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Plenarsitzung

Transkript

Holger Hövelmann (SPD):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich gebe zu, dass mich der Antrag der Fraktion der GRÜNEN doch etwas überrascht hat. Wir, der Landtag von Sachsen-Anhalt, ringen seit Jahren um Reformvorschläge beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dass das ein wahrlich kompliziertes Verfahren ist, ist bereits deutlich geworden. Wir reden von riesigen Strukturen, die im Verbund mit 15 anderen Bundesländern und im laufenden Prozess verändert werden sollen. 

Dieser, unser Landtag hat nach vielen nicht immer sachlichen Diskussionen immer wieder Beschlüsse gefasst, mit denen die Landesregierung mit robusten Mandaten für die Verhandlungen zu den Rundfunkstaatsverträgen ausgestattet wurde. Er hat im vorigen Jahr eine Enquete-Kommission zu den Reformen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf den Weg gebracht. Parallel dazu - das ist angesprochen worden - hat die Rundfunkkommission der Länder einen Zukunftsrat eingesetzt, der vor wenigen Wochen Vorschläge vorgelegt hat. 

Der Antrag der Fraktion der GRÜNEN berücksichtigt weder die bisherige Arbeit der Enquete-Kommission noch die Ergebnisse des Zukunftsrats oder die bisherigen Beschlüsse dieses Landtages. 

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Antrag der Fraktion der GRÜNEN ist aber auch deswegen ärgerlich, weil er suggeriert, dass bei den Reformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bisher nichts passiert sei. Das ist falsch. 

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Wir haben seit Beginn der Legislaturperiode über mehrere Staatsverträge beraten und diese verabschiedet. Der Minister ist darauf eingegangen. Diese Staatsverträge haben insbesondere die wirtschaftliche Transparenz in den Anstalten und die Kontrollmöglichkeiten der Gremien deutlich erhöht. 

Auch die Anstalten selbst befinden sich in Veränderungsprozessen, teils durch Druck von außen, teils auf eigene Initiative hin, durch eigenen Antrieb. Diese Prozesse, meine sehr verehrten Damen und Herren, sollten an dieser Stelle auch einmal gewürdigt werden. Nun sind wir noch lange nicht am Ziel der Reformbemühungen. 

Ich habe die Ergebnisse des Zukunftsrats bereits angesprochen. Es ist erfreulich, dass bei den Vorstößen und Vorschlägen groß gedacht wurde. Dazu zählen die Errichtung einer ARD-Anstalt als zentrales Leitungsgremium oder auch eine gemeinsame technische Plattform für ARD, ZDF und Deutschlandradio. Abstimmungsbedarf und Doppelstrukturen ließen sich damit deutlich verringern. Wir hoffen daher, dass diese Ideen weiterverfolgt werden. 

Skeptisch sind wir hingegen bei den Vorschlägen des Zukunftsrats zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Den Rundfunkbeitrag automatisch auf der Grundlage eines Index festzulegen, so wie es vorgeschlagen worden ist, 

(Dorothea Frederking, GRÜNE: Wer hat das denn vorgeschlagen?)

wird wohl weder in diesem Landtag noch bei den Bürgerinnen und Bürgern auf große Zustimmung stoßen. 

Die vorgeschlagene nachträgliche Bewertung, ob der Programmauftrag wirklich erfüllt worden ist, birgt zudem aus unserer Sicht erhebliches Missbrauchspotenzial. Eins zu eins sollten wir daher diese Vorschläge nicht übernehmen.

Dennoch, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen bei den kommenden Verhandlungen zum Rundfunkstaatsvertrag alle ernsthaften Reformvorschläge berücksichtigt werden. Ich bin mir sicher - Minister Robra hat es gerade deutlich gemacht  , dass unsere Landesregierung das auch weiß. 

Ich will für meine SPD sagen: An einer erneuten politischen Krise wegen des Rundfunkbeitrags haben wir jedenfalls kein Interesse. 

(Zustimmung bei der SPD)

Es muss uns in diesem Landtag aber auch eines klar sein: Sachsen-Anhalt entscheidet nicht allein über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dessen Zukunft. Alle anderen Bundesländer sind daran ebenso beteiligt. 

Wir können natürlich darüber diskutieren, ob der Rundfunkbeitrag ohne den Saarländischen Rundfunk oder Radio Bremen geringer wäre. Aber bei der Diskussion müssen wir, ob wir wollen oder nicht, auch den saarländischen Landtag und die Bremer Bürgerschaft fragen. 

Und noch etwas, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss uns klar sein. Je mehr Leistungen wir vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk fordern, desto mehr wird es auch kosten. Wir müssen uns alle die Frage stellen: Sind wir dazu bereit, das Angebot im Gegenzug zu reduzieren? 

Ich will einmal ein Beispiel nennen. „Sport im Osten“ ist eines der beliebtesten Angebote des Mitteldeutschen Rundfunks. Eine einzige Sendung kostet 85 000 €. Wären die Bürgerinnen und Bürger, wären wir in diesem Landtag ernsthaft dazu bereit, eine solche Sendung auf den Prüfstand zu stellen? 

(Guido Kosmehl, FDP: Die GRÜNEN ja!)

Darüber, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir ernsthaft diskutieren. Themen wie die Höhe der Intendantengehälter sind wichtig, aber sie sind tatsächlich Nebenschauplätze. Wir als SPD sind klar für eine Begrenzung dieser Gehälter. Aber davon - auch das muss klar sein - werden die Gesamtkosten in den Anstalten sich nicht wesentlich verändern. 

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will in diesem Zusammenhang an den MDR-Staatsvertrag erinnern, den wir vor wenigen Jahren hier im Plenum beschlossen haben. Bei dem, wo wir zu dritt -  Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen - Regelungsbedarf haben, hatten und es auch entscheiden konnten, haben wir bestimmte Dinge auch nicht hinbekommen. Und warum nicht? - Weil es Einzelinteressen gibt. Wir haben natürlich nicht die Standorte von Funkhäusern infrage gestellt. Wir in Sachsen-Anhalt sind nicht auf die Idee gekommen zu überlegen: Braucht es zwei Funkhäuser oder reicht eines? - Das haben wir uns nicht getraut.

Wir haben nicht die Entscheidung getroffen, die Intendantengehälter - es gibt zwar die Protokollerklärung, Minister Robra hat darauf hingewiesen - im Staatsvertrag zu deckeln. Das lag wiederum nicht am Landtag von Sachsen-Anhalt, sondern an der sächsischen CDU, die das nicht wollte. Das haben wir so oft in diesem Raum erzählt. Insofern ist die Frage berechtigt. 

Wir können mit unseren Vorschlägen in die Verhandlungen gehen. Aber ob das dann auch die Vorschläge der sächsischen CDU, der Brandenburger GRÜNEN, der nordrhein-westfälischen Sozialdemokraten sind oder der Freien Demokraten in einem Bundesland, das wissen wir nicht. Dabei sind andere Interessen, die abgewogen werden und die in dem Zusammenhang auch miteinander ausgehandelt werden müssen. 

Ich will deutlich machen, dass wir daher auch nichts von der Forderung halten, jetzt ein Moratorium für die Höhe des Rundfunkbeitrags einzurichten. 

(Zustimmung von Dorothea Frederking, GRÜNE)

Das schiebt die Probleme auf und lenkt von der eigentlichen Frage ab, welches Angebot, in welchem Umfang wir vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk wollen. Diese Frage müssen wir gemeinsam mit den anderen Bundesländern klären. Dann erübrigt sich auch die Frage, welche Höhe des Rundfunkbeitrages angemessen ist oder nicht. 

Der Zukunftsrat hat erste Antwortvorschläge geliefert, in der Enquete Kommission arbeiten wir an weiteren. Wenn sich die Landesregierung bei den Verhandlungen für den neuen Staatsvertrag daran orientiert - daran habe ich keinen Zweifel  , dann sind wir auf gutem Wege. Dann sind wir auf gutem Wege für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger erfüllt, der die Qualitätsansprüche an guten Journalismus lebt und der die Stabilität unserer Demokratie im Auge behält. - Herzlichen Dank.