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Plenarsitzung

Transkript

Juliane Kleemann (SPD):

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist das Artensterben ein äußerst dringliches Thema. Der weltweit zu beobachtende dramatische Rückgang der Bestände vieler Tier- und Pflanzenarten ist neben dem Verlust an Artenvielfalt zugleich auch eine Bedrohung für den Menschen. Letztlich ist das Artensterben eine existenzielle Herausforderung für alles Leben auf der Erde. Eine aus dem Takt gekommene Natur geht alle an.

Das Bundesumweltministerium stellt mit Bezug auf Zahlen der Zwischenstaatlichen Plattformen für Biodiversität und Ökosystemleistungen fest, dass 75 % der Landoberfläche und 66 % der Meeresfläche stark verändert sind und mehr als 85 % der natürlichen Feuchtgebiete sukzessive verloren gegangen sind. Die Rote Liste der Weltnaturschutzunion gibt an, dass derzeit mehr als 35 500 Arten vom Aussterben bedroht sind, dass 33 % aller Meeresfischbestände als überfischt gelten und dass durch diese Überfischung schon ab 2050 keine kommerzielle Fischerei mehr möglich sein könnte, was wiederum - damit wären wir bei einem anderen Thema - zu einer weiteren Ernährungskrise beitragen würde. Folgen von Ernährungskrisen kennen wir zuhauf.

75 % aller Nahrungspflanzen sind auf eine natürliche Bestäubung, etwa durch Bienen, angewiesen. Die Anzahl der Fluginsekten in Deutschland ist seit 1989 aber um rund drei Viertel zurückgegangen. Wir wissen: Viele Arzneimittel beruhen auf den Zutaten aus der Natur. Und jedes Kind weiß, dass ohne sauberes Wasser und ohne saubere Luft das Leben nur schlecht möglich ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Wissenschaftssendung „Planet Wissen“ hat für das Zusammenspiel unseres Ökosystems mit seiner gesamten Artenvielfalt ein, wie ich finde, sehr anschauliches Bild gefunden. In unserem Ökosystem, so schreiben die Autoren, verhalten sich alle Arten zueinander wie die Steine in einem Jenga-Spiel. Man kann über längere Zeit Steine herausziehen, der Turm bleibt stehen, aber irgendwann gibt es den einen Stein, der den ganzen Turm zum Umfallen bringt.

Nur weiß man bei dem Thema Artenvielfalt einfach nicht genau, wie der Stein konkret heißt, der den Turm zum Umfallen bringt: Ist es der Igel, die Biene, ein Vogel oder irgendeine Krötenart? 

Artensterben und Klimawandel sind untrennbar miteinander verbunden. Auch an dieser Stelle gilt: Wir haben kein Wissens-, sondern sicherlich in Teilen ein Handlungs- oder vielleicht auch ein Kooperationsdefizit. Trotzdem fangen wir nicht bei null an. Der Minister hat in seiner Rede schon auf die vielen Dinge hingewiesen, die wir im Land Sachsen-Anhalt auf dem Weg haben. 

Ich will an den Weltnaturvertrag bzw. an die Weltnaturkonferenz von Montreal vom Dezember 2022 erinnern. Dieser sieht vor, dass bis zum Jahr 2030 ca. 30 % der Landesfläche unter Schutz zu stellen sind. Die Ausweisung für Deutschland soll bis zum 31. Dezember 2026 geschehen. 

Die Kollegin Hietel-Heuer hat schon darauf hingewiesen, dass zu einem guten Artenschutz auch die Frage der Reduzierung von Umweltverschmutzung gehört; es gibt ganz unterschiedliche. Wir kennen sie alle. 

Wir haben beim Thema Artenschutz und beim Thema gute Wirtschaft und Ökonomie und Ökologie sicherlich den einen oder anderen Zielkonflikt und natürlich auch mittlerweile unübersehbare Ressourcenkonflikte. Ja, es braucht einen Rahmen, eine Agenda auf nationaler Ebene, aber eben auch auf Ebene der Bundesländer und des Bundes. Der Minister hat darauf hingewiesen, worauf wir diesbezüglich warten. 

Wir brauchen, glaube ich, weniger Reden und vor allen Dingen nicht noch zusätzlich mehr vollgeschriebenes Papier. Ich glaube, wir müssen uns eher darin bemühen, dass alle Akteure, sowohl die politischen und wirtschaftlichen als auch die unterschiedlichen Verbände miteinander diese Aufgabe als ein kooperatives Projekt begreifen. 

Die Koalition arbeitet mit ihrem Umweltminister für den Artenschutz - ich denke, das kann man wirklich unumwunden so sagen  , für den Erhalt der Artenvielfalt und an einer Biodiversitätsstrategie des Landes. Das ist alles vorhanden und in Arbeit und nicht erst an der Startkante. 

Das weitergeführte Artensofortprogramm als Programm „NaturWasserMensch“ ist Ausweis einer Kontinuität in dieser Arbeit und zeigt auch, dass uns der Artenschutz nicht nichts angeht, sondern dass er uns alle etwas angeht. Ich finde, dass der neue Titel durchaus den engen Zusammenhang der unterschiedlichen Faktoren Natur, Wasser, Mensch beschreibt. 

Bewahrung der Schöpfung ist keine bloße Floskel, sondern ein Leitspruch und eine Haltung. Wir werden den Antrag der GRÜNEN - ich denke, ich spreche auch für die Kolleginnen und Kollegen - und den Antrag der Linksfraktion gern in den Ausschuss überweisen, um dort weiter darüber zu diskutieren, damit wir wissen, wo Handlungsnotwendigkeiten sind und an welcher Stelle Dinge vielleicht einfach nur verstärkt, aber nicht neu aufgesetzt werden müssten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. 

(Beifall bei der SPD)