Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Tatsächlich - Herr Präsident, vielen Dank - habe ich das Bedürfnis, noch ein Schlusswort zu sprechen. Denn mich erschreckt in dieser Debatte, die in Teilen zu erwarten war     Ich freue mich sehr, dass die FDP-Fraktion jetzt auf der Bühne bei dem geblieben ist, was sie schon auf Social-Media-Kanälen verkündet hat. Dass die CDU-Fraktion den großen Kulturkampf und den Untergang des Abendlandes herbeireden würde, war auch zu erwarten. 

(Zuruf von Guido Heuer, CDU)

Bei der SPD-Fraktion bin ich mir nicht ganz so sicher, ob das jetzt alles mit fliegenden Fahnen kommt. Aber es scheint auf Ampellinie zu sein. 

Mich hat aber wirklich erschreckt, dass sehr, sehr viele Rednerinnen und Redner in dieser Debatte 

(Christian Hecht, AfD: Redende! - Zustimmung und Lachen bei der AfD)

die allgemein akzeptierte Droge Alkohol derartig verharmlosen. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das erschreckt mich wirklich sehr.

Wenn wir uns die Unfallstatistik und die Ursache für die wirklich gefährlichen Unfälle in diesem Land anschauen, wenn wir uns die Psychiatrien in diesem Land und die Verursacher von Psychosen anschauen, wenn wir uns die Krankenhäuser anschauen und sehen, welche körperlichen Schäden Alkohol verursacht, wenn wir uns anschauen, worin die Hauptursache für häusliche Gewalt besteht, wenn wir uns anschauen, welche Abhängigkeiten Föten im Mutterleib in Teilen erleiden müssen, wenn wir uns anschauen, was jugendliche Alkoholabhängige erleiden müssen, dann empfinde ich das Verharmlosen wirklich als fahrlässig.

Ich muss ehrlich sagen, ich bin wirklich sehr enttäuscht, dass Frau Ministerin diese Debatte in dieser Art und Weise eingeleitet hat und wir hier mit derart zweierlei Maß messen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP)

Ich finde es auch befremdlich, dass Sie die Entfremdung der Bevölkerung von der Ampelregierung und damit von der Politik hier herbeireden und meinen, das würde jetzt am Cannabisgesetz liegen.

(Oliver Kirchner, AfD: Das liegt an allem!)

Ich glaube vielmehr, dass es daran liegt, dass Sie als CDU ein solch marginales Thema derart hochziehen, dass Sie hier diesen Kulturkampf pflegen, dass Sie längliche Debatten anzetteln und dass Sie fachfremde Einlassungen - ich will nur daran erinnern, wie viele Drogentote es durch Cannabis gibt - derart zelebrieren und dass Sie nur auf diesem Thema herumreiten, damit Sie das über den Wahlkampf in die ostdeutschen Bundesländer ziehen können. Das, finde ich, ist wirklich befremdlich. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Einen Satz noch zur rückwirkenden Amnestie. Ich will nur an den § 175 StGB, den damals sogenannten Schwulenparagrafen, erinnern. Dieser ist im Jahr 1994 unter dem CDU-Kanzler Kohl abgeschafft worden. Im Jahr 2017 gab es eine rückwirkende Rehabilitierung aller Betroffenen unter einer CDU-Kanzlerin Merkel. 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Frau Lüddemann, jetzt sind die drei Minuten Redezeit deutlich vorbei. Damit ist Ihr Redebeitrag beendet. 

(Zuruf von Ministerin Eva Feußner)


Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Ja, das ist etwas ganz anderes, alles klar. 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Sie haben noch die Chance, auf Interventionen zu reagieren. Wir sind in einer Dreiminutendebatte. Ich lasse pro Fraktion maximal eine Intervention zu. Für die CDU-Fraktion war zuerst Frau Dr. Schneider am Mikrofon. - Bitte sehr. Sie haben eine Minute Redezeit. Bitte denken Sie daran. 


Dr. Anja Schneider (CDU):

Ich gebe mein Allerbestes. Ich halte Ihnen und auch allen anderen, die das befürworten, zugute, dass es Ihnen wirklich darum geht, gerade betroffene Jugendliche, die um Beratung und um Therapie ringen, zu entkriminalisieren; denn das ist ein Aspekt, der mich durchaus auch überzeugt. Aber ich kann doch nicht eine Droge gutheißen und legalisieren, indem ich sie mit anderen bestehenden Drogen vergleiche 


Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Ach!


Dr. Anja Schneider (CDU):

  nein, das geht nicht  , und indem ich sage, es gibt auch Alkohol oder es gibt auch, sagen wir einmal, Leute, die zu viel essen - das ist übrigens die Hauptursache von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und deren Todesfolge in Deutschland und nicht der Alkohol. 

(Zuruf von Ministerin Eva Feußner)

Also, das ist ein Vergleich, der einfach an den Haaren herbeigezogen ist und zu dem ich sage: Das geht wirklich nicht. 

Vielleicht noch ganz kurz - ich halte mich an die eine Minute Redezeit  : Ich habe mit meiner konservativen Fraktion manchmal auch so meine Mühe, 

(Zuruf von der CDU: Was? - Unruhe)

aber in diesem Fall bin ich wirklich einmal froh darüber, konservativ sein zu dürfen. 

(Lachen bei der CDU - Guido Heuer, CDU: Konservativ heißt an der Spitze des Fortschritts zu stehen! - Unruhe)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Nach der Erkenntnis innerhalb der CDU-Fraktion kehrt jetzt wieder Ruhe ein. Frau Lüddemann hat die Chance, darauf zu reagieren. - Bitte sehr. 


Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Da Sie, Frau Kollegin Schneider, Ihren Redebeitrag so freundlich eingeleitet haben, will ich auch sehr freundlich antworten. Tatsächlich geht es mir um die Gleichbehandlung aller Drogen. 

(Ministerin Eva Feußner: Ecstasy? - Stefan Ruland, CDU: LSD? - Weiterer Zuruf: Aller Drogen?)

- Aller Drogen, die unter das Stichwort der sogenannten weichen Drogen fallen. - Ich bin seit dem Jahr 2011 hier in diesem Landtag. Die Kolleginnen und Kollegen, die mit mir schon so lange hier sind, werden das bestätigen können. Ich habe mich immer dafür eingesetzt, dass alle diese sogenannten weichen Drogen in lizenzierten Fachgeschäften verkauft werden dürfen - also, auch Alkohol. 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Es gibt jetzt eine Intervention von Herrn Lieschke. - Herr Lieschke, Sie hätten das Wort, wenn Sie wollen. Bitte.


Matthias Lieschke (AfD):

Vielen Dank. - Die Hälfte Ihrer Redezeit haben Sie damit zugebracht zu erklären, wie schlecht Alkohol ist. Ich glaube, an dieser Stelle stimme ich Ihnen sogar zu. Wenn man zu viel Alkohol genießt, dann ist das definitiv ungünstig und nicht förderlich für die Gesundheit. Aber dann packen Sie Ihre weichen Drogen dazu und werden das Problem mit den schädlichen Stoffen noch verschlimmern. 

Ich persönlich glaube, Sie wollen auf der Bundesebene Marihuana einführen, damit sich jeder zudröhnt und nicht mitbekommt, dass Ihre Politik auf der Bundesebene katastrophal ist, und damit wir das alle aushalten. 

(Guido Kosmehl, FDP: Mein Gott! - Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE: Der Witz war bei Herrn Tillschneider schon schlecht!)

Ich glaube, das ist der Hauptgrund. Am besten raucht jeder eine und dann versuchen wir, es zu ertragen. 

Ich glaube, der Weg, den Sie gehen, ist völlig falsch. Sie wollen Dinge legalisieren, die nicht legalisiert gehören. Sie werden kein bisschen entkriminalisieren. 16-, 17-jährige Jugendliche werden trotzdem Drogen nehmen, weil sie es bei ihren18-jährigen Kumpels sehen. Sie werden genauso Drogen nehmen. Dafür sorgen Sie. Wir werden später sehen, welche Folgen das haben wird. Dann sollten Sie sich einmal an Ihre eigene Nase fassen; denn dann werden Sie feststellen, was Sie dort angestellt haben. 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Sie könnten darauf reagieren, wenn Sie wollen. 


Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Ich würde gern den folgenden Satz sagen, Herr Präsident, nämlich dass ich tatsächlich in meinem zweiten Redebeitrag im Wesentlichen über Alkohol geredet habe, weil ich deutlich machen wollte, dass Alkohol eine seit Jahrhunderten eingeführte Droge ist, eine legale Droge, die genauso behandelt werden muss wie die weiche Droge Cannabis - nicht mehr, aber auch nicht weniger. 

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Wir sind am Ende der Debatte angelangt. Ich sage es noch einmal: Es war eine Dreiminutendebatte, und ich habe laut und deutlich gesagt, pro Fraktion eine Wortmeldung dazu. Es gab eine aus der CDU-Fraktion und eine aus der AfD-Fraktion. Diese haben wir abgearbeitet. 

Ich will kurz daran erinnern, dass wir inzwischen mehr als eine Stunde Zeitverzug haben. Damit beende ich den Tagesordnungspunkt 28.