Tagesordnungspunkt 12
Erste Beratung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt
Gesetzentwurf Fraktion AfD - Drs. 8/2354
Einbringen wird diesen Gesetzentwurf der Abg. Herr Dr. Tillschneider.
(Zustimmung bei der AfD)
Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD-Fraktion fordert mit vorliegendem Antrag, dass die sogenannte Schullaufbahnempfehlung, die angibt, ob ein Kind nach Klasse 4 auf das Gymnasium oder auf die Sekundarschule wechseln soll, verpflichtenden Charakter gewinnt. Das ist nichts, was es so noch nicht gegeben hätte.
Bis zum Jahr 2011 war die Schullaufbahnempfehlung in Sachsen-Anhalt verpflichtend und das war gut so. Mag es auch mehrere Indikatoren geben, die anzeigen, ob ein Kind fürs Gymnasium taugt, der bloße Wunsch der Eltern gehört mit Sicherheit nicht dazu.
Eltern wünschen sich für ihr Kind vieles und in aller Regel das Beste. Es soll das Abitur machen und dann studieren, weil immer noch die Annahme vorherrscht, mit dem Abitur in der Tasche und einem abgeschlossenen Studium wären die besten Aussichten auf eine angesehene, gut entlohnte Arbeit verbunden. Genau diese Einstellung hat aber zu einer Akademikerschwemme geführt, die ihrerseits dazu geführt hat, dass sich ein diplomiertes Lumpenproletariat gebildet hat,
(Unruhe)
das mittlerweile schlechter dran ist als jemand, der ein ordentliches Handwerk gelernt hat.
(Zurufe)
Jemand, der durch falsche Anreize dazu gebracht wurde, das Gymnasium zu besuchen und dann mit Mindestnoten im Abitur irgendein geisteswissenschaftliches Fach auf Mindeststandard studiert hat, dann im Callcenter landet und zum Mindestlohn den lieben langen Tag Reisebuchungen abwickelt, der wäre in jeder Hinsicht besser dran, wenn er nicht Abitur gemacht und ein ordentliches Handwerk gelernt hätte.
(Beifall bei der AfD)
Aber tradierte Vorstellungen von Sozialprestige halten sich hartnäckig, auch wenn sie schon lange überholt sind, und sie halten sich insbesondere dann, wenn sie auch noch politisch propagiert werden, wie das die SPD und die Gewerkschaften tun.
Da Eltern irrtümlich denken, das Abitur sei in jedem Fall das Beste für ihr Kind, schicken sie ihr Kind, wenn sie die Möglichkeit haben, aufs Gymnasium, und zwar unabhängig davon, ob es wirklich fürs Gymnasium taugt. Die Menschen neigen nämlich dazu, die eigenen Belange zu überschätzen und schönzureden.
Genauso wie jemand, der ein Haus verkauft, in dem er lange gelebt und sich wohlgefühlt hat, in aller Regel den Wert überschätzt und mehr verlangt, als der Markt hergibt, so überschätzen Eltern ihr Kind. Das ist all zu menschlich, aber das macht es nicht weniger schädlich. Jeder verzogene Bengel wird dann zum Hochbegabten erklärt, der nicht so ist, wie er ist, weil er nicht richtig erzogen worden wäre, nein, sondern weil er unterfordert sein soll. Egal wie die Leistungen sind, der Nachwuchs wird erst einmal aufs Gymnasium geschickt. Vielleicht hält er es ja durch. Oft geht die Rechnung auch auf. Denn ist ein Schüler, der eigentlich nicht fürs Gymnasium taugt, erst einmal auf dem Gymnasium, sorgt die allgemeine Kuschelpädagogik dafür, dass schon sehr viel passieren muss, bis er das Gymnasium wieder verlässt.
In aller Regel wird man beide Augen zudrücken und den armen Wicht mit Dreien, Vieren und Fünfen mehr schlecht als recht von Jahrgangsstufe zu Jahrgangsstufe hieven, ihn so durch eine gesamte Gymnasiallaufbahn schleppen, um ihm dann ein Abiturzeugnis in die Hand zu drücken, das ihm alles bescheinigt, nur nicht, dass er fähig wäre, ein universitäres Studium, wie es sein sollte, zu absolvieren.
Die Freiheit der Eltern, die Schullaufbahn ihres Kindes zu wählen, trägt so einen guten Anteil zum allgemeinen Niveauverlust bei. Wir haben es mit einem Massenphänomen zu tun, weshalb durch die Bank weg die Maßstäbe abgesenkt werden, um nicht 20 % bis 30 % eines Gymnasialjahrgangs wieder vom Gymnasium herunterschicken zu müssen, was man tun müsste, wenn man die Maßstäbe wahren wollte.
Wenn wir, wie es erklärtes Ziel der AfD-Fraktion ist, den allgemeinen Niveauverlust im Bildungssystem anhalten und den Trend umkehren wollen, dann bietet sich bei der Schullaufbahnempfehlung somit ein vorzüglicher Ansatzpunkt. Wir können durch eine strengere Auswahl nach Klasse 4 einen Beitrag für eine grundsätzliche Lösung leisten und helfen, das Übel an der Wurzel zu kurieren. Verstehen Sie unseren Antrag bitte als Erinnerung daran, dass schulischer Erfolg in erster Linie von den individuellen Begabungsvoraussetzungen abhängt, sodann von der persönlichen Einsatzbereitschaft und Disziplin, vulgo Fleiß.
Mein Großvater - Gott hab ihn selig - sagte immer: Schulischer Erfolg ist gleich Begabung mal Fleiß. Und recht hatte der alte Herr. Weil aber, wie Arnold Gehlen sagt, der Mensch ein Mängelwesen ist, weil sowohl Begabung als auch der Fleiß unter uns Menschenwesen beschränkt sind, weil wir damit durchaus ungleich gesegnet sind, weil es sich um - ökonomisch gesprochen - knappe Güter handelt, kann nicht jeder Schüler, dessen Eltern das vielleicht gefallen würde, eine Gymnasiallaufbahn einschlagen und danach studieren.
Nur die Besten eines Jahrgangs sollen nach der Grundschule auf das Gymnasium wechseln. Wer die Besten sind, bedarf einer annäherungsweise objektiven Feststellung, mithin einer Prüfung. Dem sollen die Orientierungsarbeiten dienen, die nach unseren Vorstellungen in Klasse 4 landeseinheitlich zu schreiben sind und deren Noten den Ausschlag geben, wohin ein Schüler empfohlen wird.
Wir wollen, dass die Schullaufbahnempfehlung wieder verpflichtend wird, wollen aber nicht einfach nur den Stand von vor 2011 wiederherstellen. Denn schon vor dem Jahr 2011 war es so, dass die Laufbahnempfehlung zwar verpflichtend war, aber Eltern, der unbedingt eine Gymnasialempfehlung für ihr Kind erwirken wollten, dies auch durchsetzen konnten. Insofern war die Freistellung der Schulwahl damals nur ehrlich. Es war aber falsch, die Zügel schießen zu lassen und den verpflichtenden Charakter vollends aufzugeben. Richtig wäre es gewesen, dem verpflichtenden Charakter wieder mehr Geltung zu verschaffen und eben dafür Sorge zu tragen, dass Eltern auch mit noch so viel Druck keine Gymnasialempfehlung erwirken können, wenn das Kind die Anforderungen nicht erfüllt.
Die völlige Freigabe wiederum, wie Sie vor allem die Sozialdemokraten fordern, entspringt einem sozialistischen Gleichheitsdogma, das auf der falschen Annahme beruht, man müsse die Kinder nur ins Gymnasium setzen und schon kommen, wenn die Institution funktioniert, am Ende taugliche Abiturienten heraus.
(Zuruf von der AfD: Ja!)
Von den individuellen Anstrengungen hängt nichts ab, von den individuellen Begabungsvoraussetzungen hängt nichts ab. Alles soll von den äußeren Umständen abhängen. Die Institution prägt das Menschenmaterial, das Sein, das Bewusstsein. Die Bildungspolitik der SPD und natürlich auch die der GRÜNEN und der LINKEN entpuppt sich wieder einmal als neue Form der marxistischen Irrlehre.
(Zuruf: Ach!)
- Ja, selbst verständlich.
(Beifall bei der AfD)
Genau diesem historisch widerlegten historischen Materialismus, der hinter Ihrer Bildungspolitik zum Vorschein kommt, halten wir die Idee der Freiheit entgegen, die nicht bedeutet, dass jedem alles in den Schoß fällt, sondern dass jeder die Möglichkeit bekommt, sich alles durch eigene Anstrengungen zu erarbeiten.
(Zuruf von der AfD: Richtig!)
Die SPD hat schon das Abitur in NRW heruntergewirtschaftet, hat es zum Inbegriff eines Billigabiturs verkommen lassen und - das sei nur nebenbei bemerkt - ihrer Klientel, der Arbeiterschaft, wirklich ein schönes Kompliment gemacht, indem sie keinen anderen Weg sah, den Arbeiteranteil unter den Abiturienten zu erhöhen, als die Maßstäbe abzusenken.
Die CDU wiederum hat bei diesem Irrsinn oft mitgemacht, hat kaum Widerstand geleistet, war aber - das muss man der Ehrlichkeit halber auch sagen - keine treibende Kraft. Wo die CDU bzw. die CSU allein regiert hat, wie lange Zeit in Baden-Württemberg und Bayern, waren die Abiturmaßstäbe während dieser Zeit die besten im Bildungsvergleich. Das müssen wir anerkennen.
In Sachsen-Anhalt hat die CDU jetzt einen zaghaften Versuch unternommen, zu ihrer guten Bildungspolitik, die einst Teil ihres Markenkerns war, zurückzufinden, und hat angeregt, die Schullaufbahnempfehlung wieder verpflichtend zu machen.
Die SPD ist vorhersehbar sofort auf die Barrikaden gegangen. Da dachten wir: Wenn die CDU schon in die richtige Richtung geht, dann kann sie etwas Unterstützung gebrauchen. So haben wir den vorliegenden Antrag eingebracht. Werte Kollegen, Sie müssen sich jetzt nicht bedanken. Es reicht, wenn Sie unserem Antrag zustimmen. - Vielen Dank.
(Lachen und Beifall bei der AfD)