nicht schafft, bekommt sicherlich eine Hilfestellung aus dem Präsidium.

Wir können jetzt Tagesordnung einsteigen.