Andreas Schumann (CDU):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielen Dank für die Möglichkeit, hier sprechen zu dürfen. Der Grundstein für unseren Wohlstand wurde im deutschen Kaiserreich gelegt. Jetzt gehe ich einmal ein Stück zurück, um zu sagen, wo wir eigentlich herkommen. Durch die Industrialisierung zu Beginn des letzten Jahrhunderts stieg Deutschland innerhalb weniger Jahrzehnte in die Spitzengruppe der wichtigsten Volkswirtschaften auf und galt lange Zeit als Motor für Innovation und Entwicklung. Die deutschen Ingenieure, die überall begehrt waren, wurden vorhin angesprochen. Das kennen wir alles.

Diese hochentwickelte Volkswirtschaft überstand zwei Weltkriege und eine Weltwirtschaftskrise 1929. Das macht mir Hoffnung, dass auch die jetzige Krise zu überstehen ist. Nun drohen wir, an dieser Energiekrise zu scheitern, nicht, weil wir nicht wüssten, was zu tun ist, sondern weil wir uns immer noch mit Dingen beschäftigen, die angesichts der Krise völlig obsolet sind. In diesen Tagen brechen die Ideologien wie Kartenhäuser in sich zusammen, insbesondere die Ideologie, dass wir alles mit grünem Strom schaffen. Wir schaffen es nicht mit grünem Strom allein. Die grüne Energiewende hat also ihren ersten großen Stresstest nicht bestanden.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Die Mär von sinkenden Strompreisen durch noch mehr erneuerbare Energien oder Zufallsenergien, wie wir sie nennen, war schon vor dem Ukrainekrieg klar widerlegt. Das konnte man anhand der Strompreise klar absehen. Obwohl diese Energien in Deutschland stark subventioniert waren, waren die Kosten viel zu hoch.

Deutschlands Abhängigkeit von russischem Gas und Öl - jetzt kommen wir zur Selbstkritik - ist das Ergebnis einer Energiepolitik, die ohne Not in eine der stabilsten und sichersten Grundlastversorgungen weltweit eingegriffen hat. Meine Fraktion hat das an dieser Stelle immer wieder kritisiert, wenn es um das Thema Energie ging. Das können Sie in allen Protokollen der letzten zehn Jahre nachlesen. Als wir den Ausstieg aus der Atomenergie in Berlin beschlossen haben, gab es auch Kritik aus Sachsen-Anhalt, die meine Arbeitsgruppe in früheren Jahren immer vorgebracht hat, und trotzdem wurden wir nicht gehört.

Wir hätten uns gewünscht, dass unsere Prophezeiungen nicht eingetreten wären. Jetzt sind sie da, und sie treffen uns mit voller Wucht. Kaum ein Tag vergeht, an dem wir nicht von Firmeninsolvenzen oder Betriebsaufgaben hören. Den Unternehmen wird angesichts der hohen Energiepreise die Geschäftsgrundlage entzogen. Anstatt entschlossen zu handeln, streitet man sich jetzt über die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken. Greta Thunberg wurde gerade zitiert, die uns ans Herz legte, wir sollen sie weiterführen. Herr Silbersack hat das gestern in seiner Rede ausführlich dargestellt. Ihm kann ich nur Recht geben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Bis heute gibt es keinen Energie- und Gaspreisdeckel für die Wirtschaft. Unsere Nachbarländer haben - -

(Dr. Katja Pähle, SPD: Ab 01.01.!)

Das ist aber zu spät.

(Unruhe)

Das ist zu spät! Am 1. Januar ist so manches Unternehmen nicht mehr am Markt.

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE - Weitere Zurufe von den GRÜNEN - Frank Bommersbach, CDU: Es gibt keinen Beschluss dazu, Herr Striegel! Das sind alles nur Sprechblasen!)

Unsere Nachbarländer haben das schon längst getan. Dort gibt es bereits wirkungsvolle Energie- und Gaspreisdeckel für Verbraucher und Unternehmen. Ohne die Unternehmen setzen wir die Wirtschaft unseres Landes aufs Spiel. Die Diskussion um die Gasumlage war nicht nur fahrlässig, sie hat die Krisensituation weiter befeuert und für neue Unsicherheiten, Preissprünge

(Unruhe)

und Insolvenzen gesorgt.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Es macht sich nicht so gut, wenn man nicht dem Debattenredner zuhört, sondern sich in eigene Diskussionen im Plenum verstrickt.


Andreas Schumann (CDU):

Das wäre nett. - Mittlerweile haben wir ein halbes Jahr verloren, und bis zum Sommer waren gerade einmal zwei Kraftwerke aus der Kaltreserve aktiviert, dazu noch Steinkohlekraftwerke, deren Kosten sich inzwischen vervierfacht haben und für die über Zehntausende Kilometer aus Südafrika, Australien und Südamerika die Kohle herangeschafft werden muss. Über die Energiebilanz solcher Kraftwerke muss man von der Erzeugung dieser Energie bis zur Verbrennung einmal nachdenken. Genauso sieht es beim Fracking oder beim Flüssiggas aus. Wie sieht denn die Energiebilanz dieser Gase aus, die wir erst mit dem Schiff über große Entfernungen heranführen müssen? Darüber wird sich später zu unterhalten sein, wenn wir einmal im Rückblick auf diese Krise schauen.

Meine Fraktion hat mit der Stolberger Erklärung schon Ende August ein umfangreiches Handlungspaket vorgelegt.

(Beifall bei der CDU)

Darin steht eindeutig: Hochfahren der Kohlekraftwerke und klare Aussagen zum Weiterbetrieb der Kernkraftwerke, um der fortschreitenden Entwicklung der Energiepreise zu begegnen. Da war am 31. August. Hätte man darauf gehört, hätte man vielleicht schon gewisse Steigerungen vermeiden können.

(Beifall bei der CDU)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Schumann, achten Sie bitte auf die Redezeit.


Andreas Schumann (CDU):

Oh, das ging schneller, als ich dachte. - Nutzung aller heimischen Ressourcen zur Stromerzeugung, Überführung der verbliebenen Kohlekraftwerke aus der Stilllegungsreserve in die sogenannte Kaltreserve, umfangreiche Hilfsmaßnahmen für Mittelstand und Handwerk wie Energiekostenzuschüsse, Härtefallfonds, steuerliche Vergünstigungen, flexible Arbeitszeitregelung, Kurzarbeitergeld usw. usf. Sie können das gern nachlesen.

Am Schluss meiner Rede sage ich nur, wir lehnen den Antrag der AfD ab, weil wir zu ähnlichen Themen als Koalitionsfraktionen - -


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Nicht mehr begründen, Herr Schumann. Die Redezeit ist jetzt um 20 % überschritten. Aber es gibt eine Nachfrage von Herrn Roi, wenn Sie die zulassen wollen.


Andreas Schumann (CDU):

Ja, sehr gern. - Geben Sie mir eine Chance, Herr Roi.


Daniel Roi (AfD):

Vielen Dank, es geht auch ganz schnell. Sie haben gerade auf die Stolberger Erklärung Ihrer Fraktion hingewiesen, dass Sie schon vor ein paar Wochen konkrete Maßnahmen vorgeschlagen haben. Es gibt einen Antrag, den wir eingebracht haben, diese Stolberger Erklärung heute vom Landesparlament zu beschließen. Jetzt bin ich etwas verwirrt, warum Sie sich jetzt nicht zu dieser Erklärung bekennen wollen,


Andreas Schumann (CDU):

Doch!


Daniel Roi (AfD):

weil Sie einen Alternativantrag eingereicht haben, in dem schon wieder viele Punkte, die Sie aufgeschrieben haben, nicht mehr auftauchen. Das erklärt sich mir nicht so richtig.

(Frank Bommersbach, CDU: Weil Sie nur unsere Beschlüsse kopiert haben, keine eigenen Ideen!)

Warum beschließen Sie heute nicht im Landtag mit der Mehrheit CDU und AfD diese Stolberger Erklärung? Wir könnten mit den Sofortmaßnahmen sofort loslegen.

(Beifall bei der AfD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Schumann, bitte.

(Frank Bommersbach, CDU: Copyright!)


Andreas Schumann (CDU):

Herr Roi, Sie wissen, wir sind in einer Koalition. Wenn wir 50 % hätten, hätten wir sie so beschlossen, wie sie ist.

(Frank Bommersbach, CDU: Jawohl!)

Aber da wir in einer Koalition sind, müssen wir Kompromisse schließen, und die schließen wir friedlich und auf Augenhöhe.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb kommt es zu diesem Antrag. - Danke schön.