Guido Henke (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Geehrte Damen und Herren! Liebe Koalitionäre! Für einen komplexen Antrag zur Straffung des Genehmigungsverfahrens für   a l l e   Infrastrukturvorhaben genügt Ihnen eine spärliche, nichtssagende Sieben-Punkte-Aufzählung mit immerhin elfzeiliger Begründung.

(Ulrich Thomas, CDU, lacht)

Das ist die Gesamtbegründung, nicht pro Punkt. Auch die blumige Einbringung des Kollegen Gürth entspricht dem. Das wird aber kaum Ihre Unfähigkeit sein. Ich befürchte, es ist eher Methode. Damit meine ich nicht das erwartbare Gelobt-werden-Wollen bei den anstehenden Neujahrsempfängen der Kammern und Wirtschaftsverbände im nächsten Monat. Dort wollen Sie sich dann loben lassen, weil Sie vermeintlich Gutes tun. Wie Wirtschaftsvertreter ticken, weiß ich aus eigener Erfahrung. Die schauen genau hin und werden feststellen, dass alles sehr, sehr unverbindlich ist, um nicht sagen heiße Luft.

Weshalb werden Sie nicht konkret? Vordergründig wollen Sie den Schwung der zügig installierten neuen Energieversorgungsanlagen nutzen, um die Ausnahmen dieses Jahres zum Standard werden zu lassen. Ja, das geht einher mit der in dieser Woche erfolgten Diskussion im Europaparlament zu Initiativen und Richtlinien zur Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien. Unter anderem soll es eine Notstandsregelung geben, bis permanente Regelungen für schnellere Genehmigungsverfahren geschaffen werden. Es gibt im Detail noch Unstimmigkeiten, aber auch dabei schaut man schon einmal auf FFH-Gebiete.

Im Bundestag soll jetzt die achte Änderung des Regionalisierungsgesetzes beschlossen werden. In diesem Zusammenhang ist gestern im aktuellen Streit um das Planungsbeschleunigungsgesetz andeutungsweise bekannt geworden, dass es bald eine Einigung auf ein Bundesgesetz zur Beschleunigung der Sanierung der Infrastruktur geben wird.

Dabei soll es aber auch vereinfachte Kapazitätserweiterungen geben dürfen. Das war genau der ursprüngliche Streit. Wenn z. B. eine Brücke an einer vierspurigen Autobahn ersetzt werden soll, dann können daraus bei der Gelegenheit gleich auch sechs Spuren werden, wenn der Bundesverkehrswegeplan das so vorsieht. Umweltverbände und die Bundestagsfraktion DIE LINKE sehen das nicht so.

Wie soll das nun zu diesen schwammigen Antragswünschen der hiesigen Landeskoalition passen? Warum werden Sie nicht konkret? Welche Folgen eingeschränkte oder gar fehlende Umweltverträglichkeitsprüfungen zeitigen, werden wir, so fürchte ich, noch erleben, wenn nicht erleiden müssen.

Was wollen Sie genau abschaffen? - Die Bürgerbeteiligung? Die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange? Umweltverträglichkeitsprüfungen? Die Schaffung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen? Idealerweise das Verbandsklagerecht bspw. der Umweltverbände beschneiden? Darauf weist Ihre Formulierung hinsichtlich der materiellen Präklusion hin, die wieder eingeführt werden soll. Das ist ein ganz böses Zeichen.

Wollen Sie das öffentliche Auftragswesen weiter aufweichen, z. B. mit erhöhten Schwellenwerten und der Aushöhlung der ILO-Kernarbeitsnorm? Wollen Sie gleich noch die Pflicht zur öffentlichen Auslegung von Unterlagen zu Planungsverfahren aufweichen? Das waren im Übrigen auch schon sieben Punkte. Aber dann können Sie zur Vollständigkeit noch die technischen Spezifikationen der DIN aufweichen, vielleicht noch die Aufgaben der Berufsgenossenschaft beschneiden und die Unfallverhütungsvorschriften aufheben.

Diese Regelwerke, sehr geehrte Damen und Herren, entstanden doch nicht nur aus dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt. Sie enthalten Erfahrungswissen. Viele Sicherheitsbestimmungen wurden umgangssprachlich mit Blut geschrieben.

Ist das Ihre Vorstellung von einer modernen, dem Sozialen und der Umwelt verpflichteten Industrienation oder wollen Sie so der mangelnden Personalausstattung und damit einhergehenden Überlastung der öffentlichen Bauverwaltungen entkommen? Dort wäre anzusetzen, um ausreichenden Planungsvorlauf einschließlich gerichtsfester Planungen zu erreichen. Auch bei der hier so viel beschworenen Digitalisierung sind gute, motivierte und in ausreichender Anzahl vorhandene Mitarbeiter unverzichtbar.

Aus den genannten Gründen lehnt meine Fraktion diesen Antrag ab.

(Beifall bei der LINKEN)