Sebastian Striegel (GRÜNE):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier vorn am Rednerpult liegt noch ein Stift herum - der findet vielleicht noch seinen Besitzer  , aber eigentlich habe ich nach dem Redebeitrag des Abg. Büttner vermutet, hier vorn auch noch eine Opferrolle vorzufinden. Die hat er aber vermutlich bereits mitgenommen, um sie beim nächsten Redebeitrag wieder zu verwenden. 

Meine Damen und Herren! Wir ertragen es im Landtag und die Menschen dort draußen spüren es täglich auf den Straßen: Sachsen-Anhalt hat ein Rassismusproblem. Der Sachsen-Anhalt-Monitor und die regelmäßig fortgeschriebenen Studien über rechtsextreme Einstellungen, auch in den ostdeutschen Bundesländern, zeigen, wie weit mittlerweile geschlossene rechtsextreme Überzeugungen und Ansichten, auch in Sachsen-Anhalt, verbreitet sind. Die Statistik über die politisch motivierte Kriminalität, die von der Innenministerin unlängst vorgestellt worden ist, zeigt in jedem Jahr neu auf, dass es nicht nur bei diesen Einstellungen bleibt, sondern dass Gewaltdelikte mit rassistischen Motiven in Sachsen-Anhalt an der Tagesordnung sind. 

Zeitungsberichte und Polizeimeldungen zeigen, dass es zur traurigen Lebensrealität von PoC, Queers oder Menschen, die sich Naziparolen auf offener Straße entgegenstellen, gehört, beleidigt, verfolgt oder krankenhausreif geschlagen zu werden. Jeder Fall ist ein Fall zu viel. 

233 rechte Gewaltdelikte gab es nach Angaben der mobilen Beratung für Opfer rechter Gewalt in Sachsen-Anhalt im Jahr 2023. 168 davon erfolgten aus rassistischer Motivation. Fast jeden zweiten Tag gab es einen rassistischen Angriff - das ist beschämend. Diese Fälle passieren nicht im politisch luftleeren Raum. Rassistische Gewalt ist kein Produkt von Einzeltätern. In Sachsen-Anhalt gibt es eine breite Struktur an Rechtsextremen und Nazis, die auch untereinander vernetzt sind. Dazu gehören bekannte Strukturen wie der Verein Ein Prozent, das Institut für Staatspolitik sowie die Identitäre Bewegung. Und ja, die AfD und die Junge Alternative sind stark mit diesen Akteuren vernetzt. Das ist mit ein Grund dafür, weshalb die Landesverfassungsschutzbehörde die AfD und die JA in Sachsen-Anhalt für gesicherte rechtsextremistische Bestrebungen hält und sie diese dementsprechend auch als diese eingestuft hat. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der Linken)

Ende März dieses Jahres wurde nun bekannt, dass die unteren Waffenbehörden angehalten wurden, bei allen AfD- und JA-Mitgliedern Zuverlässigkeitsprüfungen zur Waffenerlaubnis durchzuführen - ein wichtiger Schritt, für den das Innenministerium grundsätzlich unsere Zustimmung erhält, wobei ich einschränkend sagen muss, dass mir die Einzelheiten der Anweisung nicht bekannt sind. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b des Waffengesetzes lässt sich dieser Schritt auch ganz offensichtlich begründen. Kollege Kosmehl hat dazu bereits vorgetragen. Demnach ist eine Person in der Regel unzuverlässig, wenn sie Mitglied einer Vereinigung ist, die Bestrebungen verfolgt, welche gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind. Bei der AfD ist das derzeit zweifelsohne der Fall. 

Diese Regelvermutung gibt den Waffenbehörden das notwendige Mittel an die Hand, auch gegen solche Rechtsextremisten mit Waffenverboten vorzugehen, bei denen nicht bereits schon aufgrund des Individualverhaltens von einer zukünftig missbräuchlichen Verwendung ausgegangen werden muss. Nach dieser Vorschrift braucht es keine weitere umfassende Überprüfung durch die Waffenbehörden mehr. Von der Regel abweichende Einstufungen sind immer dann noch zulässig, wenn sich die Person erkennbar und überzeugend von den verfassungsfeindlichen Positionen der Partei distanziert hat. Davon ist aber zumeist nicht auszugehen - ich höre, dass die Leute bei der AfD eher aus Überzeugung Nazis sein wollen  , schon gar nicht bei Mandatsträgern oder Kandidaten der AfD. 

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Der AfD wird in diesem Fall das bestehende Parteienprivileg nicht weiterhelfen. Der Wettstreit um die politische Willensbildung zwischen den Parteien ist begrenzt auf den friedlichen Diskurs und auf den Austausch von Argumenten. Die Gewaltfreiheit ist diesem Diskurs immanent. Das Recht, eine Waffe zu besitzen, wird daher eben nicht durch das Parteienprivileg geschützt und ein Waffenverbot dadurch nicht behindert. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der Linken)

Diese Maßnahme ist auch keine Schikane eines politischen Kontrahenten, sondern der Schutz von Leib und Leben von Menschen, die Sie versuchen zu entrechtlichen. 

In Sachsen-Anhalt gab es zum Ende des Halbjahres 2023  123 Rechtsextremisten mit waffenrechtlichen Erlaubnissen, die dem Verfassungsschutz bekannt waren. Das war also noch vor der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch. Auch bei der Entwaffnung dieser Personen müssen wir vorankommen. An dieser Stelle bedarf es eines weiteren verstärkten Engagements der unteren Waffenbehörden. 

Wir dürfen nicht vergessen: Die Zahl der illegalen Waffen bei Rechtsextremisten ist naturgemäß nicht bekannt. Regelmäßig werden bei Razzien dort und auch bei Reichsbürgern und Co. umfangreiche Waffenarsenale gefunden. Deshalb muss neben die Forderung nach Wegnahme aller Legalwaffen aus den Händen von Verfassungsfeinden auch die Forderung treten, konsequent gegen illegalen Waffenbesitz vorzugehen. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Henriette Quade, Die Linke)

Nazis entwaffnen - das war schon immer richtig und das bleibt unsere Forderung. Wir wollen Recht statt Rechtsextremismus. - Herzlichen Dank. 

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der Linken)