Konstantin Pott (FDP):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Aufklärung ist ein wichtiges Thema, auch im geschlechtlichen Kontext, 

(Zuruf von der AfD: Genau!)

sei es durch die Eltern oder im Bereich der Bildung. Gerade in den Schulen ist Aufklärung schon länger präsent, was auch aus unserer Sicht durchaus sinnvoll ist. Sie sprechen hier aber von Frühsexualisierung. Darauf möchte ich erst einmal kurz eingehen. 

Denn was ist mit dem Begriff überhaupt gemeint? Wenn man im Netz eine Definition sucht, findet man recht schnell folgende Aussage: Frühsexualisierung wird heute als politisches Schlagwort zur Kritik an frühkindlicher Sexualaufklärung verwendet. Das zeigt recht klar, dieser Begriff ist in erster Linie ein Framing, der ein bestimmtes Bild zeichnen möchte. Das ist aus meiner Sicht aber unpassend. Denn darüber zu sprechen, wie Aufklärungsarbeit besser gemacht werden kann, ist durchaus sinnvoll. Offensichtlich geht es in dieser Debatte aber gar nicht darum. Für mich stellt sich immer wieder die Frage: Möchte die AfD überhaupt Sexualaufklärung insgesamt? Wenn nein, dann wäre es ehrlich, das entsprechend zu benennen. 

(Oliver Kirchner, AfD: In der Schule schon, aber nicht im Kindergarten! - Felix Zietmann, AfD: Nicht durch GRÜNE!)

Wenn ja, stellt sich mir die Frage: Durch wen und wie wünscht sich die AfD denn Aufklärung? Wir wissen doch alle, welche Inhalte für junge Menschen digital ohne Probleme sofort abrufbar sind. Wollen Sie, dass diese Inhalte genutzt werden? Sollen sich junge Menschen dort, z. B. in den sozialen Medien, informieren? Sollen am Ende Influencer auf Instagram und Tiktok die Aufklärung betreiben? Aus meiner Sicht sollte die Antwort darauf ein klares Nein sein. Denn gerade bei diesem Thema sollten es doch pädagogische Fachkräfte sein, die die Informationen passend weitergeben können. Mir ist das zumindest deutlich lieber. Das stellt auch sicher, dass eine vernünftige Aufklärung stattfindet. 

(Beifall bei der FDP)

Also: Sexuelle Aufklärung - und darum sollte es uns gehen - soll Kinder und Jugendliche nicht bei ihrer Sexualität erziehen. Ziel soll es sein, über Verhütung, Krankheiten, Missbrauch und Übergriffe, Vielfalt und Selbstbestimmung aufzuklären. Gerade deshalb ist eine umfangreiche Aufklärung auch wichtig. Der Begriff der Frühsexualisierung ist aber ein reines Framing und gehört nicht in die Debatte - zumindest, wenn man sie ernsthaft führen möchte. Die Gesellschaft wandelt sich und damit auch der Umgang mit diesem Thema. Das ist ganz normal und das ist auch nichts, was wir politisch entscheiden können oder sollten. Viel entscheidender ist es, damit umzugehen. Da es in dem vorgelegten Antrag aber keine ernsthaften Vorschläge gibt, über die man hier so wirklich diskutieren könnte, werden wir ihn ablehnen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. 

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der LINKEN)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Pott, es gibt eine Intervention von Herrn Dr. Tillschneider. 


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Sie haben gefragt, ob nichtpädagogische Fachkräfte Sexualaufklärung leisten sollen. 


Konstantin Pott (FDP):

Nein.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Doch, doch, natürlich. Wir wollen natürlich auch Sexualaufklärung. Aber die fällt nicht in die Zuständigkeit von Gordon Köhler, der für die Kindergärten zuständig ist, sondern die fällt in die Zuständigkeit des Bildungspolitikers und soll mit Einsetzen der Pubertät in der Schule stattfinden, wie das schon seit Jahrzehnten der Fall war

(Oliver Kirchner, AfD: So ist es!)

und wie es gut und richtig ist - nicht früher. Das ist der eine Punkt. Wir wollen keine Frühsexualisierung. 

Dann wollen wir aber auch keine Sexualisierung, die in völliger Beliebigkeit kein Modell vorgibt. An dieser Stelle muss ganz klar sein, dass auch eine schulische Sexualaufklärung eine Norm vorgibt. Diese Norm ist die Ehe aus Mann und Frau, aus der Kinder hervorgehen. 

(Zuruf von der AfD: Genau!)

Diese Institution hat seit Jahrhunderten und bis Ende der 1990er Jahre völlig selbstverständlich unser Volk und unsere Kultur getragen. Wenn wir die Axt an diese Wurzel legen, dann bricht alles zusammen. 

(Beifall bei der AfD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Pott, wollen Sie reagieren? 


Konstantin Pott (FDP):

Ich möchte auf das Zweite erst einmal kurz eingehen. Sie stellen sich immer wieder als freiheitliche Kraft hin, wollen dann aber Menschen in bestimmte Normen hineinzwängen und wollen staatlich vorgeben, was bestimmte Menschen zu tun und zu lassen haben. 

(Beifall bei der FDP, bei der LINKEN, bei der SPD, bei den GRÜNEN - Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Blödsinn!)

Das hat nichts mit Freiheit und das hat nichts mit Liberalität zu tun - erster Punkt. 

Der zweite Punkt, auf den ich eingehen möchte, weil Sie gesagt haben, das gehört nicht in die Kindergärten, sondern gehört in die Schulen, ist: Wenn man Ihren Antrag liest, dann geht es Ihnen grundlegend um alles, was irgendwie mit Frühsexualisierung, wie Sie es nennen, also Aufklärung, zu tun hat. 

(Oliver Kirchner, AfD: Einrichtungen der Kindertagepflege!)

Sie haben nicht „in Kindergärten“ geschrieben. Also lesen Sie doch bitte erst einmal Ihre Anträge, bevor Sie hier solche Sachen in den Raum stellen. 

(Oliver Kirchner, AfD: Sie müssen den Antrag einmal lesen! Sie müssen Ihn sinnerfassend lesen! - Unruhe)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Tillschneider, ganz kurz.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Ganz kurz. - Sie tun immer so, als würden wir den Leuten, wenn wir die normale Familie hier postulieren, irgendein abstruses Modell aufoktroyieren wollen. Nein, das ist die Tradition. 

(Eva von Angern, DIE LINKE: Und die Tradition ist, Homosexuelle niederzuschlagen? - Zurufe von Kristin Heiß, DIE LINKE und von Nicole Anger, DIE LINKE)

Das ist das, was vorhanden ist. Das ist das, was tradiert ist. Das ist das, was seit Jahrhunderten bewährt ist. Sie wollen das zerstören. Wir wollen eine Tradition festhalten und den Leuten überhaupt nichts überschöpfen. 

(Zustimmung bei der AfD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Dr. Tillschneider, das war jetzt nicht ganz kurz. Der Punkt ist, glaube ich, klargeworden. - Herr Pott.


Konstantin Pott (FDP):

Noch einmal: Es geht nicht darum, ein bestimmtes Bild vorzugeben. 

(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Doch!)

- Nein. - Es geht uns darum, dass die Menschen sich selbst entwickeln können, 

(Beifall bei der FDP, bei der LINKEN, bei der SPD, und bei den GRÜNEN)

dass die Menschen sich selbst entfalten können und dass sie selbst entscheiden können, wie sie ihr Leben führen möchten. An dieser Stelle zitiere ich den Kollegen Bernstein: Jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden. Sie wollen den Leuten das vorschreiben. Das wollen wir nicht. 

(Beifall bei der FDP, bei der LINKEN, bei der SPD, und bei den GRÜNEN)