Daniel Roi (AfD):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Gestern hat das Oberlandesgericht Dresden nach 97 Verhandlungstagen im Verfahren gegen die Mitglieder der linksextremen sogenannten Hammerbande geurteilt. Die Angeklagten wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Hauptangeklagte, die als Lina E. öffentlich namentlich bekannt ist, muss für fünf Jahre und drei Monate in Haft. Gegenstand der Verurteilung sind unter anderem die Beteiligung an der Bildung einer kriminellen Vereinigung sowie schwere, teils schwerste Gewalttaten.
Die Angeklagten teilten laut Bundesanwaltschaft eine militante linksextremistische Ideologie. Auf das Konto linksextremen kriminellen Vereinigung gehen zahlreiche Überfälle und schwere Gewalttaten auf tatsächliche und vermeintliche Anhänger der rechten Szene.
Im Gerichtssaal kam es zu Tumulten. Die linksextreme Unterstützerszene ruft deutschlandweit zu militanten Aktionen für den auf das Urteil folgenden „Tag X“ auf. Das ist der Samstag nach der Urteilsverkündung, der 3. Juni. Die Polizei stellt sich auf linksextreme Krawalle und Anschläge ein. Aktuell hören wir, dass es in der letzten Nacht bereits einen Brandanschlag in der Turmstraße in Halle gab. Der Schaden beläuft sich auf mindestens 130 000 €.
Ich frage: Wie beurteilt die Landesregierung die Gefährdungssituation in Sachsen-Anhalt?
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Frau Zieschang.
Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Es wurde beschrieben, wie der Ausgangssachverhalt ist. Gestern erfolgte die Urteilsverkündung. Das Verfahren wurde vor dem OLG in Dresden und demzufolge in Sachsen geführt. Es ist auch ausgeführt worden, dass in der linksextremistischen, linksmilitanten Szene schon im Vorfeld der Urteilsverkündung auf den Tag X hingewiesen wurde und dieser für den Samstag nach der Urteilsverkündung angekündigt wurde.
Gleichwohl sind wir davon ausgegangen, dass auch unmittelbar im Zusammenhang mit der Urteilsverkündung mögliche Aktionen - Demonstrationen, aber vielleicht auch Sachbeschädigung - erfolgen. Darauf haben wir uns polizeilich bundesweit eingestellt, selbstverständlich auch wir in Sachsen-Anhalt.
Ob die beiden gestern in Halle angezündeten Fahrzeuge damit im Zusammenhang stehen, ist noch Gegenstand der Ermittlungen.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Eine Nachfrage? - Bitte, Herr Roi.
Daniel Roi (AfD):
Ja, eine Nachfrage. - Die Verbindungen der linksextremen Vereinigung der sogenannten Hammerbande sind weitreichend und gehen weit über Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen hinaus. In Ungarn hat eine Einsatzgruppe der linksextremen Vereinigung in einem Sondereinsatz acht rechte Reisende als Freiwild attackiert. Die identifizierten Mitglieder der Vereinigung sind als linksextreme Aktivisten polizeibekannt. Teile davon sind untergetaucht, im Übrigen auch der Lebensgefährte von Lina E.
Bei den Ermittlungen wurden durch die Täter angelegte Waffendepots aufgefunden. Der Halter eines Täterfahrzeugs ist Beschäftigter einer staatlich mit Fördergeldern finanzierten Beratungsstelle über rechte Strukturen. Eine Spur der weiteren Ermittlungen führt nach Nordsyrien zu einem Mann, der bereits als linksextremer Straftäter registriert ist. Der Beschuldigte soll sich in den vergangenen Jahren in Nordsyrien zeitweise einer ausländischen Terrororganisation, mutmaßlich einer PKK-nahen Gruppe, angeschlossen haben. Diesen Verdacht erhärten abgehörte Gespräche des Mannes.
Bei der Durchsuchung einer Wohnung in Thüringen stießen Polizisten zudem auf ein mutmaßliches Shooter-Buch - Notizen von Einsätzen, die auf eine Tätigkeit als Scharfschütze in Syrien hindeuten. Ermittler der Generalbundesanwaltschaft glauben, dem Mann Kontakte zu führenden Mitgliedern der Gruppe um Lina E. nachweisen zu können.
Meine Frage ist: Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über Verbindungen von Personen aus dem Umfeld der linksextremen Vereinigung zu in- und ausländischen terroristischen Vereinigungen vor? Sieht die Landesregierung Menschen in Sachsen-Anhalt gefährdet?
Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):
Wir befinden uns im Plenum des Landtages und nicht im Parlamentarischen Kontrollgremium. Deswegen kann ich nur wenige Ausführungen zu dem machen, was Sie gesagt haben.
Ich kann nur sagen: Wir nehmen das Netzwerk, das sich gebildet hat und eindeutig aktiv ist, sehr ernst. Insofern gibt es diverse Erkenntnisse, über die wir im Parlamentarischen Kontrollgremium entweder schon berichtet haben oder weiter berichten werden. Dass wir es ernst nehmen, sehen Sie auch daran, dass wir uns polizeilich intensiv vorbereiten und selbstverständlich, nicht erst seit gestern, entsprechende Schutzmaßnahmen und Schutzvorkehrungen getroffen haben.
Daniel Roi (AfD):
Ich habe noch eine konkrete Nachfrage. Die Täter der Hammerbande sind mit äußerster Brutalität vorgegangen. Ihre Opfer wurden unter Missbrauch polizeilicher Ausrüstung in ihren Wohnungen überfallen, gefesselt und mit chemischen Kampfstoffen attackiert. Ihre Fuß- und Handgelenke sowie Knie wurden mit gezielten Hammerschlägen verletzt.
Den Überfällen ging das Ausspähen von privaten Daten voraus, und zwar durch die ausweislich des Webauftritts des Magdeburger Uniklinikums dort beschäftigte Ines F., bei der es sich um eine öffentlich mit Namen publizierende Linksextreme handelt.
Zu den konkreten Ausgeforschten gehören Mitglieder des Landtages. So wurde der Vorsitzende meiner Fraktion Herr Kirchner zu seinen persönlichen Wohndaten ausgeforscht. Kommunalpolitiker der AfD wurden ausgespäht. Selbst private Wohnanschriften von Mitarbeitern der AfD-Landtagsfraktion wurden ausgeforscht.
Lina E. wurde während ihres Studiums an der Universität in Halle, die sich in Sachsen-Anhalt befindet, radikalisiert. Ich habe dazu bereits Fragen gestellt. Im sachsen-anhaltischen Roßlau wurde im Jahr 2019 der rechte Bauunternehmer Alexander W. durch die Mitglieder der Bande gezielt überfallen
(Sven Rosomkiewicz, CDU: Was ist die Frage?)
und mit Hammerschlägen auf Kopf und Glieder lebensgefährlich verletzt.
Diese sachsen-anhaltischen Fälle wurden noch nicht in die Anklage des OLG Dresden einbezogen. Meine Frage an die Landesregierung lautet: Welchen Stand haben die Ermittlungen und wann ist mit einer Anklageerhebung zu rechnen? - Vielen Dank.
Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):
Es ist immer so, dass zu laufenden Ermittlungen nicht berichtet und Stellung genommen wird. Denn es sind laufende Ermittlungen. Ob in dem Zusammenhang Ermittlungen stattfinden, kann ich Ihnen im Augenblick noch nicht einmal im Detail sagen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir die Vorfälle und das Netzwerk, das besteht, sehr, sehr ernst nehmen. Wir nehmen auch die potenziellen Gefährdungen, die davon ausgehen, sehr, sehr ernst.
Mit dem Themenkomplex Uniklinik und Daten haben wir uns intensiv sowohl im Plenum wie auch im Innenausschuss beschäftigt. Die Uniklinik hat mittlerweile den Zugang zu den Daten des Krankenhauses und damit auch zu den Patientendaten mit Blick auf das mögliche Ausforschen von Adressen umgestellt, sodass die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen dort auch getroffen wurden.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke, Frau Zieschang. - Für die Fraktion DIE LINKE wird Herr Gebhardt die Frage stellen.